Westerland. Die Betroffenen, deren Verträge nicht verlängert werden, sprechen von Rechtsbruch und warten auf eine Antwort der Gemeinde Sylt.
Eine Woche ist es her, dass das Aus für die Dauercamper in Westerland bundesweit Aufmerksamkeit erregte. Der Insel Sylt Tourismus Service (ISTS) hatte 35 Saisongästen, die mitunter schon seit Jahrzehnten jährlich Urlaub auf der Nordseeinsel machen, mitgeteilt, dass ihre Verträge nach dem Ende der Campingsaison (April bis Oktober) nicht verlängert werden können. Stattdessen sollen auf den Stellplätzen in Zukunft neue Plätze für Durchgangscamper auf Sylt entstehen. Also Urlauber, die nur tages- oder wochenweise die Plätze buchen. Zum Vergleich: Das wäre so, als würden in Fußballstadien die Dauerkarten wegfallen.
Campingplatz in Westerland auf Sylt soll modernisiert werden
Der ISTS hatte die Entscheidung wie folgt begründet: „Im Rahmen der notwendigen Renovierungsarbeiten auf dem Campingplatz Westerland, in Kombination mit der stetig wachsenden Nachfrage an Durchgangsplätzen, sehen wir uns gezwungen, ab 2023 einen Teil der bisherigen Saisonplätze zukünftig nur noch für Buchungen von Durchgangsgästen anzubieten“. Dafür soll der teilweise marode Campingplatz modernisiert werden.
Die Dauercamper wollen sich mit der Mitteilung des ISTS und den Begründungen von dessen Geschäftsführer Peter Douven nicht abfinden. Am Montag haben sie bereits den zweiten Brief innerhalb weniger Tage an den Bürgermeister der Gemeinde Sylt, Nikolas Häckel, geschickt. Bereits am vergangenen Donnerstag schrieben die Dauercamper an die Gemeinde Sylt und warfen dem ISTS Rechtsbruch gegen den aktuellen Bebauungsplan vor. Demnach können auf dem Campingplatz Sylt nicht mehr als 200 Gäste gleichzeitig wohnen. Das würde aus dem aktuellen Bebauungsplan hervorgehen, der am 16. Dezember 2021 in Kraft getreten war.
Dauercamper werfen der Gemeinde Sylt und dem ISTS Rechtsbruch vor
Laut der Dauercamper habe die Gemeinde Sylt im Mai dieses Jahres ein Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans in Gang gesetzt mit dem Ziel, künftig mehr als 200 Plätze für Durchgangstouristen anbieten zu können. Bis zu einer Änderung könnten aber Monate vergehen. Bis dahin sei eine Erhöhung der Touristenplätze nicht erlaubt. „Die angekündigten Maßnahmen der ISTS würden somit gegen geltendes Recht verstoßen“, heißt es in dem Schreiben der Dauercamper. In der Begründung des ISTS hatte dieser angekündigt, die Zahl der Touristenplätze künftig erhöhen zu wollen.
Am Montag schickte die Gruppe nun einen weiteren Brief an den Bürgermeister. Darin macht sie deutlich, dass eine Veränderung des Betriebskonzeptes zudem keine finanziellen Vorteile für die Gemeinde Sylt bringen würde. „Finanzielle, betriebswirtschaftliche oder andere Vorteile für den Campingplatz und somit auch für die Gemeinde Sylt erkennen wir nicht – im Gegenteil, eine Reduzierung von Dauerstandplätzen würde deutliche Nachteile mit sich bringen.“
Dauercamper auf Sylt: Durchgangstouristen bringen keinen finanziellen Vorteil
Die Dauercamper argumentieren, dass bei einer lückenlosen Auslastung von Durchgangscampern zwar rund 5600 Euro anstelle von 2900 Euro pro Stellplatz pro Saison eingenommen werden könnten. „Aber eine solch vollständige und lückenlose Belegung über die gesamte Saison ist völlig unrealistisch. Ein Vergleich auf dieser Basis wäre somit irreführend und falsch“, schreibt die Gruppe an den Bürgermeister und argumentiert, dass die bestehenden Durchgangsplätze in den Monaten April, Mai, Juni, September und Oktober nie ausgebucht seien. „Wenn schon die jetzt vorhandenen Plätze in diesen Monaten nicht ausgelastet sind, wären zusätzlich geschaffene Plätze erst recht nicht ausgelastet.“
Zudem könnten bestimmte Ereignisse wie etwa die Corona-Pandemie immer auch zu unerwarteten Umsatzeinbußen führen. „Eine Vermietung als Durchgangsplatz ist mit einigen unvorhersehbaren und unkalkulierbaren Risiken verbunden. Dies ist betriebswirtschaftlich von Nachteil. Bei einer Vermietung als Dauerstandplatz hingegen entfallen diese Risiken und dieser Nachteil vollständig. Im Gegenteil, es kann mit sicheren Einnahmen geplant werden“, schreiben die Dauercamper. Weitere Nachteile seien der höhere administrative Aufwand, eine erhöhte CO2-Emission durch vermehrten Fahrzeugwechsel.
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Dass der ISTS seine Entscheidung aufgrund dieser Argumente noch einmal überdenkt, gilt aber als ausgeschlossen. Die Gemeinde Sylt um Bürgermeister Häckel ließ die Briefe der Dauercamper bislang unbeantwortet. Der ISTS wollte sich auf Abendblatt-Anfrage zuletzt nicht weiter zu seiner Entscheidung äußern und verwies stattdessen auf den Plan, im Winter mit den weiteren Planungen für eine Modernisierung des Campingplatzes Westerland zu beginnen.