In zwei Tagen wird der Landtag gewählt - auch in Stormarn-Mitte. Was wollen die Bewerber? Wir haben nachgefragt.
Stormarn. Wie wollen Sie die hohen Landesschulden reduzieren?
Tobias Koch (CDU): Durch Ausgabenkürzungen und durch zusätzliche Steuereinnahmen aus stärkerem Wirtschaftswachstum. Wir wollen zehn Prozent der Stellen im Landesdienst abbauen, und auch an der Kürzung von Zuschüssen führt kein Weg vorbei. Neben Ausgabenkürzungen investieren wir in Bildung und Infrastruktur, um für Wirtschaftswachstum, Arbeitsplätze und damit für höhere Steuereinnahmen zu sorgen.
Tobias von Pein (SPD): In der Haushaltspolitik müssen Prioritäten gesetzt werden, vor allem im Bereich der Bildung, der Infrastruktur und der erneuerbaren Energien. Vieles andere wird auf den Prüfstand gestellt werden müssen. Zu beachten ist dabei: Wenn man an der falschen Stelle spart, verursacht man eventuelle soziale Folgekosten. Wir brauchen zudem auch Einnahmeverbesserungen und Strukturveränderungen, zum Beispiel im Bereich von Verwaltungsabläufen.
Jörg Hansen (Grüne): Das Land Schleswig-Holstein braucht mehr Steuereinnahmen, um Bildung, soziale Gerechtigkeit und Investitionen finanzieren zu können. Ich bin dafür, sich im Bundesrat für das Schließen von Steuerschlupflöchern und den Abbau ökologisch schädlicher Subventionen einzusetzen. Hohe Privatvermögen, Erbschaften und Spitzeneinkommen müssen sich stärker an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligen.
Rolf Finkbeiner (FDP): Bis zum Jahr 2020 geht es lediglich darum, schrittweise die jährliche Neuverschuldung auf Null zurückzuführen. Dazu bedarf es einer Fortsetzung der bisherigen Politik, wonach die jährliche Neuverschuldung nicht mehr zunimmt, sondern jährlich um circa 150 Millionen Euro abnimmt. Daneben müssen Einsparpotenziale unter dem Motto "Bürgerentlastung durch Staatsverschlankung" in den Verwaltungsapparaten gehoben werden.
Martin Jorek (Piraten): Wir wollen die Fraktionsfinanzierung begrenzen, das Rechnungswesen durch Einführung der Doppik reformieren, die Schuldenbremse durch einen Schuldenstopp ergänzen und durch eine verbesserte Steuerprüfung die Einnahmen erhöhen. Außerdem setzen wir uns dafür ein, dass in der kommenden Legislaturperiode im Landtag über die Einführung eines kommunalen Insolvenzrechts diskutiert wird.
Jannine Menger-Hamilton (Linke): Die von allen Parteien – außer von der Linken – beschlossene Schuldenbremse ist das Problem, nicht die Lösung. Mit Verweis auf die Schulden werden Kürzungen im sozialen Bereich begründet. Wir müssen die Einnahmeseite beispielsweise über eine Vermögenssteuer und die Finanztransaktionssteuer erhöhen, damit Geld da ist für das Blindengeld und die Frauenhäuser.
Wie wollen Sie die Schulen besser machen?
Tobias Koch (CDU): Zur Bekämpfung des Unterrichtsausfalls werden wir die Mittel des Vertretungsfonds verdoppeln. Zur Unterstützung der Lehrer beim Umgang mit der zunehmenden Zahl von verhaltensauffälligen Schülern verstärken wir den Einsatz von Schulsozialpädagogen an allen Schulen. Wir passen die Lehrerausbildung an die heutigen Schulformen an und sorgen für eine eigenständige Grundschullehrerausbildung.
Tobias von Pein (SPD): Eine gute Bildungspolitik schafft Chancengleichheit für alle Kinder. Das bedeutet, nicht nur die Schulen gut auszustatten, sondern auch Krippen und Kitas als frühe Bildungseinrichtungen zu begreifen und hier auch genügend Plätze zu schaffen. Eine gute Schule sollte dafür sorgen, dass jedem Kind ein qualifizierter Schulabschluss möglich ist. Die SPD will G-9-Bildungsgänge an Gemeinschaftsschulen und das Abitur nach acht Jahren an unseren Gymnasien.
