Westerland. Am Sylter Flughafen lagern in einem alten Hangar Technik und Material zum Einsatz bei Sturmfluten, Großbränden oder einem Zugunglück.

Auf den ersten Blick wirkt sie wie eine halbvoll gestellte Lagerhalle. Aber die Halle 28 am Sylter Flughafengelände, ein ehemaliger Hangar der Bundeswehr, ist das Herzstück der Katastrophenvorsorge der Insel. Ob Sturmflut, Hotelbrand, Wasserrettung oder Zugunglück: In der Halle findet sich die passende Ausrüstung.

Der Ortsverband Sylt des Deutschen Roten Kreuz (DRK) führt in der Halle Regie und arbeitet dabei mit den Freiwilligen Feuerwehren der Gemeinden zusammen. "Wir haben 65 Ehrenamtliche, die hier regelmäßig zur Verfügung stehen", sagt dessen Vorsitzender Karl-Heinz Kroll. Seit 2006 die Bundeswehr aus der Halle auszog, hatte das DRK damit geliebäugelt, hier sämtliches Katastrophenschutzmaterial zentral einzulagern. 2016 fiel dann die endgültige Entscheidung, die 1936-38 erbaute Halle zu erhalten und sie für diesen Zweck zu nutzen.

Sylt: Rettungskisten für Zugunglück auf dem Hiindenburgdamm

Kroll steht vor dem Regal mit den Rettungskisten für Verletzte durch ein Zugunglück auf dem Hindenburgdamm. Die Alukisten mit medizinischer Ausstattung passen gerade durch eine Bahntür. Sie enthalten all das, was auch in einem Rettungswagen vorhanden ist. "Im Ernstfall würden wir mit einem Regionalexpress bis zur Unglücksstelle gebracht, um die Menschen zu versorgen", so Kroll.

Ein Regalgang weiter lagert unter grauen Planen 220 Tonnen Sand, Material für 10.000 Säcke. Wenn Überschwemmungen drohen, geht eine Sandsackfüllmaschine in Betrieb. Sie kann bis zu 4000 Säcke pro Stunde füllen. In dem Regal über dem Sand lagern rund 500 Holzpfähle. Mit ihnen können Schwachstellen an Deichen gesichert werden, indem zwischen den Pfählen Geäst eingeflochten wird. Und im obersten Regal liegen Rollen mit Vlies, mit dem Deichoberflächen stabilisiert werden können.

Auf der anderen Hallenseite stehen die Fahrzeuge. Und ein großes Schlauchboot mit dem Namen "Carmen K.". Es wurde nach der Wasserwacht-Mitarbeiterin Carmen Kloth benannt, die sich seit 40 Jahren beim DRK engagiert. "Unser Team besteht aus 20 Leuten", sagt Kloth, "15 von ihnen sind immer aktiv." Vor allem im Sommer, wenn Badegäste in Not geraten.

Sylter Wasserretter kommen per Jetski

Sehr schnell können dann die Wasserretter mit zwei Jetskis am Strand sein. Die beiden Wasserscooter sind in der Rettungswache Westerland untergebracht. "Wenn es länger dauert, kommt unser Schlachtschiff zum Einsatz", sagt Kloth und meint damit das Festrumpfschlauchboot. Zu mehr als 90 Prozent gehe es um Personensuche und -rettung. Ab und an wird auch mal ein Hund, der einer Möwe hinterhergejagt und zu weit ins Meer hinaus geschwommen ist, aus den Wellen gefischt. Oder es werden Gegenstände geborgen.

Im Fall eines Hotelbrands oder Hochwassers, bei dem plötzlich viele Menschen in Notunterkünften versorgt werden müssen, kann die Halle 28 zur Zwischenstation werden. Bis zu 100 Menschen können dort einige Tage lang wohnen, sagt Kroll und zeigt auf zwei Galerien in den oberen Etagen an den Stirnseiten der rund 2300 Quadratmeter großen Halle: "Hier stehen für 35 bis 50 Personen Betten bereit, frisch bezogen und mit Seife und Zahnpasta versehen."

Punks: Polizisten mit 1800 Mahlzeiten versorgt

Weitere Menschen können notfalls in provisorischen Zelten in der Halle schlafen. Bekocht werden sie von einer Großküche. Die hatte im Sommer 2022 ihre Bewährungsprobe. Kroll: "Wir haben hier Polizisten mit 1800 Mahlzeiten versorgt, weil die Gastronomie das nicht leisten konnte." Die Ordnungshüter waren auf die Insel gekommen, um Sylt im Umgang mit den massenhaft angereisten Punks zu helfen.

Die Großküche entstand aus Spenden von Syltern. "Wenn irgendwo etwas ersetzt oder ein Haus abgerissen wird, dann sagen uns die Leute Bescheid", sagt der DRK-Chef. "Wir dürfen uns das Material dann ausbauen." So kam der Waschraum eines Schlaftrakts zu goldfarbenen Wasserhähnen.

Sylt: Notunterbringung mit goldenen Wasserhähnen

In der Wäschekammer lagert Bettwäsche für 3000 Menschen. Es gibt ein Arztzimmer und ein Hallenbüro, einen Technikraum mit Notstromaggregat, einen Schulungsraum für Erste-Hilfe-Kurse (140 waren es in 2022) und mehrere Gruppenräume. Einer gehört der DRK-Rettungshundestaffel, der zur Personensuche insgesamt zwölf ausgebildete Spürnasen zur Verfügung stehen. Unterstützt werden die Vierbeiner durch zwei Drohnen mit Wärmebildkameras.

750.000 Euro hat das DRK Sylt in die Halle investiert, um sie für den Katastrophenschutz herzurichten. Die Kosten werden von der Eigentümerin, der Flughafen GmbH, 35 Jahre lang als Miete gegengerechnet. Jährlich 180.000 bis 200.000 Euro kostet der Unterhalt der Halle. "Das Geld müssen wir allein aufbringen, wir werden weder vom Land, vom Kreis noch von den Gemeinden unterstützt", sagt Karl-Heinz Kroll.