Jürgen Hettwer wurde mit einer überraschend deutlichen Mehrheit zum neuen Verwaltungschef der Südstormarner Gemeinde gewählt. Sein erstes Interview gab er am Morgen nach der Wahl dem Abendblatt
Oststeinbek. Für Jürgen Hettwer ist es ein weiterer Schritt auf der Karriereleiter. Knapp drei Jahre, nachdem er das Oststeinbeker Rathaus verlassen hat, um die Leitung der Sieker Amtsverwaltung zu übernehmen, kehrt der 49-Jährige als neuer Bürgermeister in die 8600-Einwohner-Gemeinde im Süden Stormarns zurück. Bei der Wahl am Sonntag sprachen ihm 75,5 Prozent der Bürger das Vertrauen aus – ein überragendes Ergebnis. Der Diplom-Verwaltungswirt war bereits von 1996 bis 2010 in Oststeinbek tätig, unter anderem als Hauptamts- und Bauamtsleiter sowie interner Stellvertreter des Bürgermeisters in dessen Abwesenheit. Der Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn gab Hettwer am Morgen nach der Wahl das erste Interview.
Hamburger Abendblatt: Herr Hettwer, wie haben Sie in der Nacht nach dem Wahlsieg geschlafen?
Jürgen Hettwer: Tief und kurz. Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen, deshalb war ich sehr euphorisch. Ich bin erst um 2 Uhr ins Bett gekommen und am Montagmorgen schon um sieben auf dem Weg ins Büro gewesen.
Sind Sie erleichtert, dass der Wahlkampf endlich vorbei ist?
Hettwer: Es war natürlich sehr zeitintensiv. Ich habe es aber nicht als Stress empfunden, zum Beispiel sonnabends im Oststeinbeker Einkaufszentrum zu stehen und Fragen der Bürger zu beantworten. Mir hat es sogar sehr viel Spaß gemacht, weil ich gut aufgenommen worden bin. Außerdem bin ich ausdauernd. Übrigens auch beim Sport, zwei Marathons bin ich schon gelaufen.
Wann werden Sie das neue Amt antreten?
Hettwer: Spätestens in zwei Monaten. Das werde ich aber genau in Gesprächen mit Oststeinbeks stellvertretendem Bürgermeister Hans-Joachim Vorbeck und den Entscheidungsträgern in Siek klären. Mir ist es wichtig, die Amtsgeschäfte ordnungsgemäß zu übergeben. Aber ich werde schon jetzt parallel für Oststeinbek arbeiten.
Die Wahlbeteiligung lag nur bei 49 Prozent. Ist das aufgrund der Tatsache, dass Martina Denecke im März dieses Jahres als Verwaltungschefin abgewählt wurde und das Thema Bürgermeisteramt über Monaten immer Ortsgespräch gewesen ist, nicht enttäuschend?
Hettwer: Für eine Bürgermeisterwahl ist das noch gut, aber generell zu wenig. Durch die Denecke-Abwahl ist auch Verdruss entstanden. So nach dem Motto: Ich gehe nicht wählen, damit ich keine falsche Entscheidung treffe. Jetzt sind der Bürgermeister, die Verwaltung und die Gemeindevertreter im Zusammenspiel gefragt, daran zu arbeiten, diesen Zustand zu verändern.
Ihre Frau hatte vor einigen Jahren für das Bürgermeisteramt in Großhansdorf kandidiert und verfügt über Wahlkampferfahrung. Hat das Ihnen geholfen?
Hettwer: Wir sind ein Team, haben über alles gesprochen, die Plakate und Flyer zum Beispiel zusammen konzipiert. Meine Frau hat mich bedingungslos unterstützt und war auch immer präsent. Ich bin ihr sehr dankbar.
Was haben Sie sich für die ersten 100 Tage Ihrer Amtszeit als Bürgermeister vorgenommen?
