Westerland. Nach zwei Jahren Corona-Pause fanden sich am zweiten Weihnachtstag mehr als 100 Badewillige am Strand von Westerland ein.
Es weht ein rauer Wind an diesem zweiten Weihnachtstag auf Sylt. Man muss schon standhaft sein, um nicht bereits auf dem Weg zur Promenade weggeweht zu werden. Die Wellen schlagen hoch und das drei Grad kalte Wasser sucht sich allmählich seinen Weg immer höher in Richtung Promenade.
Eigentlich perfekt, um sich Weihnachtsfilme anzuschauen und auf der Couch zu liegen. Doch nicht in Westerland: Hier tummelten sich gegen 14:30 Uhr knapp 5000 Besucherinnen und Besucher dicht an dicht auf Höhe der Musikmuschel, um sich erstmals seit 2020 wieder anzuschauen, wie sich Wagemutige in die Wellen wagen.
Sylt – Weihnachtsbaden mit 75 Jahren: "Tut gut und bringt Spaß"
"Es tut einfach gut und bringt Spaß", sagt die Sylterin Rosemarie Schütte, die in diesem Jahr das erste Mal alleine mitmacht. Sonst, so die 75-Jährige, schwimme sie immer zusammen mit ihrer Nachbarin mit. Da diese mittlerweile jedoch 85 Jahre alt ist, sei das in diesem Jahr zu gefährlich. "Es ist zwar schade, aber das lasse ich mir nicht entgehen", so Schütt und lacht.
Auch Lasse Fuhlendorf und Martin Ferchen sind in diesem Jahr wieder dabei. Kurz bevor es losgeht, wärmen die beiden Sylter sich noch im Umkleideraum auf. Fuhlendorf ist sich nicht sicher, ob es bereits das zehnte oder elfte Mal ist, dass die beiden sich am zweiten Weihnachtstag ins kühle Nass wagen.
"Normalerweise sind wir immer mit der ganzen Fußballmannschaft im Trikot ins Wasser", so Fuhlendorf. Dieses Jahr aber sind der 29-Jährige und sein langjähriger Kindheitsfreund Ferchen die einzigen aus ihrer Clique. "Das macht aber nichts. Am Rand wartet meine gesamte Familie. Eltern, Tante, Nichte - es sind alle dabei und feuern an."
Weihnachtsbaden: Ob im Adams- oder im Weihnachtsmannkostüm
Als es um 14:30 Uhr endlich so weit ist, stürmen die Badewilligen die Treppe zum Strand herunter und rennen ins Meer. Ob im Weihnachtsmannkostüm, nackt oder wie Fuhlendorf und Ferchen in bunten Klamotten: Die meisten sind nach ein paar Sekunden wieder zurück. "Einmal hatten wir hier einen Kampfschwimmer, der 30 Minuten ausgehalten hat. Länger hat es aber ehrlich gesagt noch niemand ausgehalten", sagt Veranstalter Jörg Elias von der Insel Sylt Tourismus-Service GmbH. Damit aber trotz aller Freiheit Sicherheit gewährt werden kann, begleiten sowohl die Feuerwehr, das Deutsche Rote Kreuz als auch die Wasserwacht das Kult-Event.
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"Es kribbelt jetzt alles", sagt Ferchen, der mit rosiger Haut aus dem Wasser kommt. "Wir holen uns jetzt erst einmal warme Bademäntel und dann gibt es Glühwein", so Fuhlendorf. Musikalisch begleitet wurden die Schwimmer bei ihrem Rückgang in die Umkleidekabine vom Sylter Shanty-Chor. Auf die Frage, wie sich Fuhlendorf fühlt, grinst der Sylter und schüttelt mit dem Kopf: "Viele Emotionen und Gänsehaut."