Im Sommer wurde das neue Alarmsystem gegen Diebstahl aufgebaut, ein Großteil der Bücher ist allerdings noch nicht umgerüstet worden. Grund dafür ist der Mangel an Geld für zusätzliches Personal.
Ahrensburg Die Stadtbücherei neben dem Ahrensburger Rathaus hat eine massive Sicherheitslücke. Die Magnetstreifen in Tausenden von Büchern sind seit dem Sommer völlig wirkungslos. Kaum eines der Werke würde – hinausgeschmuggelt in einer Tasche oder einem Rucksack – an der Tür Alarm auslösen. Grund: Das alte Sicherheitssystem, das auf die Magnetstreifen in den Büchern, CDs und DVDs abgestimmt ist, ist kaputt. Die neue Schranke reagiert auf einen GPS-Aufkleber. Doch der klebt bislang nur in einem Bruchteil der insgesamt rund 40.000 Bücher. Im Sommer 2014, so schätzt Büchereileiter Thomas Patzner, sind alle Leihbücher ausreichend gesichert. Er sagt: „Um die Umstellung zu beschleunigen, bräuchten wir mehr Personal.“
Rund 20.000 hat das neue Sicherheitssystem der Stadtbücherei gekostet
Doch das Geld für mehr helfende Hände fehlt laut Stadtverwaltung. Lediglich eine Halbzeitkraft konnte Patzner für die Umrüstung auf das sogenannte RFID-System (Identifizierung aufgrund elektromagnetischer Wellen) einstellen. 25 Stunden in der Woche klebt Doreen Meyer, 27, die Sticker mit dem Sender in die Kinderbücher, Romane und Sachbücher und registriert die Medien in der Datenbank der Bücherei. Sie wird, wenn die Zeit da ist, von den Angestellten der Bücherei unterstützt. Weniger als eine Minute braucht Meyer pro Buch. Doch damit ist es nicht getan. Zuvor müssen die Bücher aus den Regalen gesucht und mit einem Wägelchen an ihren Arbeitsplatz gefahren werden.
Patzner: „Wir nehmen uns derzeit alle Bücher vor, die zurückgegeben werden.“ Seit September werde „mit Hochdruck an der Sicherung der Bücher“ gearbeitet. Die DVDs und CDs seien bereits mit dem neuen System aufgerüstet worden. Patzner: „Sie sind bei Dieben viel beliebter als Bücher und wegen ihrer handlicheren Größe leichter zu stehlen. Sie hatten Vorrang.“ Das Risiko, dass Bücher gestohlen werden, sei gering. Die Verantwortlichen gehen es wissend ein. Der Sprecher der Stadtverwaltung, Andreas Zimmermann, sagt: „Die Alternative wäre gewesen, dass wir die Bücherei für mehr als einen Monat hätten schließen und zusätzliches Personal hätten anheuern müssen, um die Umstellung schneller zu meistern.“ So wie es die Bücherei in Bad Oldesloe bei der Umstellung getan habe. „Die konnten sich allerdings im Unterschied zu uns das zusätzliche Personal leisten und waren auf die Umstellung vorbereitet“, sagt Patzner.
Anders die Ahrensburger. Im Sommer stellten die Mitarbeiter fest, dass die alte Sicherheitsschranke nicht mehr mit einem Alarm reagierte. Patzner: „Statt die Schranke zu ersetzen, haben wir uns dann entschlossen, auf das moderne RFID-System umzusatteln.“ Aus mehreren Gründen, sagt der Bücherei-Chef: Die Strahlung bei dem Sicherheitssystem, bei dem ein Transponder in dem Aufkleber elektromagnetische Wellen abgibt, sei geringer als bei dem alten System. Zudem erkenne RFID nicht nur, wenn ein Medium aus dem Gebäude geschmuggelt wird, sondern beim Auslesen auch den Inhalt einer CD- oder DVD-Hülle, ohne dass die Bibliothekare die Verpackung öffnen müssen. „Das spart Zeit und schont die Gesundheit der Mitarbeiter.“ Aufgrund der Handbewegung beim Öffnen der Hüllen sei das Karpaltunnelsyndrom (schmerzhafte Reizung der Nerven im Handgelenk) mittlerweile zur Berufskrankheit geworden.
Das Guinnessbuch der Rekorde ist das meistgestohlene Buch der Welt
Knapp 20.000 Euro hat das System gekostet. Bis es bei allen Büchern funktioniert, wird es noch fast ein Jahr dauern. Rucksäcke und Taschen der Besucher wollen Patzner und sein Team in nächster Zeit allerdings nicht stärker kontrollieren. „Die Moral der Ahrensburger ist hoch“, sagt der Büchereileiter. Die meisten Leser seien zudem Stammkunden und auch deshalb vertrauenswürdig.
Naiv? Immerhin stehen in der Ahrensburger Bücherei Werke im Wert von rund 300.000 Euro in den Regalen. Heinz-Jürgen Lorenzen von der Büchereizentrale Schleswig-Holstein sagt Nein: „Es ist nicht unüblich, so zu verfahren. Es hat in der Vergangenheit auch selten zu Problemen geführt.“ Zudem spiele es eine Rolle, in welcher Umgebung die Bücherei liege. „Sozialer Brennpunkt oder wohlhabende Nachbarschaft, das macht einen Unterschied“, sagt Lorenzen. Anders beurteilt der Direktor das bei DVDs und CDs, die gern und oft geklaut würden.
Und bei einem speziellen Buch: Das Guinnessbuch der Rekorde sei das am häufigsten aus Regalen gestohlene Buch der Welt, sagt Patzner. Die beiden 2013er-Ausgaben in der Ahrensburger Stadtbücherei seien deswegen die ersten Bücher gewesen, denen die Aufkleber des neues Sicherheitssystems verpasst worden seien.