Hettwer: Natürlich werde ich sofort die Gespräche mit den Parteien führen, um herauszufinden, welches ihre Kernziele sind. Außerdem werde ich ziemlich viel Besuch von Bürgern erhalten. Im Wahlkampf habe ich Dutzende Gespräche geführt und etwa 100 Oststeinbeker ins Büro eingeladen. Das heißt auch, dass meine Tür auch außerhalb der Bürgermeistersprechstunde geöffnet ist. Zehn Pfund Kaffee muss ich da also mindestens bestellen. Ein Thema, dessen ich mich sehr schnell annehmen werde, sind die Bebauungspläne für die gesamte Gemeinde mit Blick auf die Innenverdichtung.
Frau Denecke hat während ihrer Zeit als Bürgermeisterin sehr viel Porzellan zerschlagen, Parteien und Vereine verprellt sowie die Bürger gegen sich aufgebracht. Wie groß ist der Scherbenhaufen noch?
Hettwer: Herr Vorbeck, der für Frau Denecke eingesprungen ist, hat während seiner Amtszeit in den vergangenen Monaten die Weichen in die richtige Richtung gestellt. Er hat sehr viel Gutes getan. Was die Arbeit mit den Parteien betrifft, möchte ich dafür sorgen, dass die Verwaltungsvorlagen für die Gremien prägnant sind, wir also eine sehr gute Vorarbeit leisten.
Viele Oststeinbeker hatten in Gabriela Malone ihre Hauptkonkurrentin gesehen und eine Stichwahl prognostiziert. Zu mehr als 21,2 Prozent hat es für sie aber nicht gereicht. Teilen Sie die Meinung, dass Malone und Uta Kramer, die weitere Kandidatin, aufgrund ihres Geschlechts im Nachteil gewesen sind, weil Martina Denecke für so viel Unruhe wie noch nie in der Gemeinde gesorgt hat?
Hettwer: Ich würde es ungern auf diese eine Sache reduzieren. Aber gewiss hat die Ära Denecke Frau Malone und Frau Kramer nicht geholfen, da bin ich mir ganz sicher. Trotzdem: Ich bin überzeugt, dass in erster Linie das menschliche Paket Jürgen Hettwer ausschlaggebend für den Sieg war.
Sie kennen noch viele Mitarbeiter im Oststeinbeker Rathaus. Dürfen die Kollegen, die Sie als Fachbereichsleiter geduzt haben, es weiterhin machen?
Hettwer: Das Duzen wird nicht aufgehoben. Aber künftig werde ich damit sparsamer umgehen.
Ein aktuelles Thema, welches die Bürger beschäftigt, ist die Schaffung von altersgerechtem Wohnraum. Stichwort Seniorenzentrum: Wie lange wird es noch dauern, bis die Bagger anrollen? Und wo wäre ein möglicher Standort?
Hettwer: Vom Aufstellungs- bis zum Satzungsbeschluss kann man es sportlich in einem Jahr schaffen. Dann könnte ein Investor loslegen. Möglich wäre das auf der schon im Gespräch stehenden Fläche nördlich vom Breedenweg.
Das Thema Finanzausgleich hat bei der Verwaltung zuletzt für Kopfschütteln gesorgt. Geht es nach der Landesregierung in Schleswig-Holstein, steht Oststeinbek ab 2015 pro Jahr mindestens eine Million Euro weniger zur Verfügung.
Hettwer: Das ist nicht akzeptabel, denn es gibt keine Kompensationsmöglichkeiten. Wir müssten in diesem Fall die Einnahmen verbessern und die Ausgaben reduzieren. Beides sind unzumutbare Belastungen für unsere Bürger. Eine Gewerbesteuererhöhung kommt für uns nicht infrage, weil sonst die Gefahr der Abwanderung von Betrieben besteht. Wir werden mit den betroffenen Kommunen und dem Kreis Stormarn versuchen, diese Regeln zu verhindern.