Am ersten Weihnachtstag ist die 50. Folge der NDR-Serie „Neues aus Büttenwarder“ zu sehen, die in Stormarn spielt. Anlass genug, in Grönwohld auf Spurensuche zu gehen.
Grönwohld. Am ersten Weihnachtstag, 25. Dezember, zeigt der Norddeutsche Rundfunk (NDR) die 50. Folge der Serie „Neues aus Büttenwarder“. 275 Drehtage und 1400 Sendeminuten hat es bislang gegeben, viele davon zeigen Grönwohld. Grund genug, sich dort einmal umzuschauen.
Büttenwarder könnte überall sein, schreibt der NDR. Ein bisschen gilt das auch für Grönwohld. 1.376 Menschen leben hier, es gibt Dorfstraße, Poststraße, Bahnhofstraße. Wer die Straßen entlang fährt, kommt an Bauernhöfen vorbei, an Einfamilienhäusern und an dem Kaufhaus von Bernd Evers. Wenn jemand sagen kann, was Grönwohld besonders macht, dann er. Immerhin lebt er schon seit 1961 dort, sein ganzes Leben lang. Und er ist jemand, der weiß, dass der nächste Kunde Bernd heißt und dass der übernächste die Seltersflaschen mit dem roten Deckel kaufen will, die noch nicht geliefert wurden. Evers sitzt kurz vor Weihnachten hinter seiner Kasse, er trägt eine zu seinem roten Pullover passende Weihnachtsmannschürze – keine von den albernen. Und er mag Grönwohld, einmal im Monat fahre er in die Stadt, aber woanders wohnen wolle er nicht. „Grönwohld ist ein Ort, der lebt. Wir haben eine Schule und viele Betriebe“, sagt er. „Und die Grönwohlder gehen sehr nett miteinander um. Wie in Büttenwarder sind die Menschen hier nicht. Wenn die Leute in Bayern das gucken, denken die, wir sind plemplem. Aber das soll wohl so sein.“
In der Jubiläumsfolge von Büttenwarder geht es darum, dass der Bürgermeister Waldemar Schönbiehl von seiner Frau Ingelore rausgeworfen wurde, dabei hätten sie demnächst goldene Hochzeit im Dorfkrug feiern wollen.
Grönwohld ist nicht Büttenwarder, deshalb heißt hier auch der Bürgermeister anders: Ralf Breisacher. Breisacher (CDU) ist seit 2008 im Amt und ebenfalls verheiratet, „aber vor der goldenen Hochzeit müsste die silberne kommen, bislang haben wir erst die Rosenhochzeit gefeiert“, sagt er. Zehn Jahre Ehe braucht es dafür. „Hin und wieder rufen mir gute Bekannte zum Scherz ‚Schönbiehl’ hinterher, aber von Fremden würde ich das nicht lustig finden“, sagt er. Einen echten Schönbiehl also gibt es nicht, wohl aber eine Schönbiehl-Twiete: die Auffahrt zu Breisachers Haus. „Das Schild habe ich geschenkt bekommen, der Darsteller hat sich sogar darunter fotografieren lassen.“ Und eine in Grönwohld gegründete Band nennt sich „Schönbiehls Nachbarn" – eines der Mitglieder wohne tatsächlich nebenan, sagt Breisacher. Auf die Frage, wie viel Büttenwarder denn sonst in Grönwohld steckt, sagt er: „Gar nichts.“ Man müsse ganz klar trennen zwischen der politischen und der Kunstgemeinde, zumal ja auch nicht alles in Grönwohld spiele, sondern vieles auch drum rum.
Dass ein Bürgermeister auf diese Genauigkeit besteht, ist verständlich. Immerhin lässt sich über die Kunstgemeinde in einem Steckbrief des NDR nachlesen. „Verkehr: kaum. Alkoholkonsum: überdurchschnittlich. Arbeitslosenquote: hoch“. Alles nichts, was jemand gern über seine Gemeinde lesen möchte.
„Bei uns ist das genaue Gegenteil der Fall, Alkohol trinken wir eher weniger, wir haben keine Zeit, ständig in Kneipen zu gehen“, sagt Ralf Breisacher. Um dieses zu verifizieren, scheint es sinnvoll, die Wirtin des Grönwohlder Gasthofs „Unter den Linden“, zu fragen, wie viele der 1.376 Einwohner denn regelmäßig kommen. „Wir haben zehn Stammgäste und unsere Sparclubs“, sagt Ruthild Oetjen. „Und es kommen viele Touristen.“ Kein Wunder, denn der Gasthof ist Drehort, in Büttenwarder heißt er Dorfkrug. Vor der Eingangstür hängen in einem Schaukasten die Öffnungszeiten und eine Büttenwarder-Postkarte. In dem Gastraum sitzen an diesem Tag fünf Männer am Tresen, auf dem auch Lütt un Lütt steht, Bier und Korn, ganz klassisch, wie in der Serie. Oder? „Nein. Von den Einheimischen trinkt das keiner, heute sind Touristen da“, sagt Oetjen. 1,20 Euro kostet das Bier, eben soviel der Korn, Rabatt für die, die beides bestellen, gibt es nicht.
In der Fernsehserie lässt sich der Wirt Shorty häufig überreden und schenkt Lütt un Lütt aus, obwohl sein Stammgast einen vollen Deckel, also Schulden, hat bei ihm.
In der Realität ist auch dies anders. Ruthild Oetjen: „In einer Folge sagt Shorty ja auch, dass er wegen der unbezahlten Deckel bald schließen muss. Das soll mir nicht passieren.“
Bei „Neues aus Büttenwarder“ gehören nicht nur Schauspieler zum Team, sondern auch Tiere, die Kuh Elfriede, Frau Meier, die Stute, Brakelmanns Ziege Ramona und Harald, Schönbiehls Hund. Zudem kümmert sich ein Tiertrainer um bis zu zehn Hühner am Set.
Der Bürgermeister in Grönwohld hat keinen Dackel. Die Hühner auf dem Hof der Oetjens sind nicht trainiert. Und die Enten dort werden zu Weihnachten geschlachtet. Aber eine Grönwohlder Berühmtheit gibt es, sie kann sogar einiges: das Pferd Dr. House 2, Dino genannt. Er hat kürzlich mit seiner aus Grönwohld stammenden Reiterin das Finale des norddeutschen Amateur-Cups gewonnen. Und am Ortseingang grasen ein paar Schafe. Auf die Frage, ob sie denn schon mal etwas von den Dreharbeiten mitbekommen haben, wollen sie nicht antworten. Mag sein, dass sie nichts zu Büttenwarder zu sagen hatten, vielleicht sprechen sie auch nicht mit jedem. Oder es geht ihnen wie den anderen Einwohnern Grönwohlds: Ein bisschen nervig sind die Fragen nach einem fiktiven Dorf dann doch.