Ahrensburg. Ahrensburgs zweitgrößter Sportverein wird 75. Im Oktober 1952 trat die heute 76-Jährige ein und ist bist heute Mitglied.

Liselotte Junker hat die Szenerie noch genau vor Augen. „Ich, wie ich als Siebenjährige stolz beim Festumzug mitlaufe und als ,Große‘ ein jüngeres Mädchen an die Hand nehmen darf“, erinnert sich die Ahrensburgerin, während sie auf ein Schwarz-Weiß-Foto zeigt. 70 Jahre ist die Aufnahme mittlerweile alt. Und genauso lange ist Liselotte Junker schon Mitglied im SSC Hagen.

Am 1. Oktober 1952 ist die heute 76-Jährige eingetreten. Fünf Jahre zuvor, am 12. März 1947, war der Verein als „Spiel Sport Club Hagen Ahrensburg“ gegründet worden. In diesem Jahr feiert er sein 75-jähriges Bestehen. „Meine Geschwister waren schon dabei, und so haben meine Eltern mich dann auch angemeldet, als ich alt genug war“, erzählt Junker. Ohnehin sei damals eigentlich jeder in der Nachbarschaft Mitglied im SSC Hagen gewesen. „Es war kurz nach dem Krieg, wir hatten nicht viel“, sagt die Ahrensburgerin.

Die Geschichte des Vereins ist untrennbar mit jener der Siedlung verbunden

Die Festumzüge waren für Liselotte Junker (4. v. l.) als kleines Mädchen immer einer der Höhepunkte.
Die Festumzüge waren für Liselotte Junker (4. v. l.) als kleines Mädchen immer einer der Höhepunkte. © Unbekannt | Privat

Die Geschichte des Sportvereins ist untrennbar mit jener des südlichen Ahrensburger Stadtteils Am Hagen verknüpft. Seit 1935 lebten Junkers Eltern in der Siedlung, die 1933 errichtet worden war und bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs noch nach dem nationalsozialistischen Reichsarbeitsminister Franz-Seldte-Siedlung hieß. Die Familie Junker erwarb eines der neuen Häuser am Dänenweg und gehörte zu den ersten Bewohnern des neuen Quartiers. Liselotte Junker war die jüngste von sechs Geschwistern.

„Wir haben in einfachen Verhältnissen gelebt“, sagt sie. Fernsehen und Radio seien damals etwas für Reiche gewesen. „Unser Wasser haben wir die ersten Jahre noch von der Pumpe an der Straße geholt“, erinnert die 76-Jährige sich. Und so sei es wenig verwunderlich gewesen, dass der SSC von Beginn an eine zentrale Rolle im Leben der Siedler eingenommen habe.

Geturnt wurde zunächst auf dem Pausenhof der Grundschule

„Es hat sich jeder beteiligt“, sagt Junker, die noch heute mit ihrem Mann Lino in der Siedlung lebt, über die Anfangsjahre. „Ein bis zweimal in der Woche ging man nach der Schule zum Sportverein“, erzählt Junker. „Wir haben zu Beginn vor allem Ball- und Bewegungsspiele gemacht“, erinnert sich die 76-Jährige. Schon bald seien Turnen und Leichtathletik dazugekommen. Mangels einer eigenen Anlage wurde in den ersten Jahren auf dem Pausenhof der Grundschule Am Hagen geturnt.

1968: Liselotte Junker (vorn) ist mit ihrem Sohn Ole beim Mutter-Kind-Turnen auf dem Sportplatz dabei.
1968: Liselotte Junker (vorn) ist mit ihrem Sohn Ole beim Mutter-Kind-Turnen auf dem Sportplatz dabei. © HA | Filip Schwen

„Barren, Bock und Kästen wurden bei gutem Wetter aus der Turnhalle rausgeschoben“, erzählt Liselotte Junker. Gelaufen worden sei auf der Straße. „Damals waren das alles noch Sandwege. Autos gab es kaum“, sagt die Ahrensburgerin. Erst im September 1975, der Verein war inzwischen deutlich angewachsen, bekam der SSC Hagen sein eigenes Gelände an der Hagener Allee, wo der Verein bis heute residiert. Dort entstand zunächst eine Mehrzweckhalle.

Der Verein organisiert Sportfeste, Fest- und Laternenumzüge

„Ich kann mich noch genau erinnern, dass ich damals zur Einweihung ein Fußballspiel der Kinder gepfiffen habe“, sagt Liselotte Junker schmunzelnd. 1986 kam in direkter Nachbarschaft die Tennis-Anlage dazu. Höhepunkt des Vereinslebens und des Lebens in der Siedlung insgesamt seien immer die Sportfeste gewesen, sagt Junker.

