Kampen. “60+1“-Geburtstag hat der Kampener Club gefeiert. Zur Party ließ sich trinkfreudiges Feiervolk blicken – auch eine Handvoll Punks.
Mit einem Jahr Corona-Verspätung hat einer der ältesten und legendärsten Clubs Deutschlands, das "Pony" auf Sylt, am Sonnabend seinen "60+1"-Geburtstag gefeiert. Früher galt das Kampener Etablissement als Edelbar. Aufsehen hat es durch Stammgast, Playboy und Fotograf Gunter Sachs erregt. Doch das waren die 70er – und die sind vorbei.
Heute ist das Publikum im "Pony" auffällig jung, aber nicht weniger trinkfreudig. Bereits gegen 19 Uhr feiern und frönen am Geburtstagssonnabend schätzungsweise 250 Menschen, zu Spitzenzeiten wie Pfingsten tanzen, trinken und palavern im "Pony" bis zu 1000 Personen dicht an dicht, wie Inhaber Tom Kinder berichtet.
Sylt-Punks auch im "Pony" in Kampen anzutreffen
Namhafte Prominente sind am frühen Sonnabendabend nicht zu erspähen, nach ihnen suchende Pressefotografen schon eher. Der Stimmung tut das keinen Abbruch, ist es doch herrlich einfach, im "Pony" ins Gespräch zu kommen: mit Pullover-vor-der-Brust-Verknotern (Achtung Klischee) ebenso wie mit Bikerjackentägern und sogar einer Handvoll Punks, die sich vom Protestcamp vor dem Rathaus Westerland aus auf den Weg nach Kampen gemacht haben.
Eine Sozialstudie wollen sie im "Pony" anstellen, erzählen die in der "Whiskymeile" genannten Straße eher selten gesehenen Gäste, die mit dem 9-Euro-Ticket aus Leipzig angereist sind. Von der Insel als solche sind sie bisher nicht begeistert: "Sylt ist so eine Art schlechtes Binz. Binz mit Wolfsburg-Architektur, könnte man sagen", meint einer aus der Gruppe.
Allerdings: Im "Pony" amüsieren sich Adelheid, Til, Mischa, Alessandro und Max anscheinend, auch wenn sie es nicht so richtig zugeben wollen. Hier und da spendiert jemand ihnen ein Bier, vom Barkeeper gibt's irgendetwas pinkfarbenes, stark Alkoholisches für die auffallenden Gäste und angesprochen werden sie alle Nase lang. Schön anzusehen ist das, wenn "Pony"-Stammgast Mike oder Sylterin Clara mit den Leipzigern ins Gespräch kommen. Am Ende ist es offenkundig doch egal, wer welche Klamotte trägt und ob man sich nun in Kampen oder Connewitz zusammen betrinkt.
In Kampen machen nicht nur, aber auch reiche Söhnchen Party
Natta, vor vier Jahren aus Frankfurt am Main auf die Insel gezogen, hält die ganzen Stereotype rund um den Kultclub sowieso für falsch. Hier würden längst nicht nur reiche "Söhnchen" Party machen, sondern in erster Linie ganz normale Menschen. Sein Freund Mike, der in derber Lederjacke zwischen den vielen Hemd- und Poloshirt-Trägern schon heraussticht, sieht die Gesellschaft im "Pony" etwas kritischer. Ihm zufolge tummeln sich in dem Club hauptsächlich Kinder reicher Eltern.
Worin sich die beiden "Pony"-Gäste aber einig sind: Woanders können junge Menschen auf Sylt sowieso kaum ausgiebig feiern, die Auswahl der Clubs ist einigermaßen beschränkt. Deshalb besuchen auch sie das "Pony" regelmäßig.
- Einbruch in Louis-Vuitton-Store: Über 100.000 Euro Schaden
- Bäcker-Kette geht drastischen Schritt: "Brauchen eine Pause"
- Fußball-Talk mit Rummenigge – ZDF-Mann muss Mikro abgeben
Ein Bier kostet in dem Club fünf Euro, ist also nicht teurer als im Hamburger Schanzenviertel, wo vornehmlich Studenten trinken. Wer Champagner bestellt – das sind im Kampen nicht wenige – muss natürlich ein paar Scheine mehr zücken. Und ja, im "Pony" werden zuweilen auch Zigarren gepafft. Das ist in der Schanze nicht unbedingt Usus.
Mehr Trinkfreude auf Sylt seit Corona
Betreiber Tom Kinder hat den Club im Februar 2020 von seinem langjährigen Besitzer Oskar Schnitzer übernommen. Neben dem "Pony" führt er den hippen Noho-Club auf St. Pauli. Im Gegensatz zu Schnitzer möchte der neue Geschäftsführer eigenen Angaben zufolge "weg von dem Promi-Image."
Nach der Corona-Zwangspause habe sein Sylter Business einen Kaltstart sondergleichen hingelegt, erzählt er: "Es läuft sogar besser als vor der Pandemie. Die Leute feiern exzessiver und haben ein anderes Konsumverhalten." Soll heißen: Sie trinken mehr und früher. Oft schon ab 14 Uhr, wie er berichtet. "Das Daydrinking hat sich dank Corona echt etabliert." Selbstverständlich trinkt man im "Pony" aber auch des Nachts. Bis um 7 in der Frühe werde die Feierlichkeit wohl gehen, schätzt Kinder am Geburtstagssonnabend.
Das "Pony" auf Sylt: Eine herzlich normale Party
Was ist nun dran, an der Legende "Pony"? Um ehrlich zu sein, wirkte die "60+1"-Sause am Sonnabend feuchtfröhlich, war für die meisten wohl etwas teurer als ein Clubbesuch auf dem Festland, aber letztlich eine herzlich normale Party. Die Zeiten, in denen Gunter Sachs am Tisch eins an der Fensterbank saß, sind eben vorüber.
Allerdings soll dem "Pony" an dieser Stelle nicht der Mythos abgesprochen werden. Denn wer weiß, vielleicht mischten sich ja just nach Redaktionsschluss noch Vicky Leandros und Dieter Bohlen unter das feiernde Volk.