Anwohner der Böge bemängeln, dass das Wohngebiet Schwesterngarten einzig durch ihre Sackgasse zu erreichen sein soll. Grüne, FDP und das Forum 21 fühlen sich nicht ausreichend informiert.
Reinbek. Am Schwesterngarten in Reinbek bahnt sich ein Konflikt an, der Verwaltung, Politik und Bürger in nächster Zeit intensiv beschäftigen könnte. Dabei schien die Sache mit dem Bauprojekt bereits weitgehend geklärt. Am 3. Dezember hatte der Bau- und Planungsausschuss der Stadt beschlossen, wie das Plangebiet östlich des Krankenhauses St.-Adolf-Stift erschlossen werden soll. Ein erster Architektenentwurf sieht 60 Wohneinheiten in sechs Gebäuden auf der 1,5 Hektar großen Fläche vor. Die Anbindung ans Straßennetz soll über eine Verlängerung der Sackgasse Böge, an der auch der Rowohlt Verlag zu Hause ist, erfolgen.
Gegen diese Pläne gibt es jetzt doppelten Widerstand. Zum einen im Bauausschuss selbst. Die Vertreter der Grünen, der FDP und des Forums 21, die vier von elf Mitgliedern stellen, fühlen sich unzureichend informiert. Weil sie nichts von Stellungnahmen aus der frühzeitigen Beteiligungsphase gewusst hätten, in denen Naturschützer und Verkehrsplaner Bedenken geäußert hatten, wollten sie den Beschluss des Ausschusses in dieser Woche überprüfen und gegebenenfalls neu fassen lassen. Das wurde von der Mehrheit aus CDU und SPD abgelehnt.
Das möchten die kleineren Parteien so nicht akzeptieren und haben deshalb den Antrag gestellt, dass sich die Stadtverordnetenversammlung in ihrer nächsten Versammlung am 27. Februar ausreichend informiert mit dem Schwesterngarten beschäftigt – in der Hoffnung, dass der Beschluss des Ausschusses aufgehoben wird und das Projekt noch einmal neu beraten werden muss.
Heinrich Dierking vom Forum 21, Vorsitzender des Bau- und Planungsausschusses, ist einer der Initiatoren dieses Antrags. Er sagt: „Mir war vor der fraglichen Sitzung nicht bekannt, dass die Untere Naturschutzbehörde beim Bauprojekt Schwesterngarten schwer wiegende Eingriffe in Naturhaushalt und Ortsbild erwartet und vorschlug, das Bauprojekt auf den nördlichen Teil der Hamburger Straße zu beschränken.“ Auch sei die Problematik eines größeren Umbaus an der Hamburger Straße an der Einfahrt zur Böge weder verkehrspolitisch noch stadtplanerisch besprochen worden. Dierking: „Auch die Kostenfrage dieser Maßnahme ist nicht geklärt.“
Heftiger Gegenwind für das Schwesterngarten-Bauprojekt in der bislang geplanten Fassung kommt auch von den Anwohnern der Böge. „Der jetzige Vorentwurf des Bebauungsplanverfahrens mit nur einer Variante in der Zielformulierung ist eine Weichenstellung, die korrigiert werden sollte. Der alternative Entwurf mit einer nach unserer Meinung vernünftigeren Verkehrsführung spielt dagegen keine Rolle mehr. Das sollte geändert werden“, sagt Till Krüger, 77, einer der Sprecher der etwa 250 Anwohner, die sich in der Interessengemeinschaft Böge zusammengeschlossen haben. Krügers Wort hat Gewicht: Er war Abteilungsleiter in der Hamburger Stadtentwicklungsbehörde.
Er beklagt einige Ungereimtheiten in der favorisierten Verkehrsführung. „Die Böge ist eine schmale Straße und zudem eine Sackgasse. Die Kehre zum Wenden wäre nicht am Ende der geplanten Straße, sodass Rettungs- und Versorgungsfahrzeuge nicht alle neuen Häuser direkt erreichen könnten. Außerdem hat die Böge eine unsichere Einmündung mit schlechten Sichtverhältnissen in die viel befahrene Hamburger Straße. Dort wären erhebliche Umbauten mit Linksabbiegerspuren nötig, um den Verkehr auf der Hauptstraße in Fluss zu halten.“
Die Interessengemeinschaft schlägt deshalb vor, einen von der Mehrheit im Bauausschuss „ohne Diskussion“ verworfenen Alternativentwurf zur Straßenführung wieder aufzunehmen: Eine neu zu schaffende verkehrsberuhigte Straße, die direkt von der Hamburger Straße in den Schwesterngarten hineinführt und mit einem Durchstich zur Böge einen Ring schafft, der Verkehrsentlastung und Versorgungssicherheit schafft.
Jetzt hoffen die Anwohner auf die Einsicht von Politik und Verwaltung. Dass ihre Argumente bisher kaum Gehör fanden, versteht Krüger nicht: „In Hamburg war es Prinzip, auf die Fragen von Bürgern einzugehen, um sie möglichst bei Entscheidungen mitzunehmen.“ Er begreife nicht, warum man die Einwände übergehe. „Wir befürworten den Wohnungsbau. Der Schwesterngarten ist ein sehr schönes Areal, das genutzt werden sollte. Aber dabei kommt es auf Qualität an. Jeder Abgeordnete sollte sich bewusst sein, dass es hier um eine wichtige Fläche geht.“