In der Altenpflege herrscht bekanntermaßen Fachkräftemangel – dennoch werden Interessenten häufig Steine in den Weg gelegt.
Lüneburg/Winsen/Stade. Der Fachkräftemangel in der Altenpflege ist groß und wird überall laut beklagt. Der Deutsche Pflegeverband macht dafür unter anderem das miserable Berufsimage, die immense psychische und körperliche Belastung in der Altenpflege und die dazu in keinem Verhältnis stehende schlechte Bezahlung der Altenpfleger verantwortlich. "Es besteht geradezu eine Flucht aus diesem Beruf. Wer kann, geht und orientiert sich beruflich um. Und Nachwuchs gibt es kaum.
Gerade jungen Menschen ist es kaum noch vermittelbar, dass dieser Beruf eine Zukunft bietet", sagt Burkhard Zieger, Sprecher des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe, Regionalverband Nordwest. Um so wichtiger, so Zieger, dass alles dafür getan werde, Menschen, die sich für den Pflegeberuf entscheiden und eine Ausbildung oder Umschulung in diesem Bereich machen wollten, zu unterstützen, "und ihnen keine Steine in den Weg zu legen", so Zieger weiter.
Im ehemaligen Regierungsbezirk Lüneburg werden Arbeitslose, die sich zum Altenpfleger umschulen lassen wollen, unterschiedlich viele Steine in den Weg gelegt. Während in den beiden Landkreisen Harburg und Lüneburg die zuständigen Mitarbeiter in der Agentur für Arbeit nach Wegen suchen, Werbung für eine Ausbildung oder Umschulung insbesondere bei älteren Arbeitssuchenden zu machen und für dieses Jahr beispielsweise gemeinsam mit den Berufsbildenden Schulen in Winsen Aktionen planen, muss sich, wer im Landkreis Stade eine Umschulung zum Altenpfleger machen will, generell einem etwa fünfstündigen psychologischen Test unterziehen, selbst wenn die zu Schulenden seit Jahren in der Altenpflege als Helfer oder Helferin arbeitet.
In diesem psychologischen Test wird unter anderem geprüft, ob die Eignung für die Arbeit in der Pflege vorhanden ist, wie in Stresssituationen reagiert wird, wie mit den Themen Tod und Krankheit umgegangen, aber auch wie mit der eigenen Gesundheit umgegangen wird. Geprüft werden auch Sprach- und Mathematik-Verständnis. Wer sich diesem Test nicht unterziehen will, muss mit Sanktionen seitens der Agentur für Arbeit rechnen. In den Landkreisen Harburg und Lüneburg müssen sich Interessenten für die Umschulung nicht generell einem solchen Test unterziehen. "Wer sowieso schon aus dem Bereich der Pflege kommt, und dort womöglich schon seit Jahren arbeitet, weiß in der Regel, wie körperlich und psychisch anstrengend dieser Beruf ist. Das müssen wir nicht auch noch testen", sagt Susanne Serbest, Sprecherin der Arbeitsagentur Lüneburg, zuständig auch für den Bereich Landkreis Harburg. Die Zahlen belegen, wie sich die unterschiedlichen Hürden, die jemand, der sich für eine dreijährige Ausbildung zum Altenpfleger/in entscheidet, bewältigen muss. Im Landkreis Stade, hier waren im Februar 7129 Menschen ohne Arbeit gemeldet, machen 14 Personen die von der Agentur geförderte Umschulung.
In den beiden Landkreisen Harburg (7032 ohne Arbeit) und Lüneburg (6235) werden 53 angehende Altenpfleger mit Mitteln der Agentur für Arbeit ausgebildet. "Und wir könnten weitere Umschüler unterstützen, die Mittel und der Bedarf sind vorhanden", so Serbest. Wer im Lüneburger Agenturbezirk eine Umschulung zur Altenpflegerin machen will, ohne vorherige Erfahrung im Pflegebereich, kann ein Praktikum in einer Senioreneinrichtung machen, dann gibt die Heimleitung eine Beurteilung über die Eignung den Praktikanten ab. Ein psychologischen Test sei nur dann angezeigt, so Serbest, wenn der betreuende Arbeitsvermittler "das Gefühl hat, der Kunde könnte eben nicht für diese Umschulung geeignet sein".
30 000 bis 40 000 Euro bezahlen die Agenturen für die Ausbildung eines Umschülers. In den Landkreisen Harburg und Lüneburg liegt die Abbrecherquote bei etwa zehn Prozent. Im Landkreis Stade sogar darunter.
Dagmar Froelich, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Stade: "Wir haben uns entschieden, für die Umschulung in der examinierten Altenpflege grundsätzlich die Eignung für den Beruf über einen Test bei unserem Psychologischen Dienst zu klären. Es handelt sich um eine lange und anspruchsvolle Ausbildung, die letztendlich auch teuer ist. Durch die Eignungsuntersuchung erhalten alle Beteiligten Sicherheit. Die Agentur und der Kunde hinsichtlich der Eignung und einen erfolgreichen Abschluss der Umschulung." Von Menschen, die diese Umschulung machen wollen, wird dieser Test unter Umständen allerdings als Abschreckung empfunden. Seit vielen Jahren fordern Pflegeverbände die Einrichtung einer Pflegekammer, die einheitliche Zugangsberechtigungen und Anforderungen an die angehenden Altenpfleger erarbeitet. Zieger: "Dieses Instrument ist wichtig, um eben eine Ungleichbehandlung von den Menschen, die in die Altenpflege wollen, abzuschaffen. Denn für jemanden, der sich zu dieser Ausbildung entschließt, noch dazu aus dem Bereich kommt und sehr wohl weiß, worauf er sich bei der anspruchsvollen Ausbildung über drei Jahre einlässt, ist es nicht zumutbar, ihn einem solchen psychologischen Test zu unterziehen."