Im Glücksatlas ist der Norden ganz oben. Der Kabarettist lebt glücklich in Ahrensburg. Seine Frau, eine Psychologin, kann das auch erklären. Ihre erstaunliche Erkenntnis: Es liegt am Wetter.
Ahrensburg. In Schleswig-Holstein sind die Menschen deutschlandweit am glücklichsten. Das geht aus dem aktuellen Glücksatlas hervor, den die Deutsche Post jetzt veröffentlicht hat. Der Ahrensburger Kabarettist Horst Schroth bestätigt, dass er glücklich ist. Und seine Ehefrau Elke Rottgardt, eine Psychologin, kann auch erklären, warum er glücklich ist. Sie natürlich auch.
Es geht also um Glück. Was ist das eigentlich? „Ein Zuhause zu haben. Einen Platz, an den man immer gern zurückkommt“, sagt Horst Schroth und ruckelt sich entspannt auf dem Sofa zurecht. Der Kabarettist wohnt seit 2007 im kleinen Ahrensburg. So richtig schön im Norden. „Ich bin jetzt 65 Jahre. Da kann ich nicht mehr so lange warten. Ich habe mich entschieden.“ Das klingt nach „alternativlos“.
Am wichtigsten sei ihm seine Frau. Aber auf die Nachbarn komme es ihm auch an. Und die seien voll in Ordnung. „Wir können hier in der Straße jedem unbedenklich die Schlüssel in die Hand drücken, wenn wir mal weg sind. Großartig“, sagt Schroth und fügt mit intensivem Blick hinzu: „Das kann man nicht bestellen. Das kann niemand kaufen.“
Eine wunderbare Sache. Ganz klar. Allerdings gibt es bestimmt auch in Freiburg nette Nachbarn. Und die Ehefrau an seiner Seite zu haben sollte eher der Normal- als der Glücksfall sein. Was also ist der Kick, der ausgerechnet die Nordlichter so glücklich aus dem Friesennerz schauen lässt? In dieser existenziellen Frage ist die bessere Hälfte von Horst Schroth schneller als der wortgewandte Kabarettist. Und die bekennende Norddeutsche verblüfft.. „Das Wetter“, haut Elke Rottgardt raus.
Auch Schroths Hunde mögen Wind und Wolken
Pause. „Ja. Das Wetter“, sagt sie noch einmal. „Das Grau des Himmels. Eine steife Brise.“ Und dazu dann die Landschaft. Die Weite. „Es kann ruhig platt sein. Dann kann man weit gucken. Besser als in den Bergen. Da fühle ich mich beengt.“ Eine liebliche Landschaft und milde Temperaturen seien für eine gewisse Zeit auch ganz hübsch. „Aber das raue Klima hier gibt ein so erhabenes Gefühl.“ Das gehe sogar den Hunden so. „Die sind bei Wind und jagenden Wolken außer Rand und Band.“
In diesem Moment lassen es die Hundedamen Polly und Karo aus dem Hause Schroth allerdings gut sein. Sie würdigen den Nieselregen keines Blickes. Norddeutsche Vierbeiner sind sturmerprobt, aber nicht dumm. Sie dösen auch gern und legen ihre Schnauze schön im Warmen auf den Schoß ihres Herren und Gebieters. „Ruhe ist etwas Kostbares. Vor dem Kamin zu sitzen, Musik zu hören. Handy aus. Zeit zu haben. Auch das ist Glück“, sagt der Kabarettist, der sich allerdings genauso gern durchpusten lässt und in der Wetterfrage absolut mit seiner Frau übereinstimmt. „Viele sagen, das Wetter sei bei uns so schlecht.“ Aber das stimme nicht. „Wer morgens ins Büro geht, aus dem Fenster guckt und erst wieder abends nach draußen sieht, merkt natürlich nichts. Der kriegt gar nicht mit, dass es tagsüber schön gewesen ist.“ Und schön, das seien eben auch stürmische Böen, tolle Wolkenbilder und ein besonders Licht.
