Selbst das Gewerbegebiet Wiepenkathen ist nicht komplett versorgt. Abhilfe könnte der neue Mobilfunkstandard LTE schaffen.
Stade. Eine flächendeckende Versorgung mit leistungsfähigen DSL-Anschlüssen bis Ende 2010 hat die Bundesregierung in ihrer "Breitbandinitiative" versprochen. Doch Berlin ist weit weg und das Kabelnetz in Stade auch nicht mit dem der Bundeshauptstadt zu vergleichen. Eisenwarenhändler Ralf Trabandt aus Stade hat seine Erfahrungen gemacht. "Wir haben vier Standorte und betreiben ein Warenwirtschaftssystem, auf das alle Filialen zugreifen. Von Wiepenkathen aus aber haben wir damit größte Schwierigkeiten." Weder die Deutsche Telekom noch die Konkurrenten von EWE-Tel konnten dem Unternehmer eine stabile DSL-Anbindung mit wenigstens 2000 Kilobit pro Sekunde anbieten. Zum Vergleich: In gut ausgebauten Städten sind mit dem besonders schnellen VDSL 50 000 Kilobit pro Sekunde möglich.
Der Grund für die langsame und störanfällige Netzanbindung sind alte Leitungen, die mit jedem neuen Anschluss noch langsamer werden. Neue Leitungen aber sind teuer. Rund 50 000 Euro kostet ein Kilometer verlegtes Glasfaserkabel. "Natürlich wird bei uns jede Baumaßnahme einer Wirtschaftlichkeitsprüfung unterzogen", sagt Telekom-Pressesprecher Lorenz Steinke. Bei nur wenigen Nutzern in einem Industriegebiet sei die aber kaum gegeben. Diese Argumentation bringt Ralf Trabandt auf die Palme bringt: "DSL gehört doch heute zur Grundversorgung. In einem Gewerbegebiet muss so etwas verfügbar sein." Der Netzausbau sei eine Infrastrukturmaßnahme wie einst der Ausbau des Stromnetzes. Trabandt sieht in dem fehlenden Wettbewerb einen großen Nachteil, denn das vorhandene Kabelnetz gehört der Telekom, auch Anbieter müssen für ihre Kunden also darauf zurückgreifen.
Ins gleiche Horn stößt Rainer Dubbels, der ebenfalls an der Straße "Ohle Ring" in Wiepenkathen sitzt und eine Maschinenbaufirma betreibt. Er fühlt sich von der Politik im Stich gelassen. "Um uns hier kümmert sich keiner, außer wenn es um die pünktliche Abgabe der Gewerbesteuer geht." Dubbels hat größte Schwierigkeiten im Tagesgeschäft, denn das Übertragen von Konstruktionszeichnungen dauere manchmal Stunden.
Kurzfristige Abhilfe, etwa mit Fördergeld aus Hannover, wird es nicht geben, denn die Stadt Stade hat sich mangels Mitstreitern nicht an dem Wettbewerb "Mehr Breitband fürs Land" beteiligt. Der Landkreis Stade war aktiver: Acht Gemeinden konnten sich im ersten Anlauf einen Zuschuss von mehr als 800 000 Euro sichern.
Laut der Telekom liegt die Verfügbarkeit von DSL 2000 in Stade bei 90 Prozent, DSL 6000 hingegen sei nur noch in 52 Prozent der Haushalte verfügbar. In der Realität sieht es schlechter aus, wie auch das Beispiel von Familie Kühl aus Ottenbeck zeigt. Bestellt haben sie bei der Deutschen Telekom einen 6000er-Anschluss, die tatsächlich gemessene Bandbreite liegt unter 1000 Kilobit. "Manchmal warte ich Ewigkeiten, bis sich eine Seite aufgebaut hat", sagt Ewa Kühl, die im Internet gern auf Modeseiten herumstöbert.
Besserung könnte es geben, wenn Vodafone seine Pläne umsetzt: Das Unternehmen möchte ein eigenes Glasfasernetz aufbauen, mit dem Übertragungsraten bis zu einem Gigabit, also ganze 1000 Megabit pro Sekunde möglich sind. Ob und wann jedoch die dünner besiedelten ländlichen Gemeinden versorgt werden, steht in den Sternen.
Immer mehr Zuspruch erfährt die neue, drahtlose Übertragungstechnik LTE (Long Term Evolution), für die auch frei gewordenen Fernsehfrequenzen genutzt werden. Mit ihr könnten auch kurzfristig ländliche Regionen ohne Kabelanbindung ans Netz gebracht werden, und das mit Übertragungsraten von bis zu 250 Megabit pro Sekunde. Derzeit laufen entsprechende Feldversuche in mehreren deutschen Städten. Die Frequenzen für LTE werden im zweiten Halbjahr durch die Bundesnetzagentur versteigert.
Ralf Trabandt hat sich zwischenzeitlich selbst geholfen. Er geht in Wiepenkathen jetzt über das Fernsehkabel ins Internet. "Die schafft zwar auch nur 2000 Kilobit, aber sie ist stabil und damit kann ich arbeiten." Nachbar Rainer Dubbels ist ebenfalls zu Kabel Deutschland gewechselt.