Jörg Hansen (Grüne): Schwarz-Gelb will in den kommenden sechs Jahren mehr als 1000 Lehrerstellen einsparen. Zumindest bis 2015 wollen wir die Mittel für diese Stellen voll im Bildungssystem belassen. Ich denke, dass sich in den Schulen noch viel bewegen muss, möchte aber keine Schulreform von oben herab, sondern mit allen Beteiligten. Zur Qualitätsentwicklung unserer Schulen brauchen wir eine Stärkung der Lehrenden.
Rolf Finkbeiner (FDP): Durch finanziell vertretbare Verbesserungen auf der Grundlage der bestehender Grundstrukturen zum Beispiel im Lehrerbereich.
Martin Jorek (Piraten): Durch den Einsatz von freier Software und Lehrmitteln unter freien Lizenzen sowie durch eine freiwillige Ganztagesbetreuung der Schüler. Wir fordern die Einführung vollwertiger Schulspeisungen aus regionalem Anbau, barrierefreies Lernen, Angebote für Schüler mit Lernschwierigkeiten und Hochbegabtenförderung und vieles mehr. Der Bereich Bildung ist sehr umfangreich in unserem Programm.
Jannine Menger-Hamilton (Linke): Unsere Schulen haben die Aufgabe, alle jungen Menschen von heute auf die Probleme von morgen vorzubereiten, damit sie ihren Weg in einer demokratischen und solidarischen Gesellschaft selbstbestimmt gehen können. Daher dürfen wir nicht länger zulassen, dass Kinder frühzeitig aussortiert werden und ihnen somit Lebenschancen verbaut werden. Die einzige Lösung ist gemeinsames Lernen von frühestem Kindesalter an.
Welche drei Probleme Ihres Wahlkreises wollen Sie zuerst anpacken?
Tobias Koch (CDU): Für die nächsten beiden Jahre haben wir uns den Spielraum erarbeitet, um die Mittel für den Landesstraßenbau auf 14 Millionen Euro zu verdoppeln. Davon wird Lütjensee in Form einer Deckenerneuerung der Hamburger Straße profitieren. In Trittau wird die Rausdorfer Straße ausgebaut. In Ahrensburg geht es um eine Verkehrsentlastung der Stadtteile Hagen und Ahrensfelde durch eine südliche Umgehung.
Tobias von Pein (SPD): Der Dialog zwischen Politik und Bevölkerung muss offener und stetiger werden, deshalb sollte die Landespolitik vor Ort die Anregungen der Bürger aufnehmen. Diesen Dialog will ich als Abgeordneter ausbauen. Der zweite Punkt ist die Bildungspolitik und die Kinderbetreuung. Hier vor Ort müssen flächendeckend ausreichend Betreuungsplätze geschaffen werden, sowie die Schulen gut ausgestattet werden. Der dritte Punkt ist die Demokratieförderung auf Landesebene.
Jörg Hansen (Grüne): Ich werde mich dafür einsetzen, eine landesweite Sozialstaffel zu entwickeln, die jedem Kind den Zugang zu einer Kita ermöglicht. Ich will den Flächenverbrauch stoppen und den ÖPNV ausbauen. Zusammen mit Hamburg wird bereits der Ausbau zur S 4 mit zusätzlichen Gleisen vorbereitet. Mit verdichtetem Takt und neuen Haltestellen in Hamburg werden zahlreiche neue Fahrgäste gewonnen.
Rolf Finkbeiner (FDP): Alle Landtagsabgeordneten sind den Landesinteressen und damit allen Bürgern verpflichtet und nicht nur ihrem Wahlkreis oder denjenigen, von denen Sie gewählt wurden. Mit Blick auf eine "neue Ehrlichkeit" in der Politik möchte ich daher nicht den falschen Eindruck vermitteln, dass mit einer Wählerstimme der Anspruch auf eine konkretindividuelle Gegenleistung verbunden ist, die von einem einzelnen Abgeordneten ohnehin nicht erbracht werden könnte.