Elke nickt ihrem Horst strahlend zu. Er hat sie verstanden. Dabei ist sie in Bad Oldesloe geboren, Stormarnerin durch und durch und bekennende Norddeutsche, während ihr Mann gar nicht von hier oben kommt. „Ich habe in Karlsruhe studiert und bin nur so etwas wie ein adoptierter Norddeutscher“, bekennt Horst Schroth unumwunden. „Aber ich habe im Norden tiefe Wurzeln geschlagen.“ Er ist auf seinen Tourneen viel rumgekommen, hat in fast jeden Winkel Deutschlands gesehen. „Hier im Norden ist es am schönsten“, sagt er.
Der Funke sprang über, als Horst Schroth beruflich nach Hamburg kam und seine Frau kennenlernte. Aus der Liebe zu ihr wurde auch die Liebe zu Norddeutschland. Könnte sie sich heute vorstellen, mit einem Münchner verheiratet sein? Sie lacht. Und er? Könnte er beispielsweise mit einer Stuttgarterin zusammenleben? Da gibt es kein Vertun. „Nein. Ich habe mal eine richtig schöne Schwäbin kennengelernt, aber als sie den Mund aufmachte, war es vorbei“, sagt er. Alles eine Frage der Perspektive. „Wir haben eine Zeit lang im Rheinland gelebt. Und immer, wenn ich jemanden mit norddeutschem Slang gehört habe, ging mir das Herz auf“, sagt sie. „Die Rheinländer sind auch nett, aber ganz schön redselig. Die Norddeutschen sind da sparsamer. Die Zurückhaltung ist was Feines“, sagt er. „Und wenn der Norddeutsche einen einlädt, dann meint er das auch“, sagt sie.
Seit 37 Jahren gehen beide gemeinsam durchs Leben
Die Einigkeit ist auffällig. Seit 37 Jahren gehen die beiden gemeinsam durchs Leben. Gesucht und gefunden. So wie das Haus in Ahrensburg, in das sie sich gemeinsam sofort verliebt haben. „Das war Glück. Zum Glück gehört eben auch ein bisschen Glück“, sagt Horst Schroth. „Das stimmt nicht ganz“, sagt seine Frau und wirft ihre Kompetenz als Psychologin in die Wagschale. Übereinstimmung ja, aber auch klare Linie. Die Aussage von ihrem Mann kann sie so nicht stehen lassen. „Wir haben uns das Haus ja vorher genau angeguckt und hatten ein gutes Gefühl. Sonst hätten wir es gar nicht genommen“, sagt Elke Rottgardt.
Und das gelte für jeden, der glücklich sein möchte: Die Dinge müssen sich gut anfühlen. „Sonst sollte man lieber die Finger davon lassen. Und ich habe gelernt, Nein zu sagen und kompromisslos zu sein. Ich tue nur die Dinge, die ich wirklich will.“ Das habe nichts mit Geld zu tun oder mit Privilegien. „Es ist eine Frage der Haltung.“ Horst Schroth kann das bestätigen: „Mein Vater war Arbeiter. Und ich sehe ihn als glücklichen Menschen vor mir.“
Noch etwas sei wichtig. Der Tipp der Psychologin: Lebe nicht das Leben der anderen. „Man muss erkennen und schätzen, was man hat, und und nicht immer das haben wollen, was man gerade nicht hat.“
Ein Glücksrezept für alle, gebe es ohnehin nicht. Jeder sei für sein Glück selbst verantwortlich. Egal, wo er lebe. Im Norden oder Süden. „Vor allem darf niemand dem anderen sein Glück aufpfropfen oder es von ihm erwarten“, sagt Elke Rottgardt. „Das ist wie mit dem Wetter und dem Blick aus dem Fenster. Offen sein für das, was kommt. Das hilft.“ Auch wenn es ein Schauer ist oder eine heftige Bö, die über die norddeutsche Landschaft fegten.