Bürgerinitiative: Bunte Ballons zur 250. Mahnwache gegen den Thor-Steinar-Laden in Glinde. Der Protest der Bürgerinitiative geht weiter.
Glinde. "Glinde, Glinde, das sind wir. Wir wollen keine Nazis hier!", schallt es über den Parkplatz an der Möllner Landstraße. Gerufen wird diese Parole von rund 50 Mitgliedern der Bürgerinitiative "Glinde gegen rechts" und ihren Unterstützern, die sich am Sonnabend vor dem Thor-Steinar-Laden auf dem Glinder Berg zu einer Mahnwache gegen das Geschäft versammelt haben. Sie rufen das genau in dem Moment, als drei Kunden den Laden betreten. Es sind junge Männer mit Sonnenbrillen. Zwei von ihnen haben die Haare abrasiert.
Jeden Sonnabend von 13 bis 15 Uhr steht die Mahnwache vor dem Laden, der den Namen "Tonsberg" trägt. Auch wochentags steht sie da, von 17 bis 19 Uhr - und das seit der Eröffnung des Geschäfts am 16. September vergangenen Jahres. 250 Tage Mahnwachen sind an diesem Wochenende zusammengekommen. Das bedeutet: 250 Tage Kampf gegen rechtsextreme Ideen, Kleidung und Symbole. Denn genau dafür steht die Modemarke Thor Steinar. Sie hat sich zur beliebtesten Mode in der Neonazi-Szene entwickelt
Die Kleidungsstücke zeigen germanische Runen, völkische Symbole und zweideutige T-Shirt-Aufdrucke, wie etwa "Ski Heil". So wurde das Runen-Logo der Marke aufgrund seiner Ähnlichkeit mit Symbolen des Nationalsozialismus in einigen Bundesländern bereits verboten. Die Herstellerfirma änderte daraufhin das Motiv. Das Tragen von Thor-Steinar-Kleidung ist aber weiterhin unter anderem im Bundestag in Berlin, in den Landtagen von Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen und in diversen Fußballstadien untersagt.
"Der Laden ist ein Schandfleck, der weg muss", ist die deutliche Meinung von Hans-Jürgen Preuß zu der Steinar-Filiale in Glinde. "Die Kleidung, die dort verkauft wird, dient den Nazis als Erkennungszeichen, die Marke stiftet ihnen Identität." Preuß ist einer der Mitbegründer der Bürgerinitiative "Glinde gegen rechts" und nimmt fast jeden Tag an ihren Protesten teil. Er und seine Mitstreiter haben sich zur 250. Mahnwache eine besondere Aktion ausgedacht: Sie lassen vor dem Geschäft 250 bunte Luftballons in den Himmel steigen. Diese stehen für die bunte und vielfältige Gesellschaft, für die die Glinder Bürger eintreten. An ihnen hängen Postkarten, auf denen sich die Bürgerinitiative vorstellt und die Finder der Ballons bittet, die Karten mit einer Meinung zu dem Thema an die Initiative zurückzusenden.
+++ 300 Menschen demonstrieren in Glinde gegen Thor-Steinar-Laden +++
Während sich die Teilnehmer der Mahnwache über ihre Aktion freuen, reagiert die Thor-Steinar-Filiale auf ihre Art: Als sich die Glinder mit ihren Ballons aufstellen, schließt die Verkäuferin die Ladentür zu und lässt die Rollläden herunter. Die Demonstranten quittieren dies mit lautem Gejohle. Ihr Protest ist friedlich. Als die drei Kunden den Laden verlassen, mit Einkaufstüten in den Händen, stellt man sich ihnen nicht in den Weg. Stattdessen ertönt wieder die Parole: "Glinde, Glinde, das sind wir. Wir wollen keine Nazis hier!" Die Kunden quittieren dies mit breiten Grinsen. Einer der Männer verbirgt seinen Kopf unter der Kapuze seines schwarzen Sweatshirts.
"Die Reaktionen der Ladenbesucher auf unsere Mahnwache sind unterschiedlich, einige schleichen sich davon, andere bringen sich in Stellung und posieren", berichtet Protestteilnehmer Jörg M., der seinen Namen aus Angst vor Repressalien von Rechtsextremisten nicht vollständig nennen will. Jörg M. sagt: "Es ist auch schon vorgekommen, dass man uns Schläge angedroht hat und dass wir mit Steinen und Bierdosen beworfen wurden."
Die Mitglieder der Bürgerinitiative und Teilnehmer der Mahnwache bemühen sich dagegen, ruhig und besonnen zu reagieren. "Wir versuchen auch mal, mit Ladenbesuchern einen Dialog zu führen, um etwas über ihre Motive zu erfahren", sagt ein Geschäftsmann in Glinde. Er und die Bürgerinitiative wollen mit ihrer Mahnwache und ihrem Protest solange weitermachen, bis der Laden endlich schließt.