Martin Jorek (Piraten): Um der Polizei die Erfüllung ihrer Aufgaben in einem vernünftigen Maße zu ermöglichen, muss die materielle und personelle Ausstattung verbessert werden. Bildungseinrichtungen sollen Angebote zur Ganztagsbetreuung bereitstellen. Wir wollen mittelfristig eine unentgeltliche Nutzung des ÖPNV einführen. Dadurch könnte auch die Verkehrsbelastung gesenkt werden.
Jannine Menger-Hamilton (Linke): Für mich steht eine bewohnerfreundliche Gestaltung der Verkehrswege ganz vorne auf der Agenda. Wenn die Fehmarnbeltquerung fertig gestellt sein wird, wird es auch zu einem Anstieg der Verkehrsbelastung kommen. Hier muss früh agiert werden. Zudem muss der Tagestourismus aus Hamburg verstärkt gefördert werden. Dies geht aber nur, wenn drittens die Zuwendungen des Landes deutlich erhöht werden. Hierfür möchte ich mich auch einsetzen.
Wie sollen Hamburg und Schleswig-Holstein in der Metropolregion zusammenarbeiten?
Tobias Koch (CDU): Die Länder müssen nicht nur in der Metropolregion, sondern insgesamt viel stärker zusammenarbeiten. Angesichts ihrer finanziellen Situation müssen sämtliche Einsparpotenziale durch die Vermeidung von Doppelstrukturen genutzt werden. Der Zusammenarbeit sind keine Grenzen gesetzt: Oberste Gerichte, Förderbanken, Verwaltung von EU-Mitteln, Ausbildung von Verwaltungsmitarbeitern, Landesplanung.
Tobias von Pein (SPD): Als Bewohner des "Hamburger Rands" spielt Hamburg im Alltag für uns eine große Rolle. Deshalb ist es wichtig, dass Schleswig- Holstein und Hamburg auch in der Landespolitik vernünftig zusammenarbeiten. Deshalb bin ich für konkrete Kooperationen, zum Beispiel durch gemeinsame öffentliche Einrichtungen. Außerdem kann ein gemeinsamer parlamentarischer Ausschuss für die Zusammenarbeit beider Länder gewinnbringend sein.
Jörg Hansen (Grüne): Ein föderales Klein-Klein ist Politik von gestern. Die durch die Grünen initiierte Enquete-Kommission des Landtags hat eine Vielzahl von sinnvollen Kooperationsmöglichkeiten zwischen den norddeutschen Ländern aufgezeigt, zum Beispiel Verkehrsverbünde, eine Koordinierung der Justizpolitik, eine gemeinsame Landesplanung, einen gemeinsamen Rechnungshof, eine gemeinsame Klinikplanung.
Rolf Finkbeiner (FDP): Indem sie sich im Rahmen der vom Grundgesetz vorgesehenen Neugliederung der Bundesländer (Artikel 29 Grundgesetz) und im Rahmen des bis 2019 ohnehin neu zu verhandelnden Länderfinanzausgleichs zu einem Bundesland – am besten zu einem Küstenstaat mit beiden Elbufern – zusammenschließen. Professoren, Politiker und Unternehmer wissen längst, dass eine Fusion der Länder Einsparungen von bis zu 500 Millionen Euro bringen könnte.
Martin Jorek (Piraten): Da fallen mir spontan ein: Ein Gastschulabkommen, das keinen benachteiligt. Die jetzige Regelung belastet Städte und Gemeinden in Schleswig-Holstein. Ein vertraglich geregeltes Mitspracherecht Schleswig- Holsteins, um Einfluss auf die Flugbewegungen des Hamburger Flughafen nehmen zu können und die Lärmbelastung gerecht zu verteilen. Konkret hat die Piratenpartei S-H aber noch nichts dazu erarbeitet.
Jannine Menger-Hamilton (Linke): Zusammenarbeit kann und darf es nur auf Augenhöhe geben. Es kann nicht sein, dass sich Hamburg und Schleswig-Holstein in einen Unterbietungswettbewerb beispielsweise bei der Ansiedlung von Unternehmen begeben. Hier muss gemeinsam und solidarisch zum Wohle der Menschen agiert werden.