Neues Bildungsangebot startet mit 53 Jugendlichen in der Schlossstadt. Die Schüler können Wirtschaft und Sprachen als Schwerpunkt wählen.
Ahrensburg. Ihren Realschulabschluss haben sie bereits in der Tasche, jetzt folgt das Abitur: Die Aula der Beruflichen Schule Ahrensburg war gestern Vormittag voll besetzt, als 53 Schüler bei ihrer Einschulung darauf warteten, dass ihr Name aufgerufen wurde. Die Jugendlichen sind der erste Jahrgang, der in Ahrensburg die Allgemeine Hochschulreife am Beruflichen Gymnasium macht. Bisher gab es so ein Angebot nur in Bad Oldesloe, an der dortigen Berufsschule.
"Wir haben viele Bewerbungen aus dem südlichen Teil Stormarns bekommen", sagt Barbara Präger, Abteilungsleiterin am Beruflichen Gymnasium. Unter anderem hätten sich Schüler aus Barsbüttel, Trittau, Stapelfeld oder Oststeinbek angemeldet. Aus Südstormarn kommt etwa Pascal Valley, der jetzt das Berufliche Gymnasium besuchen wird. Der 17-Jährige ist in Lütjensee-Dwerkaten zu Hause, 15 Kilometer entfernt von seiner neuen Schule. "Für mich wäre es nicht möglich gewesen, die Berufliche Schule in Bad Oldesloe zu besuchen", sagt Pascal. Er hat noch keinen Führerschein, die Verbindung im öffentlichen Nahverkehr ist nach seiner Aussage zu schlecht. Weil er nun in Ahrensburg zur Schule geht, kann er jetzt mit dem Fahrrad und dem Bus zur Schule fahren.
Wie bei der gymnasialen Oberstufe werden die Schüler bis zum Abitur drei Jahre lang unterrichtet. Ähnlich wie bei normalen Gymnasien wählen die Schüler in der Beruflichen Schule Ahrensburg einen wirtschaftlichen oder einen sprachlichen Schwerpunkt. Im wirtschaftlichen Schwerpunkt erwarten die Jugendlichen Fächer wie Rechnungswesen, Volkswirtschaft- und Rechtslehre sowie Informatik. Schüler im sprachlichen Profil erweitern ihre Kenntnisse in Spanisch und Englisch.
Pascal Valley gehört zu den Jugendlichen, die sich für das wirtschaftliche Profil entschieden haben. "Ich möchte nach meinem Abitur eine Ausbildung als Industriekaufmann machen", sagt der junge Mann, der bis zu seinem Realschulabschluss im Sommer dieses Jahres die Trittauer Hahnheide-Schule besucht hat. "Das Wirtschaftsprofil wird mich gut auf meinen Beruf vorbereiten", sagt Pascal.
Neuer Klassenlehrer für Pascal wird Michael Ziervogel sein. Er übernimmt die Wirtschaftsklasse des neuen Jahrgangs. Wie sein neuer Schüler ist auch er überzeugt von dem Angebot. "Durch die wirtschaftliche Fachrichtung haben unsere Schüler ein ganz anderes Vorwissen als Schüler der gymnasialen Oberstufe. So wird der Einstieg ins Berufsleben einfacher, vor allem, wenn sie kaufmännische Berufe erlernen wollen."
Auch Sila Karimi will an der Beruflichen Schule Ahrensburg ihr Abitur machen - ebenfalls mit dem Schwerpunkt Wirtschaft. Die gebürtige Afghanin lebte 16 Jahre mit ihrer Familie in den Niederlanden, bis sie 2010 mit ihren Eltern nach Wentorf zog. "Ich war sehr aufgeregt an meinem ersten Tag", sagt die 19-Jährige in nahezu perfektem Deutsch. Die Schülerin entschied sich für das Berufliche Gymnasium, weil für sie die Einstiegsmöglichkeiten einfacher als an einem normalen Gymnasium waren. "Weil ich 19 bin, konnte ich in Deutschland nicht so leicht in der elften Klasse einsteigen", erzählt Sila. Jetzt freue sie sich vor allem auf die wirtschaftlichen Schwerpunktfächer und den englischen Unterricht.
37 bis 40 Prozent der Schüler in Schleswig-Holstein, die das Abitur erreichen, machen den Abschluss an einer Berufsbildenden Schule. Darauf hat der Verband der Lehrerinnen und Lehrer an berufsbildenden Schulen in Schleswig-Holstein (VLBS) erst kürzlich öffentlich hingewiesen. Joachim Steußloff, Leiter der Beruflichen Schule Ahrensburg, ist stolz darauf, dass seine Einrichtung jetzt zu den Schulen gehört, an denen jetzt ein Berufliches Gymnasium existiert. "Es ist eine Etappe, die für Euch und für uns neu ist", sagte er gestern zu seinen neuen Schülern in der Aula.
Er appellierte auch daran, dass auch Tugenden wie Pünktlichkeit an seiner Einrichtung groß geschrieben werden. "Ihr müsst nicht hier sein, sondern habt Euch freiwillig entschieden, einen neuen Kurs einzuschlagen."
Natürlich hatte der Schuldirektor an dem besonderen Tag auch ermunternde Worte für seine neuen Schützlinge übrig. Steußloff: "Ich hoffe, dass ich möglichst vielen von Euch am Ende der drei Jahre das Abiturzeugnis in die Hand geben kann."