230 kleine Stormarner werden Bürger von Stormini. Das Planspiel startet diesen Sonntag in Bargfeld-Stegen

Auf Bargfeld-Stegen rollt eine Einwandererwelle zu. Sie wird für reichlich Leben sorgen und das Durchschnittsalter des Dorfes im Herzen Stormarns schlagartig senken: 230 Kinder aus allen Teilen des Kreises reisen an diesem Sonntag mit Sack und Pack in der 2800-Seelen-Gemeinde an, um das Gelände rund um die Grundschule in Besitz zu nehmen und die Kinderstadt Stormini zu gründen.

Es ist das vierte Mal, dass der Kreis Stormarn und der Kreisjugendring (KJR) dieses Ferienprojekt auf die Beine stellen. Dank der Förderer und der vielen ehrenamtlichen Helfer kostet der Spaß für jedes Kind nur 95 Euro - für eine ganze Woche voller Abenteuer und dem Gefühl, endlich einmal alles das tun können, was sonst nur die Erwachsenen dürfen. Das muss ein tolles Gefühl sein. "Wir hatten 460 Anmeldungen", sagt KJR-Mitarbeiter Ansgar Büter-Menke, der die Gesamtkoordination übernommen hat. 230 Kinder mussten Absagen entgegennehmen. Büter-Menke: "Die anderen waren um so glücklicher."

An diesem Sonnabend wird aufgebaut. Kräfte vom THW, von der Feuerwehr und viele andere sind im Einsatz, damit der Einzug der kleinen Gladiatoren, die die Demokratie proben wollen, auch klappt. "Die ersten Einbürgerungsanträge werden am Sonntag ab 14.30 Uhr entgegengenommen", sagt der Ahrensburger Sozialarbeiter Bernd Meyerink, der ebenfalls zum Organisationsteam gehört. Er ist von Anfang an dabei und hat auch diesmal für Stormini Sonderurlaub beantragt.

Ohne Antrag geht es auch in der Kinderstadt nicht. Zuerst wird die Identität geprüft. Mit den nötigen Formularen versehen, können die Bürger von Stormini dann ihre Zelte beziehen, ihr Gepäck auf die Feldbetten werfen und schon mal sehen, mit wem sie es die nächste Woche über zu tun haben. Bis Sonnabend, 9. Juli, werden die Neun- bis 13-Jährigen dort leben, arbeiten, einkaufen, Spaß haben, ihr Parlament bestimmen und einen Bürgermeister wählen. Gleich am ersten Tag werden die 22 Zeltsprecher bestimmt, die am Montag zur ersten Parlamentssitzung zusammenkommen. Am Mittwoch wird dann der Stormini-Bürgermeister gewählt.

Aber was nützt das schönste Parlament, wenn das Volk keine Arbeit hat. So hat sich Bernd Meyerink mit Maren Kuhlmeier und Katrin Behnke darum gekümmert, dass die Wirtschaft floriert und die Stormini-Bewohner einer geregelten Tätigkeit nachgehen können. Schließlich soll es beim Planspiel so zugehen wie im richtigen Leben. Also wird geschuftet: vormittags zwei Stunden, nachmittags zwei Stunden.

Diesmal gibt es so viele Möglichkeiten wie noch nie, die Stormini-Kaurischnecken - die Währung in der Zeltstadt - zu verdienen. Bei der Stormini im vergangenen Jahr waren es 60 Angebote, jetzt sind es 90: Unicef braucht Leute, die Post, das Finanzamt, die Imkerei, das Café, die Schneiderei und die Schmuck- genauso wie die Autowerkstatt. Auch in der Arbeitsagentur, der Tischlerei, in der Webdesign-Agentur, in der Dachdeckerei und beim Elektriker werden helfende Hände benötigt. Natürlich werden auch Journalisten gesucht. Medienpartner ist die Stormarn-Ausgabe des Abendblattes, die jeden Tag aus der Kinderstadt berichtet.

Dass es in diesem Jahr so viele Angebote gibt, liegt an der Begeisterung der Bargfelder. "Das ganze Umfeld macht mit", sagt Bernd Meyerink. So gibt es für die Kinder 33 Treffpunkte im Ort. Sie können als Verkäufer im Supermarkt anheuern, beim Pferdepfleger in Stellung gehen, Erfahrungen beim Landschaftsgärtner sammeln und beim Dentisten mal den Erwachsenen ein bisschen auf den Zahn fühlen.

Das Dorf ist bestens auf die Besucher vorbereitet. Der Kreisjugendring auch. Rund 200 Helfer werden sich um die Kinder kümmern - fast ein Verhältnis von eins zu eins. Neu sind die Junior-Teamer im Alter von 14 bis 16 Jahren. Viele von ihnen haben in den Vorjahren als Stormini-Bürger ihre Erfahrungen gemacht und werden nun selbst herumflitzen und überall ein bisschen helfen. "Sie haben mehr Freiräume als die älteren Teamer und müssen auch nicht auf dem Gelände übernachten", sagt Bernd Meyerink. Manchmal ist es eben auch ein Vorteil, noch etwas kleiner zu sein. Im Gegensatz zu den Vorjahren bleiben die Stormini-Bürger diesmal nicht mehr von Abgaben verschont. Das Steuerparadies Stormini ist abgeschafft worden.

Von den zehn Kaurischnecken Tageslohn fließen jetzt zwei ans Finanzamt. Dort sitzen Lehrlinge der echten Oldesloer Behörde - dieses Azubi-Projekt ist neu. Die Chancen, sich an den Leuten vom Fach vorbeizumogeln und die eine oder andere Schnecke zu hinterziehen, sind eher gering. Hintergrund für diesen harten Einschnitt ist paradoxerweise das schöne Wetter vom vergangenen Jahr. Bei der Hitze hatten viele schlappgemacht und konnten nicht arbeiten. Also waren Arbeitslosen- und Krankengeld erforderlich. Aber woher nehmen? Die Stormini-Steuer soll diese Versorgungslücke schließen. Vielleicht ist das Parlament von dieser Idee der Erwachsenen ja gar nicht begeistert. Das dürfte zu hitzigen Debatten führen. Denn Stormini soll kein zweites Griechenland werden.

Schleswig-Holsteins Finanzminister Rainer Wiegard (CDU) wird auf jeden Fall vorbeischauen. Auch Landrat Klaus Plöger wird das Steuersystem unter die Lupe nehmen. Zu Besuch am VIP-Tag ist die Sängerin Graziella Schazad. Die Stormini-Kinderband wird den Stargast begleiten und hat schon vor der Stadtgründung - an diesem Sonntag um 18 Uhr durch Kreispräsidentin Christa Zeuke - mit dem Üben angefangen. Das Ende kommt bei so viel Spaß ohnehin früh genug. Am 9. Juli zieht die Kinderkarawane ab. Meyerink: "Am Schluss sind immer alle vollkommen geschafft und total happy."