Weder sachlich noch fair: Ein ganz persönlicher Rückblick auf das, was uns im Kreis Stormarn im Jahr 2012 erst noch bevorstehen wird.

Ahrensburg. Ein Blick zurück in die Zukunft zeigt: Diejenigen, die im Kreis Stormarn Verantwortung tragen, finden überraschende Lösungen für das eine oder andere Problem. Wenn auch längst nicht für jedes. Lesen Sie hier exklusiv unseren gnadenlos unsachlichen Jahresrückblick 2012.

Januar 2012

Die Ausstellung über frühere Ideen zur Neugestaltung des Ahrensburger Rathausplatzes wird zum 61. Mal erweitert. Jüngstes Exponat im Foyer der Stadtverwaltung: eine Tuschezeichnung auf der Rückseite eines Bierdeckels. Sie stammt vermutlich aus der Feder des ehemaligen Bauamtsleiters Wilhelm Thiele und dürfte um 1985 entstanden sein. Eine Putzfrau hat das Stück Pappe beim Saugen im Bauamt entdeckt - unter einem zu kurzen Tischbein. Was darauf zu sehen ist, erschließt sich bis heute nur dem Urheber.

Unter dem Pseudonym "Landesgartenschau 2016" meldet sich Bürgermeister Michael Sarach beim Internetnetzwerk Facebook an. Er sucht Freunde. Mit überraschendem Erfolg: Innerhalb von zweieinhalb Stunden klicken 21 305 Nutzer auf den "Gefällt-mir"-Button und verabreden sich spontan für Mitte März zu einem Gartenflashmob im Auetal. Sarach ruft umgehend den Katastrophenschutz an einen runden Tisch und bildet einen Krisenstab. Wer für die Kosten aufkommen muss, ist völlig offen.

Februar 2012

Die Gemeinde Neritz nimmt schweren Herzens Abschied von ihrer Kirchenglocke. Nachdem sich die Kirchengemeinde Bad Oldesloe aus Kostengründen vom Bau eines hölzernen Glockenturms am Dorfgemeinschaftshaus verabschiedet hat, gibt es keine Verwendung mehr für die 380 Kilogramm Metall, über die das Dorf in den vergangenen Jahren gestritten hat. Der Trittauer Landwirt Rudolf Grunwald ersteigert die Glocke bei Ebay. Er werde sie über der Tür seines in Köthel geplanten Schweinemaststalls anbringen - "ein Geschenk an die Einwohner", wie er sagt. Dank des unerwarteten Glockendeals hat die Kirchengemeinde Bad Oldesloe nun doch genug Geld, um den 13 Meter hohen Turm zu bauen - ohne Glocke, versteht sich. In Neritz kehrt Ruhe ein.

März 2012

Von wegen 21 305 Landesgartenschau-2016-"Gefällt-mir"-Sympathisanten: Nicht ein einziger erscheint. 380 Feuerwehrleute, 251 Helfer vom Roten Kreuz und Arbeiter-Samariter-Bund sowie eine Hundertschaft Bereitschaftspolizei bleiben im Auetal unter sich.

Wenige Tage später präsentiert Michael Sarach dem Umweltausschuss ein Schreiben aus dem Bundeskanzleramt: Laut eines Sprechers komme Angela Merkel der Bitte des Bürgermeisters gern nach und lasse ausrichten, Landesgartenschauen seien "gut für Europa und auch gut für Deutschland". Das Echo der Politiker ist dennoch verhalten. Sarach schlägt ferner vor, den Rathausplatz als Gartenschaugelände zu nutzen. Das sei wegen dessen geringer Größe relativ kostengünstig, und zu tun sei dort allemal genug. Der Umweltausschussvorsitzende Dieter Heidenreich (WAB) hat Bedenken: Dort sei schließlich schon zweimal jährlich Pflanzenflohmarkt. Da brauche die Stadt nicht auch noch eine Gartenschau. Eine Bewerbung wird vollkommen überraschend mit großer Mehrheit abgelehnt.

April 2012

Innenminister Klaus Schlie (CDU) besucht die Polizeizentralstation Bad Oldesloe und kündigt bei einer anschließenden Pressekonferenz an: Alle größeren Wachen in Stormarn sollen zwei neue Kollegen bekommen. Schlies Sprecher wird auf Nachfrage konkreter: Die beiden für Ahrensburg bestimmten Beamten kommen aus Bad Oldesloe. Reinbek erhält Verstärkung aus Bargteheide, Bad Oldesloe aus Reinbek und Bargteheide aus Ahrensburg. Dieser Plan sei alternativlos, so Schlie. Und kostenlos. Bildungsminister Ekkehard Klug erklärt tags darauf bei einer Wahlkampfveranstaltung im Ahrensburger Peter-Rantzau-Haus, was "der Schlie" könne, das könne die FDP schon lange. Jede Schule im Land werde umgehend zwei neue Lehrer bekommen. Auch zum Nulltarif.

Mai 2012

Bei der Abstimmung über den Bebauungsplan für das Neubaugebiet Erlenhof kommt es im Ahrensburger Bauausschuss zum Eklat: Die CDU-Fraktion sei, wie ihr Vorsitzender Tobias Koch erklärt, nach reiflicher Überlegung zu der Überzeugung gelangt, dass die im Rahmenplan beschlossene Bebauungsdichte - ein Drittel Einfamilien- und Doppel-, ein Drittel Reihen- und ein Drittel Mehrfamilienhäuser - ziemlich unausgewogen sei. Er beantragt, den Einzel- und Doppelhausanteil auf 34 Prozent zu erhöhen und den der Wohneinheiten in Mehrfamilienhäusern auf 32 Prozent zu senken. Nach Meinung der SPD ist das sozial ungerecht. Der Einzel- und Doppelhausanteil dürfe 32 Prozent nicht überschreiten. Auch die WAB kündigt an, der Drittellösung nicht zustimmen zu wollen. Je 33,3 Prozent seien einfach besser. Monja Löwer deutet an, dass die Grünen so oder so gegen die Pläne stimmen werden, sollte nicht auch ein gewisser Prozentsatz an Gewächshäusern geplant werden. Einmütig kritisieren Vertreter aller Fraktionen, dass Bürgermeister Michael Sarach die Planungen verzögere.

