Experte errechnet, dass 2030 rund 240.500 Menschen in Stormarn leben. Das entspricht einem Plus von 5,2 Prozent. Einige Orte erwarten mehr als 15 Prozent Neubürger. Anteil Älterer steigt unterdessen.

Bad Oldesloe. Die Zahl der Deutschen schrumpft, die der schleswig-holsteinischen Bevölkerung ebenso. Nur Stormarn wächst und wächst gegen den Trend: Im Jahr 2030 werden zwischen Mönkhagen im Norden und Reinbek im Süden etwa 240.500 Menschen leben – 5,2 Prozent mehr als im Referenzmonat März 2011. Davon jedenfalls geht zurzeit der Berliner Verkehrsplaner Jens Rümenapp aus, der nun eine sogenannte kleinräumige Bevölkerungs- und Haushaltsprognose für den Kreis ausgearbeitet hat.

Das Gutachten liefert erstmals Schätzungen für jede noch so kleine Kommune. Und es macht deutlich: Aller Voraussicht nach wächst Stormarn nicht nur, sondern altert auch – zum Teil sogar ganz gewaltig. In ausnahmslos allen Orten wird der Expertise zufolge die Zahl der Senioren im Alter von 65 und mehr Jahren steigen, in einigen um gut 50 Prozent.

Am heutigen Mittwochabend stellt Rümenapp seine Prognose im Wirtschafts-, Planungs- und Bauausschuss des Kreises vor. Er wird anhand seiner Ergebnisse darlegen, dass die Politik in den Städten und Gemeinden vor großen Herausforderungen steht. „Es wird einen Bedarf an zusätzlichem, insbesondere auch an anderem Wohnraum geben“, sagt der Ingenieur. Er spricht von zehn Prozent mehr Haushalten im Jahr 2030. Das wäre ein im Vergleich zum Bevölkerungswachstum weit überproportionaler Anstieg. Rümenapp geht davon aus, dass die Zahl der Haushalte mit drei, vier und mehr Personen rückläufig sein wird, während die der Zwei- und insbesondere die der Ein-Personen-Haushalte deutlich steigen dürfte. Auch die öffentliche Infrastruktur werde an die sich ändernden Rahmenbedingungen angepasst werden müssen.

Bargteheide hat den größten Zuwachs an Älteren

Über einen Kamm scheren lässt sich Stormarn dabei nicht. Innerhalb der Kreisgrenzen wird sich das vorhergesagte Wachstum höchst unterschiedlich auf die 55 einzelnen Städte und Gemeinden verteilen. Es wird Gewinner geben, aber auch Verlierer. Den absolut stärksten Bevölkerungszuwachs sieht Jens Rümenapp in Bargteheide und rechnet mit einem Plus von 13,7 Prozent bis 2030. Bargteheide ist seiner Prognose zufolge gleichzeitig die Stormarner Stadt, in der die Zahl der über 65-Jährigen am stärksten steigt: um satte 54 Prozent.

Generell scheint zu gelten, dass die großstadtnahen Orte die meisten Neubürger abbekommen. Ahrensburg (plus 8,9 Prozent) zählt ebenso zu den großen Gewinnern wie Glinde, Trittau (beide plus 8,4) sowie Großhansdorf und Barsbüttel (plus 8,2). Auch die Dörfer Hamberge und Wesenberg ganz im Norden, die unmittelbar an Lübeck grenzen, stehen mit einem Plus von 17,4 beziehungsweise 12,6 Prozent sehr gut da. Zu den Verlierern zählen dagegen die Dörfer Rehhorst und Zarpen hoch im Norden mit minus 16,3 und minus 16,1 Prozent, aber auch Brunsbek mit einem Minus von 11,1 Prozent.

Stormarns überdurchschnittliches Wachstum führt Verkehrsplaner Rümenapp zum einen auf die enorme Wirtschaftskraft des Kreises mit einem vermutlich auch künftig hohen Bedarf an Arbeitnehmern zurück. So ließe sich erklären, warum einer Studie der Bertelsmann-Stiftung zufolge sowohl Nachbar Segeberg mit einer schwarzen Null als auch der Kreis Pinneberg mit 1,6 Prozent deutlich weniger Bevölkerungszuwachs erwarten dürfen. Ein anderer Grund dürfte die Sogwirkung der Metropole Hamburg sein. Die Bertelsmann-Stiftung geht von 7,2 Prozent mehr Einwohnern bis zum Jahr 2030 aus, keine Stadt im Norden wächst stärker. Jens Rümenapp sagt: „Die typischen Stormarner Neubürger dürften auch in Zukunft die sogenannten Suburbanisierer sein: Jüngere mit Kind, die nach Hamburg gezogen sind, dort einen Job gefunden haben und dann mehr Wohnraum brauchen, den sie in der Stadt nicht finden.“ Mit anderen Worten: Der typische Stormarner Neubürger ist einer, den die Landflucht zunächst in die Metropole getragen hat.

Rümenapps Gutachten, das zu 100 Prozent aus dem Programm für soziale Wohnraumförderung des schleswig-holsteinischen Innenministeriums bezahlt wird, soll nun an die Kommunen weitergegeben werden. Kreisbaudirektor Klaus Kucinski sagt: „Was die Bürgermeister jetzt mit den Zahlen machen, ist ihre Sache. Die Planungshoheit liegt bei den Kommunen.“ Für die Kreispolitik sind die Zahlen insofern nur von untergeordneter Bedeutung.

In den Städten und Gemeinden müssen sie auch mit Vorsicht genossen werden. Was der Verkehrsplaner vorhersagt, muss nicht zwangsläufig eintreten. Basis seiner Annahme sind die Bevölkerungsstatistik 2004 bis 2011 des Statistischen Amtes. Eingeflossen ist auch der Zensus 2011. Zudem haben laufende und geplante Wohnungsbauvorhaben Berücksichtigung gefunden. Nicht aber die Frage, ob sich vorhergesagte Bevölkerungszuwächse vor Ort umsetzen ließen beziehungsweise ob das überhaupt gewollt wäre.