Das Hamburger Abendblatt stellt zehn Wochenmärkte in Stormarn auf den Prüfstand. Ist die Auswahl groß genug? Wie ist die Atmosphäre? Auch der Dehoga-Kreisvorsitzende Axel Strehl bewertet mit
Trittau. Die Luft ist schwül. Die wahrscheinlich letzten heißen Tage dieses Sommers machen sich auch auf dem Wochenmarkt in Trittau bemerkbar. Dass die drückende Wärme dafür sorgt, dass viele Menschen den Freitagnachmittag lieber zu Hause verbringen, hat für die Händler den Vorteil, dass sie sich Zeit für ihre Kunden nehmen können. Senol Uslu schneidet mit einem Messer eine Spalte aus einem Pfirsich heraus. Der Saft tropft auf die Erdbeeren in der Auslage, als der Obst- und Gemüsehändler das Probierstück zu Frieda herüberreicht. Die Fünfjährige ist mit ihrem Zwillingsbruder Joost und ihrer Mutter unterwegs. "Wir kommen aus Großensee und fahren jeden Freitag nach Trittau", sagt Deborah Vagts.
Den Weg ins Ortszentrum auf sich zu nehmen, ist derzeit nicht ganz einfach. Die Sanierungsarbeiten an der Bundesstraße 404 sorgen immer wieder für Staus im Zentrum der Gemeinde, durch die die Umleitung führt.
Wie lange der Markt allerdings überhaupt noch auf dem Schützenplatz bleiben kann, ist fraglich. Im Frühjahr hat sich die Gemeinde mit dem Investor Bartels-Langness (Famila) geeinigt, der dort einen Supermarkt bauen will. "Wir wissen noch nicht, wie es dann mit uns weitergeht", sagt Stefan Oehlenschläger, der seit rund acht Jahren Marktleiter ist. "Für mich ist die Arbeit auf dem Markt wie Urlaub, einfach total schön", sagt der Blumenhändler, der an seinem Stand umgeben ist von Rosen. "Ich bin immer darauf bedacht, saisonale Blumen anzubieten."
Am Imbisswagen stärken sich Männer in kurzärmeligen Hemden
Einige Stände weiter, am Imbisswagen, sitzen Männer in T-Shirts und kurzärmeligen Hemden und essen Currywurst und Pommes frites. An den Friteusen hantiert Günter Stiehler, dem der Schweiß auf der Stirn steht. Ist er der Chef des Imbissbetriebes? "Das kann man so sagen", antwortet Stiehler diplomatisch mit einem Seitenblick auf Kollegin Claudia Ladewig, die gerade Nachschub auf den Grill legt.
Markt-Tester Axel Strehl bringt das auf eine Idee. "Bei dem tollen Sommerwetter bekomme ich doch glatt Lust, zu Hause auch noch einmal den Grill anzuschmeißen", sagt der Kreisvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes, der die gute Sortierung der einzelnen Stände auf dem Markt lobt. Der 50 Jahre alte Koch und Restaurantbesitzer hebt auch die appetitliche Anrichtung der Lebensmittel hervor.
Lange wird es nicht mehr dauern, dann müssen Axel Strehl und andere Barbecue-Liebhaber die Grillsaison beenden. Die ersten Pflaumen gibt es schon jetzt, bald werden an den Ständen auch Birnen und Quitten sowie mehr und mehr Kohlsorten zu finden sein. Sobald die Temperaturen sinken, werden die Marktbesucher nach dem Einkauf wieder näher an den Imbisswagen von Günter Stiehler heranrücken, um ihre Currywurst zu essen.
Für Marion Kappmeyer machen die wechselnden Jahreszeiten kaum einen Unterschied. Ihr Wagen ist sowieso stets gekühlt, und Steak wird auch immer gegessen. "Rumpsteak, Filetsteak, Rib-Eye-Steak - das geht immer", sagt die Angestellte der Fleischerei Arndt aus Schönberg. Von Dienstag bis Sonnabend ist sie unterwegs. "Wer einmal auf dem Markt gearbeitet hat, möchte nicht mehr tauschen", sagt Marion Kappmeyer. "Da kann man schon mal einen dummen Spruch austeilen, muss aber auch einstecken können."
Auch Claudia Gramm, die am Stand von Fisch Schloh verkauft, gefällt die familiäre Atmosphäre. "Ich arbeite auch in Hamburg auf dem Markt. Dass das Publikum in Trittau eher ländlich ist, merkt man unter anderem an den Einkaufsgewohnheiten: Hier werden viele Klassiker aus alten Zeiten gekauft, wie zum Beispiel Hering."
Ein Aufkleber zeigt, dass dem Käsehändler Fisch Wurst ist
Jörg Kalmbach ist das egal. Dem Käsehändler ist Fisch Wurst, wie man auf einem Aufkleber, der an seiner Kasse befestigt ist, nachlesen kann. Der 46-Jährige verkauft seit gut einem Jahr in Trittau neben Käsespezialitäten mit Namen wie "Dicke Liese" und "Tante Berta" auch Brotsorten aus Frankreich sowie Rot- und Weißwein. "Ich biete Käse querbeet an, in Trittau kommen aber regionale Produkte besonders gut an, wie etwa die Sorten aus dem Gebiet am Schaalsee", sagt Jörg Kalmbach.
Käse, Wein und Brot werden die Kunden auch dann noch kaufen, wenn es weder Pflaumen noch Quitten mehr gibt. Die Obst- und Gemüsehändler werden dann andere saisonale Sorten anbieten, während Norbert von Pigages zu Hause bleibt. Wenn der Winter kommt, hat der Imker Pause. Kalte Temperaturen sind schlecht für seine 50 Bienenvölker, die in Braak stehen. Gut sind sie allerdings für Norbert von Pigages Frau. "Die verwöhne ich dann", sagt der Imker.
Ein Leben ohne Markt - das kann sich Inge Mager nicht so richtig vorstellen. "Zigmal" wollte die heute 70-Jährige schon aufhören, die seit 23 Jahren Backwaren aus der Braaker Mühle verkauft. Aber dann hat die Arbeit doch immer noch zu viel Spaß gemacht. Wahrscheinlich wird Inge Mager im kommenden Jahr immer noch hinter der Theke stehen und Kunden wie Erik Stüdemann Schwarzbrot und Streuselschnecken herüberreichen und einen Klönschnack halten.
Mit ziemliche Sicherheit wird auch Stefan Oehlenschläger noch da sein, Blumen verkaufen und sich dabei "wie im Urlaub fühlen". Die saisonalen Blumen, die er so gern anbietet, werden bei ihm in der kalten Jahreszeit allerdings knapp werden. "Unheimlich viele Tulpen" würden dann von den Kunden gewünscht, prophezeit Oehlenschläger, denn das kennt er schon aus den vergangenen Wintern.
Wo er dann mit seinem Wagen stehen wird, weiß der Marktleiter allerdings noch nicht. Vielleicht ist das Verkehrschaos bis dahin vorüber und der Weg zum Schützenplatz wieder frei. Aber vielleicht wird der Markt auch noch im Winter umziehen und Platz schaffen für einen großen Supermarkt. Spätestens wenn das Frühjahr kommt und die Obst- und Gemüsehändler Rhabarber, Salate und Spargel anbieten, werden die Stände wohl an einem anderen Ort stehen.
Alle Folgen der Wochenmarkt-Serie finden Sie auf www.abendblatt.de/stormarn-markt