Juni 2012

Nach der zweiten hat auch die dritte Tourismusmanagerin des Kreises Stormarn das Handtuch geworfen. Zu früh, denn der Fremden-Verkehr kommt sprichwörtlich in Fahrt. Die neue Attraktion für Tagesausflügler und Durchreisende ist besser als jede Achterbahn: der "Bargteheider Buckel". Wer am Kassenhäuschen an der B 75 eine Karte zu drei Euro löst, darf einmal fahren. Eine Zehnerkarte kostet 20 Euro. Innerhalb von drei Monaten sind 127 377 Fahrten verkauft worden. Die Stadtvertreter votieren einstimmig dafür, beim Fortbau der Umgehungsstraße weitere "Bargteheider Buckel" einzubauen. Geplant sind bis zu zwölf mit einer Höhe von bis zu 4,90 Metern. Weitere Attraktionen wie Looping und Schraube sollen folgen.

Juli 2012

Am deutsch-polnischen Grenzübergang Pomellen stoppen Bundespolizisten einen Streifenwagen aus Bargteheide, der sich mit Blaulicht rasant genähert hat. Die erschöpften Beamten an Bord erklären ihren verblüfften Kollegen, sie seien noch nicht am Einsatzort. Später wird sich herausstellen, dass der Disponent in der Leitstelle Südwind in Lübeck einem Irrtum aufgesessen ist. Er habe das "-er Straße Bargteheide" von "Danziger Straße Bargteheide" versehentlich nicht in seinen Computer eingegeben, erklärt ein Polizeisprecher auf Nachfrage. Klaus Schlie, während der Koalitionsverhandlungen in Kiel noch amtierender Innenminister, spricht von "Anlaufschwierigkeiten im Umgang mit der neuen Leitstellentechnik". Straßenkarten seien trotzdem tabu in der neuen Leitstelle. Schlie: "Die Technik ist alternativlos."

August 2012

Die Anlieger der Eckhorst in Bargteheide erklären sich bereit, einer Öffnung ihrer seit 1993 für den Durchgangsverkehr gesperrten Straße zuzustimmen. Allerdings nur unter der Bedingung, dass auch sie einen oder zwei "Bargteheider Buckel" vor ihrer Haustür bekommen und für deren Nutzung kostenlose Jahreskarten erhalten. Bürgermeister Henning Görtz empfiehlt den Stadtvertretern, dieser Bitte zu entsprechen.

September 2012

Während einer Bürgerversammlung anlässlich der 89. Erweiterung der Ausstellung über frühere Ideen zur Neugestaltung des Ahrensburger Rathausplatzes (neuestes Exponat: eine Straßenkarte von 1966) macht einer der drei anwesenden Bürger einen Vorschlag, der getrost als Durchbruch bezeichnet werden kann. Wenige Tage später stimmen die Stadtverordneten dieser Idee zu: Die Parkplätze werden diagonal angeordnet, auf der einen Platzhälfte so, auf der anderen anders herum, und "die Markierungen dafür sind zartrosafarben auf den Bodenbelag aufzubringen". Die Politiker sprechen einmütig von einer wegweisenden Entscheidung: Die geparkten Autos in ihrer Gesamtheit wiesen gleich einem Pfeil den Weg ins Rathaus.

Oktober 2012

Innenminister Klaus Schlie, wegen der zähen Koalitionsverhandlungen immer noch im Amt, schließt die Polizeileistelle Südwind in Lübeck. Die alte Einsatzzentrale in Bad Oldesloe wird reaktiviert, die dort eingesetzten Beamten erhalten Karte, Kompass und Telefone mit Wählscheiben. Schlie spricht von einer "alternativlosen Lösung".

November 2012

In der Oldesloer Stadtverordnetenversammlung scheitert der Versuch, 2013 einen gemeinsamen Neujahrsempfang aller Parteien und Vereine zu organisieren. Zu unterschiedlich sind die Positionen der Parteien: Die SPD knüpft ihre Teilnahme an die Bedingung, dass Bürgerworthalter Rainer Fehrmann (CDU) bei der Veranstaltung auf keinen Fall eine rote Krawatte tragen dürfe. Fehrmann lehnt ab: Er besitze keine rote Krawatte, die Forderung sei aber prinzipiell "unhaltbar". Als "absurd" kritisiert CDU-Fraktionschef Horst Möller die Anregung der Grünen, nur Bionade auszuschenken. Deren Fraktionschef Gerold Rahmann pocht indes darauf, dass sich Anita Klahn (FDP) vor dem Empfang mit ihrem Ehemann Michael absprechen müsse, wer hinterher die Gläser spült. Klahn verlässt wütend den Saal.

Dezember 2012

Die Gesellschaft für deutsche Sprache wählt "Bargteheider Buckel" zum Wort des Jahres 2012. Ahrensburgs Bürgermeister Michael Sarach löscht seinen "Landesgartenschau 2016"-Account bei Facebook. Noch ist unklar, was der Einsatz im Ahrensburger Auetal gekostet hat. Und wer ihn bezahlt. Sarach: "Wir werden das sauber prüfen." Das allerdings könne noch einige Jahre in Anspruch nehmen.