Helgo Matthias Haak kann eine dreiseitige Darstellung des Missbrauchsskandals von Ahrensburg um den Triebtäter Dieter Kohl veröffentlichen.

Ahrensburg/Hamburg. Im Erdgeschoss, im Weltladen des Hamburger Dorothee-Sölle-Hauses, wird fair gehandelt. Nebenan, beim Kirchengericht, nahm man sich offenbar ein Beispiel daran. Nach stundenlangen Verhandlungen hinter verschlossenen Türen einigten sich die Nordelbische Kirche und der Ahrensburger Pastor Helgo Matthias Haak auf einen Vergleich. Kurz vor Redaktionsschluss dieser Ausgabe stand damit fest: Der Schlosskirchenpastor darf zumindest in Teilen seine Sicht der Ereignisse im Ahrensburger Missbrauchsskandal öffentlich darstellen. Haak: "Wir haben einen Vergleich erzielt, der im Wesentlichen dem entspricht, was ich sagen wollte."

Der Pastor darf einen dreiseitigen Text veröffentlichen. Darin steht, wie er von den Taten des Triebtäters Dieter Kohl erfahren hat. Der war über Jahrzehnte hinweg Pastor im Kirchsaal Hagen. Eine Frau, die Kohl sexuell missbraucht hatte, hatte sich 1999 an die damalige Pröpstin Heide Emse gewendet und ihre Geschichte erzählt. Emse hatte dafür gesorgt, dass Kohl versetzt wurde, hatte aber nicht Anzeige erstattet. Hatte sie damals den Kirchenvorstand, zu dem auch Haak gehörte, über den wahren Grund der Versetzung informiert?

+++ Missbrauchs-Gutachten: Details werden offengelegt +++

Darüber und über andere Dinge wollte der Pastor schon seit längerem offen sprechen. Er hatte im Juli 2010, wenige Tage nach dem Rücktritt der Hamburger Bischöfin Maria Jepsen wegen des Missbrauchsskandals, in einer Predigt gesagt: "Schiebt das Thema nicht wieder unter den Tisch!" Haak trieb ganz offenbar die Sorge um, dass die Kirche nach dem Jepsen-Rückzug zur Tagesordnung übergehen könnte. "Ich will alles wissen, was man noch wissen kann", sagte der Pastor bei jener Predigt. Er schrieb nieder, was er 1999 miterlebt hatte. Mit diesen Aufzeichnungen wollte er an die Öffentlichkeit gehen. Das rief die Kirchenleitung auf den Plan. Haak berichtete der Stormarn-Ausgabe des Abendblatts Ende Juli 2010: "Mein Dienstherr hat mir untersagt, mich in dieser Sache zu äußern. Ich laufe Gefahr, dienstrechtlichen Konsequenzen ausgesetzt zu sein, wenn ich dieser Weisung zuwiderhandle."

Die Kirchenleitung bestritt zunächst energisch, ein Redeverbot verhängt zu haben. Der Pressesprecher Thomas Kärst sagte seinerzeit: "Nein, es gibt keine Dienstanweisung." Es sei lediglich ein Gespräch geführt worden. "In diesem Gespräch wurde klargestellt, dass Inhalte aus seelsorgerischen Gesprächen der Verschwiegenheitspflicht unterliegen und dazu auch Interna aus dem Kirchenvorstand gehören", sagte Pressesprecher Kärst.

Doch diese "Klarstellung" erzielte aus Sicht der Kirchenleitung offenbar nicht die gewünschte Wirkung. Deshalb wurde Haak erst im August, dann erneut im September verboten, seine Darstellung der Ereignisse zu veröffentlichen. Elf Seiten brauchte die Kirchenleitung, um dieses Verbot auszusprechen und zu begründen.

+++ Kirche hat noch nicht verstanden +++

Am 14. Oktober 2010 erhob Haaks Anwalt Einar von Harten Klage vor dem Kirchengericht in Hamburg. Der Pastor selbst war zu diesem Zeitpunkt erkrankt. Es dauerte mehrere Wochen, bis er wieder genesen war. Unterkriegen ließ er sich deshalb nicht. Im Oktober 2011 bewarb er sich mit einem provozierenden Schreiben um den vakanten Posten des Propstes im Kirchenbezirk Rahlstedt-Ahrensburg. "Es hat den Anschein, als sorge man sich vor allem um das öffentliche Ansehen der Kirche, um die eigene Position, nicht aber um das Befinden der Opfer sexuellen Missbrauchs. Man hat Angst, Stellung zu beziehen, und verweigert sich, Vergangenes aufzuklären", formulierte Haak. Und weiter: "In der Krise reagiert unsere Kirche nicht lutherisch, sondern katholisch."

Die Kirche versuchte zunächst, eine Berichterstattung über Haaks Kandidatur zu verhindern. Das gelang nicht. Die Bewerbung des Schlosskirchenpastors hatte dennoch keine Chance. Der Wahlausschuss, der aus sieben Mitgliedern der Kirchenkreissynode besteht und die Bewerbungen zu begutachten hatte, entschied im Dezember, nur einen Kandidaten zu nominieren: Pastor Hans-Jürgen Buhl, der in der Kirchenkreisverwaltung arbeitet. Heute soll er gewählt werden.