Kiel. Oliver Kumbartzky ist neuer FDP-Landeschef in Schleswig-Holstein. Was der 41-Jährige von der schwarz-grünen Regierung in Kiel hält.
Er bringe die liberale DNA von Geburt mit, sagt der Mann, der am Wochenende die Führung der schleswig-holsteinischen FDP übernommen hat. „Ich bin vor 41 Jahren dort geboren worden, wo die Freiheit pur zu Hause ist: in Dithmarschen. Hinzu gesellt sich eine regionaltypische Beharrlichkeit, nicht zu verwechseln mit der uns Dithmarschern oft böswillig unterstellten Dickköpfigkeit.“
Der Mann, der sich als beharrlich sieht, nicht aber als dickköpfig, heißt Oliver Kumbartzky. Er hat die Nachfolge von Heiner Garg angetreten, der die Freien Demokraten im Norden seit 2011 geführt hatte. Eine andere Partei als die FDP sei für ihn nie infrage gekommen, sagt Kumbartzky über sich. Freiheit und Eigenverantwortung hätten von jeher seine Lebenseinstellung geprägt.
Dass er kampagnenfähig ist, was ein Parteichef sein sollte, hat der FDP-Mann schon 2006 gezeigt, als die damalige Koalition von CDU und SPD mit einer Kreisreform Geld sparen und Dithmarschen mit Steinburg und Pinneberg zusammenlegen wollte. Kumbartzky gründete eine Volksinitiative, sammelte 33.000 Unterschriften. „Wir haben demonstriert, was passiert, wenn man im Kämmerlein Politik über die Köpfe der Menschen hinweg machen will“, sagte der dreifache Vater – die Kinder sind elf, zehn und vier Jahre alt.
Hamburger Abendblatt: Herr Kumbartzky, nach elf Jahren Heiner Garg hat die schleswig-holsteinische FDP einen neuen Vorsitzenden gewählt – Sie. Was werden Sie anders machen als Ihr Vorgänger?
Oliver Kumbartzky: Ich möchte sehr präsent sein bei unseren Kreis- und Ortsverbänden. Nachvollziehbarerweise hatte Heiner Garg als Gesundheits- und Sozialminister in der Pandemie dazu weniger Zeit. Ich werde mich stark im Kommunalwahlkampf engagieren.
Heiner Garg hat selbstkritisch eingeräumt, dass die FDP einen Jamaika-Landtagswahlkampf gemacht habe, statt auf eigene Themen zu setzen. War dieser softe Wahlkampf der Hauptgrund der deutlichen Verluste der FDP?
Kumbartzky: Das war einer der Gründe. Wir waren phasenweise zu nett zu unseren Koalitionspartnern von CDU und Grünen.
Wenn Sie sagen, Sie seien zu nett gewesen: Wie krawallig wird denn jetzt die Oppositionspolitik der FDP?
Kumbartzky: Unsere Oppositionspolitik wird nicht krawallig, aber sehr deutlich. Wir werden immer wieder Alternativen zu Schwarz-Grün aufzeigen. Die Koalition bietet uns dazu sehr viel Angriffsfläche.
Die FDP spricht von einem schwarz-grünen Fehlstart. Wo genau bietet die Landesregierung denn diese Angriffsflächen?
Kumbartzky: Schwarz-Grün ist sehr langsam aus den Startlöchern gekommen. Es ist spürbar, dass es eine Null-Bock-Koalition ist. Ein Beispiel ist der Weiterbau der A 20. Schon nach wenigen Monaten Koalition wird das Thema zum Zankapfel.
Die Grünen machen Druck, dass sich die Bundesregierung vom Bau der A 20 verabschiedet, die CDU setzt vehement auf das Projekt. Wer wird sich durchsetzen?
Kumbartzky: Es ist unbestritten, dass die A 20 ein immens wichtiges Verkehrsprojekt für den ganzen Norden ist. Insofern setze ich darauf, dass sie kommt.
Sie sprechen von einer „Null-Bock-Koalition“, Ihr Fraktionschef Christopher Vogt geht noch weiter und nennt Schwarz-Grün eine „lahmarschige Koalition“, die man bei der nächsten Wahl „aus dem Amt jage“. Sind das Formulierungen, die auch Sie so verwenden würden?
Kumbartzky: Christopher Vogt und ich nutzen beide klare Worte. Er hat das treffend formuliert.
Was werfen Sie Daniel Günther und seiner Landesregierung denn vor?
Kumbartzky: Die Koalition ist völlig uninspiriert, ihr wohnt kein Zauber inne. Das sieht man auch daran, dass im Koalitionsvertrag Dutzende von Prüfaufträgen stehen. Der Koalition fehlt eine gemeinsame Vision.
Sie haben die Tage gesagt: Die FDP sitze auf der Oppositionsbank, nicht auf der Auswechselbank. Das heißt, die FDP steht nicht bereit, falls Daniel Günther genervt von den Grünen einen neuen Koalitionspartner suchen sollte?
Kumbartzky: Daniel Günther und die Grünen haben selbst von einer Liebesheirat gesprochen. Und sie haben eine sehr, sehr breite Mehrheit. Insofern gehe ich nicht davon aus, dass die Koalition vorher platzen wird. Man wird sich die fünf Jahre durchquälen.
Aber sollte sie doch platzen: Steht die FDP dann bereit?
Kumbartzky: Auch wenn die neuerlichen Jamaika-Verhandlungen nichts geworden sind: Die inhaltliche Nähe zur CDU ist da und nicht auf einmal weg. Aber es gäbe keinen Automatismus, sondern es käme auf die Inhalte an, die gemeinsam machbar wären.
Die FDP-Fraktion ist nur noch zu fünft. Sie müssen sich also auf Schwerpunkte konzentrieren. Mit welchen Themen wollen Sie in der Opposition versuchen zu punkten?
Kumbartzky: Wir Freie Demokraten setzen uns natürlich für beste Bildung von Anfang an ein. Dann wollen wir Schleswig-Holstein voranbringen bei der Ansiedlungspolitik und dem Ausbau der Infrastruktur.
Ein Projekt, bei dem der damalige FDP-Wirtschaftsminister Bernd Buchholz in der ersten Jahreshälfte noch stark mitgewirkt hat, ist die geplante Ansiedlung der schwedischen Batteriefabrik Northvolt mit 3000 Arbeitsplätzen bei Heide. Die droht jetzt zu scheitern, auch weil die USA Northvolt mit deutlich höheren Subventionen locken. Hat die neue Landesregierung die Ansiedlung nicht genügend unterstützt?
Kumbartzky: In den vergangenen Monaten ist es aufseiten der Landesregierung ziemlich ruhig geworden um das Projekt. Auch wenn die finanziellen Möglichkeiten eines Bundeslandes beschränkt sind, hätte ich mir eine deutlichere Positionierung des Ministerpräsidenten gewünscht – gerade weil die Amerikaner eine ganz harte Ansiedlungsstrategie fahren und mit hohen Fördergeldern winken.
Die kleine, fünfköpfige FDP-Fraktion leitet Christopher Vogt, die beiden Ex-Minister Heiner Garg und Bernd Buchholz sind immer noch sehr präsent. Wie wollen Sie sich als Landesvorsitzender gegen die drei öffentlich Gehör verschaffen?
Kumbartzky: Die Fraktion hat die Themenfelder aufgeteilt. Und wir harmonieren sehr, sehr gut. Wir kommen uns nicht ins Gehege.