Tausende Pendler sind fassungslos: Ahrensburg hat einen neuen Bahnhof, aber der darf nicht benutzt werden. Warum, weiß niemand so genau.
Ahrensburg. Ahrensburg hat einen neuen Bahnhof - er heißt Gartenholz und hat 8,2 Millionen Euro gekostet. Er hat Gleise, Bahnsteige, Treppen, eine Brücke, Anzeigentafeln, Automaten - eigentlich alles, was ein Bahnhof so braucht. Züge halten dort trotzdem nicht und ob dort jemals welche halten werden, steht in den Sternen. Die rund 10.000 Pendler, die im benachbarten Gewerbegebiet arbeiten, müssen weiterhin mit Auto oder Bus zur Arbeit fahren. Ursprünglich sollte die Haltestelle schon im Dezember 2009 zum Start des Winterfahrplans freigegeben werden, jetzt wird nicht einmal mehr über ein Termin für die Inbetriebnahme spekuliert.
Die Gründe für die Verzögerung sind umstritten: Es fehlen zum Beispiel immer noch EU-Zertifikate, woran die "Transeuropäische Eisenbahn-Interoperabilitätsverordnung" schuld sei, heißt es. Einige Strecken innerhalb der EU müssen nämlich einheitlichen Baustandards entsprechen und dazu zählt auch die Fernverbindung Hamburg-Kopenhagen - obwohl in Ahrensburg-Gartenholz nie Fernzüge halten sollen, sondern nur Regionalzüge. Und diese EU-Vorgaben sind kompliziert und schreiben so einiges vor. So muss der Hersteller der Bahnhofsschilder, der schon viele Jahre als Lieferant im Geschäft ist, jetzt belegen, dass die Schilder auch EU-gerecht zertifiziert sind. Außerdem muss die Beleuchtung auf dem Bahnhof sieben Tage lang getestet werden, und auch für die Leitsysteme für Blinde gibt es besondere Vorgaben. Selbst Farben und Kontraste an Kacheln seien zu zertifizieren. "Es geht hier um Verfahren, die noch nie durchgeführt wurden", sagt Wiebke Preckwinkel, die Projektbetreuerin der Landesweiten Verkehrs-Servicegesellschaft (LVS) Schleswig-Holstein.
Jetzt meldet sich das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) zu Wort. Das Amt gibt die Genehmigungen für die Inbetriebnahme von Bahnhöfen aus. Weil Ahrensburg-Gartenholz bislang keine solche Genehmigung erhielt, wurde die Behörde von der Stadt Ahrensburg scharf kritisiert. Laut EBA sei aber die Deutsche Bahn für das Debakel verantwortlich, heißt es in einer aktuellen Mitteilung.
Denn ob die EU-Vorschriften für den Bau des Bahnhofes überhaupt anzuwenden sind, sei fraglich. Die Deutsche Bahn hätte auch einen Ausnahmeantrag stellen können, so das EBA. Dies habe sie bei anderen Bahnhöfen schon oft getan.
Das Problem: Die Stadt Ahrensburg hat den 8,2 Millionen Euro teuren Bau des Bahnhofs im Juni 2009 von der Bahn AG übernommen.„Da die Stadt Ahrensburg erstmals eine solche Bahnanlage baut, fehlen verständlicherweise die notwendigen Kenntnisse. Aus Sicht der Behörde ist es die Aufgabe der DB Station & Service AG, die mit dem Bauvorhaben betraute Stadt Ahrensburg zu unterstützen. "Hier ist dringend Abhilfe geboten", sagt EBA-Sprecher Ralph Fischer: Die Deutsche Bahn war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Die Bahnhofposse wird mit Sicherheit nach Ostern fortgesetzt...