Die Hedendorfer Initiative gegen eine Hähnchenmastanlage befürchtet Gestank und Dreck. EU-Parlamentarier erklärt heute Gesetzeslage.
Buxtehude-Hedendorf. Ammoniakgeruch und Feinstaubbelastung durch Geflügelanlagen "stinken" vielen Menschen. In der Ställen werden Tausende Tiere gemästet, bis sie nach etwa 35 Tagen schlachtreif sind. Auch in Hedendorf sorgt die Massentierhaltung in zwei Ställen mit je 40.000 Masthähnchen und eine weitere geplante Mastanlage für etwa 80.000 Tiere für kontroverse Diskussionen. Dass der Landwirt Diedrich Dammann wenige Hundert Meter südöstlich des 1700 Einwohner zählenden Ortes rund 160.000 Hähnchen mästen will, spaltet die Gemeinde in Befürworter und Gegner.
Die Bürgerinitiative (BI) Hedendorf und Umgebung e.V., wie die ehemalige "BI gegen Hähnchenmast" seit Jahresbeginn heißt, will dazu heute Abend Tacheles reden und alle Argumente diskutieren. Dazu haben sie den Europa-Abgeordneten Matthias Groote (SPD) und alle interessierten Bürger für 19 Uhr in den Klosterkrug, Cuxhavener Straße 147, eingeladen. Matthias Groote ist Mitglied des Europa-Parlamentes und Vorsitzender im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI). Er wird über Menschen- und Tierschutz sprechen.
In seinen Ausführungen wird es unter anderem um gesunde Atemluft und Filteranlagen bei Massentierhaltung gehen. Groote wird den Zusammenhang zwischen gesunden Böden und fachgerechter Entsorgung von Dung und Gülle erläutern und über artgerechte Tierhaltung sprechen. Ebenso soll der Schutz der Umwelt unter dem Aspekt krankmachender multiresistenter Keime beleuchtet werden.
"Das sind wichtige Themen, zu denen wir mehr über die gesetzlichen Vorgaben wissen möchten", sagt Bernd Prang, Vorsitzender der Bürgerinitiative Hedendorf und Umgebung, der auch als SPD-Fraktionschef im Hedendorfer Ortsrat aktiv ist. "160.000 Hähnchen werden unsere Luft verpesten und die Lebensqualität in Hedendorf beeinträchtigen. Deshalb wäre es am Besten, die neue Anlage würde gar nicht erst genehmigt werden."
Von der EU höre man, dass die Massentierhaltung erhöhte Werte von Ammoniakgas verursache und dass etwas dagegen geschehen müsse, sagt Prang. Vom Landwirtschaftsministerium Hannover gibt es zwar eine Empfehlung, Filter einzubauen, aber im Landkreis Stade seien sie bislang nicht vorgeschrieben. Darin sehen etwa 60 Hedendorfer Bürger ein Problem. "Solange Landwirte dazu nicht verpflichtet sind, werden sie freiwillig keine Filteranlagen einbauen", sagt Prang, der als Dozent für Arbeits- und Gesundheitsschutz arbeitet. Nach seinen Schätzungen können Filtersysteme bis zu 40.000 Euro kosten, viel Geld für einen landwirtschaftlichen Betrieb. Hinzu komme eine aufwendige Wartung.
Dennoch hoffen die Mitglieder der BI, Landwirt Dammann zu überzeugen, Filter in seine bestehenden Mastanlagen einzubauen, damit die Gesundheitsgefahr für die Bevölkerung möglichst gering bleibt. Etliche Anwohner beklagen, dass sie selbst im Sommer oft ihre Fenster nicht öffnen könnten, weil unerträglicher Ammoniakgestank von den Ställen in die Wohnräume wehe.
Paradox nennen sie es, dass es innerhalb Niedersachsens unterschiedliche Regelungen zum Einsatz von Filteranlagen an Großställen gibt. Laut Prang gibt es in anderen Landkreisen sehr wohl eine Filterpflicht, und deshalb wolle die BI dafür kämpfen, dass die unterschiedliche Auslegung des Bundesimmissionsschutzgesetztes endlich beendet werde. "Wenn es Umweltverträglichkeitsprüfungen für Biotope gibt, muss es diese doch auch für die betroffenen Menschen geben", sagt Prang. Mitglieder der Bürgerinitiative waren deshalb im vergangenen Sommer im Bundestag, um mit den Abgeordneten der Ausschüsse für Agrar-, Umwelt- und Naturschutz zu sprechen. Dabei warben sie bei den Politikern für mögliche Änderungen an den Bau- und Immissionsschutzgesetzen sowie an den Umweltverträglichkeitsprüfungen. Auch wohin der Hühnermist gebracht werden soll, will die BI geklärt wissen, bevor der Mastgeflügelbestand in Hedendorf verdoppelt wird.
Als Genehmigungsbehörde für die Mastanlagen in Hedendorf ist der Landkreis Stade zuständig. Dort läuft seit vergangenem Herbst das Genehmigungsverfahren für den geplanten Hähnchenstall. Wie der zuständige Kreisbaurat Hans-Hermann Bode sagt, müssen noch offene Fachfragen geprüft werden, ebenso ein neues Gutachten zur Stickstoffbelastung der Umwelt. "Erst dann kann über eine Genehmigung entschieden werden."
Für Landwirt Diedrich Dammann ist die Lage derzeit sehr angespannt. Denn die neue Masthalle ist so gut wie fertig. Rund 1,3 Millionen Euro hat der Familienbetrieb, der seit Generationen in Hedendorf Ackerwirtschaft und Viehzucht betreibt, dafür investiert. "Das ist momentan für uns eine große Belastung. Aber ich bin zuversichtlich, dass es am Ende eine Genehmigung geben wird", sagt Dammann, der in der Hähnchenmast eine wichtige Existenzgrundlage sieht.
Etwa 800 Meter sei die nächste Siedlung von seinen Ställen entfernt, die Geruchsbelästigung könne nur auftreten, wenn der Mist aufs Feld gebracht werde, sagt Dammann. "Wir bemühen uns, die Belastungen so gering wie möglich zu halten, achten beim Mistfahren auf die Windrichtung und pflügen den Mist sofort unter."