„Die ganze Nachbarschaft kam dann auf dem Schulhof zusammen, und wir Kinder konnten zeigen, was wir geübt hatten.“ Auch zu anderen Anlässen habe der Sportverein Feierlichkeiten organisiert, etwa einmal im Jahr einen Laternenumzug und einen großen Festumzug zum Erntedank. „Dieses Gemeinschaftsgefühl war ganz zentral für die Entwicklung der Siedlung“, sagt Junker rückblickend.

In den 1970er-Jahren entdeckt Junker ihre Leidenschaft für Tischtennis

Als Jugendliche in den 1950er-Jahren engagiert sich Liselotte Junker als Helferin bei verschiedenen Veranstaltungen des Vereins. „Ich habe die Kleinen beaufsichtigt und war Punktrichterin bei den Sportfesten“, erzählt sie. „Ich bin im Verein groß geworden.“ Und auch als Erwachsene, als viele Klassenkameraden und ihre Geschwister Ahrensburg aus beruflichen Gründen oder der Liebe wegen den Rücken kehren, bleibt Junker dem SSC Hagen treu. Ab 1968 ist sie mit Sohn Ole beim Mutter-Kind-Turnen dabei.

Mitte der 1970er-Jahre: Liselotte Junker (2. v. l.) entdeckt ihre Leidenschaft für Tischtennis.
Mitte der 1970er-Jahre: Liselotte Junker (2. v. l.) entdeckt ihre Leidenschaft für Tischtennis. © HA | Filip Schwen

Mitte der 1970er-Jahre entdeckt Liselotte Junker dann ihre Leidenschaft für Tischtennis „Ich war immer ballaffin“, sagt Junker. Mehr als 25 Jahre steht sie an der Platte, ehe sie den Schläger in den 1990er-Jahren an den Nagel hängt. „Die Auswärtsspiele ließen sich einfach nicht mehr mit der Arbeit unter einen Hut bringen“, sagt die gelernte Einzelhandelskauffrau, die Ahrensburg als Angestellte beim Kaufhaus Nessler auch beruflich stets verhaftet geblieben ist.

Auch die nächste Generation bleibt dem SC Hagen treu

Die Folgejahre tritt Junker sportlich kürzer, Vereinsmitglied bleibt sie trotzdem. „Ich hatte ja nur positive Erinnerungen an den Verein, wieso hätte ich also austreten sollen?“, fragt sie. Doch die nächste Generation bleibt im Verein aktiv.

Sohn Ole kickt seit den 1970er-Jahren im Jugendbereich, macht Schiedsrichter- und Trainerschein. Später, von 2012 bis 2013, wird er den SSC Hagen als Erster Vorsitzender führen. 2004 dann, Liselotte Junker ist frisch im Ruhestand, folgt das sportliche Comeback. Gemeinsam mit ihrem Mann Lino wagt sich die Ahrensburgerin noch einmal an eine neue Sportart heran: Tennis.

Heute hat der SSC Hagen mehr als 1500 Mitglieder

Als Rentnerin versucht sich Liselotte Junker (2. v. l.) mit ihrem Ehemann  Lino auf dem Tennisplatz.
Als Rentnerin versucht sich Liselotte Junker (2. v. l.) mit ihrem Ehemann Lino auf dem Tennisplatz. © HA | Filip Schwen

„Ich bin ein Draußenmensch, wollte etwas an der frischen Luft machen“, erzählt sie. Mit 60 Jahren nimmt das Paar Tennisunterricht. Mehr als zehn Jahre stehen Liselotte und Lino Junker gemeinsam auf dem Platz. „Irgendwann machte mein Knie dann nicht mehr mit“, sagt die 76-Jährige. Und so beschränkt sich Junker inzwischen auf die Seniorengymnastik.

Der SSC Hagen hat sich derweil in all den Jahren stark gewandelt, vom Stadtteilverein zum zweitgrößten Sportverein Ahrensburgs. Mehr als 1500 Mitglieder zählt der SSC heute, verfügt mit Fußball, Volleyball, Turnen, Leichtathletik, Schwimmen, Tennis, Tischtennis, Tanzen und Sport für alle über neun Sparten und zieht auch über die Siedlung Am Hagen hinaus Sportbegeisterte an. Für Liselotte Junker bleibt der SSC Hagen vor allem eines: „Ein Stück Heimat“.