Die Hansestadt bemüht sich um ein Rekrutierungszentrum für Freiwillige. Konkurrenten sind Hamburg und Lüneburg
Stade. Das Kreiswehrersatzamt in Stade soll, wenn auch in veränderter Form, erhalten bleiben. Dafür kämpfen der FDP-Bundestagsabgeordnete Serkan Tören und auch Stades Bürgermeister Andreas Rieckhof. Ob es allerdings gelingen wird, den Standort zu erhalten, ist ungewiss. Denn mit der Bundeswehrreform soll die Zahl der Kreiswehrersatzämter reduziert werden.
Kreiswehrersatzämter werden in Rekrutierungsstellen umgewandelt
52 Kreiswehrersatzämter gibt es derzeit Deutschland. Mit der Aussetzung der Wehrpflicht werden die Kreiswehrersatzämter in Rekrutierungszentren für die zukünftige Freiwilligenarmee umgewandelt. Gleichzeitig wird die Zahl auf etwa die Hälfte reduziert. "Von den 52 Kreiswehrersatzzentren sollen laut dem Ministerium 19 oder 20 erhalten bleiben, um die Flächenversorgung sicherzustellen", sagt Marco Jentsch, Oberregierungsrat am Stader Kreiswehrersatzamt in der Albert-Schweitzer-Straße. Er hofft seit Monaten, dass seine Behörde bestehen bleibt. Doch es gibt Konkurrenten.
Hamburg, Lüneburg und Stade, das sind die drei Namen, die für Nordostniedersachsen in Berlin gehandelt werden. "Ich glaube, dass Stade insgesamt gute Karten hat", sagt Serkan Tören. Er ist derzeit unterwegs, um Kasernen und Kreiswehrersatzzentren zu besichtigen. Informationen vor Ort sammeln für die Reform, das ist nun seine Aufgabe, denn die Zeit drängt. "Wir müssen die Reform schnell voranbringen, sonst bekommen wir ein Nahwuchsproblem bei der Bundeswehr", sagt Tören.
Serkan Tören fürchtet, dass sich die Reform verzögert
Dass Karl-Theodor zu Guttenberg sein Amt als Verteidigungsminister aufgeben musste, bedauert Tören aus einem einfachen Grund - es könnte die Reform weiter verzögern und den ohnehin knappen Zeitrahmen noch enger machen. "Thomas de Maizière gab ja schon ein Signal, dass er sich erst einmal alles in Ruhe ansehen will. Dieses Signal finde ich gar nicht so gut, denn wir müssen jetzt schnell handeln", sagt Tören. Auch wegen der Auslandseinsätze der Armee. Die würden zeigen, dass Deutschland dringend ein modernes und professionell organisiertes Heer braucht, das den hohen Anforderungen heutiger Kriseneinsätze genügt.
Etwa ein Drittel der Soldaten der Bundeswehr waren bisher wehrpflichtig. Künftig, so schätzt Jentsch, werde die Armee bis zu 20 000 Bewerber pro Jahr brauchen, um altersbedingte und vertragsbedingte Austritte aus der Armee zu kompensieren. "Wenn wir bedenken, dass von drei Personen einer körperlich und psychisch für den Armeeeinsatz geeignet ist, dann brauchen wird dringend mehr Bewerber, wenn die Bundeswehr ihre Aufgaben erfüllen will", so Jentsch.
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Bundeswehr in großem Stil die Werbetrommel rühren muss, um Nachwuchs zu finden. "Der Stader Raum ist dafür nicht schlecht", sagt Rieckhof. Mit den ehemaligen Kasernen in Stade und Buxtehude und den Kasernen in Rothenburg und Seedorf sei eine regionale Verbundenheit mit der Bundeswehr vorhanden. Seedorf habe, so Tören, zudem eine besondere Bedeutung im Zusammenhang mit dem Afghanistan-Einsatz. Ein nicht unerheblicher Teil der Soldaten kommt von dort.
Außerdem sei der Stader Einzugsbereich stets ein gutes Reservoir für Rekruten gewesen. "Stade lag bei der Zahl der freiwilligen Bewerber für die Bundeswehr immer im oberen Drittel", sagt Jentsch. Das sei ein nicht unbedeutendes Argument im Konkurrenzkampf mit Lüneburg, denn dort sei die Zahl der Freiwilligen deutlich geringer.
"Natürlich kann Stade nicht alles bieten, was nötig ist, aber die Grundvoraussetzungen sind nicht schlecht", sagt Rieckhof. Und die Stadt werde unterstützende Leistungen erbringen, wenn diese nötig sein sollten. "Ich kann Stade keine Sicherheiten geben", sagt Tören. "Aber ich werde alles daran setzen, den Standort zu erhalten, auch wegen der Nähe zu Seedorf". In Berlin werde man das Stader Engagement wahrnehmen.
Dass es nicht leicht sein wird, künftig genügend Freiwillige für die Bundeswehr zu werben, weiß auch Tören. "Wir müssen den Beruf attraktiver machen. Finanzielle Fragen müssen dabei ebenso erörtert werden wie die Versorgung der Familien, etwa während Auslandseinsätzen", sagt der FDP-Politiker. Auch Studiums-Anreize und die Möglichkeit, Pkw- und Lkw-Führerscheine zu machen, müssten in Betracht gezogen werden. Die Bundeswehr müsse künftig aktiv auf die Menschen zugehen und für sich werben - auch bei Frauen, denn deren Anteil bei der Bundeswehr liege derzeit nur bei etwa zehn Prozent.
"Die Bewerberzahlen schnurren in allen Berufsbereichen zusammen, das wird auch die Bundeswehr bald spüren, wenn sie nicht bald viel offensiver um Freiwillige wirbt", sagt Andreas Rieckhof. Serkan Tören ergänzt: "Wenn wir also die Bundeswehr und den Standort Stade erhalten wollen, müssen wir schnell vorankommen." Er geht davon aus, dass die Reform bis zum Sommer geklärt ist - und damit auch die Zukunft des Kreiswehrersatzamtes.