Kiel. Daniel Günther und Monika Heinold ziehen Bilanz der ersten schwarz-grünen Monate im Norden – und auch die Opposition meldet sich zu Wort.

Wie zu erwarten, hat Schwarz-Grün eine positive Bilanz der ersten Regierungsmonate in Schleswig-Holstein gezogen. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und seine Stellvertreterin, Finanzministerin Monika Heinold von den Grünen, lobten am Dienstag ihr 100-Tage-Programm als „starkes Fundament für die weitere Legislatur“, während, genauso erwartbar, die Opposition von einem schwarz-grünen „Fehlstart“ sprach.

Nach der Landtagswahl am 8. Mai hatte es nur rund sechs Wochen gedauert, bis die neue Landesregierung stand. Statt Jamaika regiert seit Ende Juni Schwarz-Grün das Land im Norden.

Der Regierungsstart fiel also in die Zeit explodierender Energiekosten, hoher Inflation, steigender Corona-Inzidenzen und des Krieges in der Ukraine. „Der Start war also nicht vergleichbar mit dem von Jamaika vor fünf Jahren“, ordnete Günther ein. Der CDU-Politiker sprach vor dem Hintergrund von „enormen Herausforderungen für das Land“ und „nervenaufreibenden Gesprächen“ mit der Bundesregierung über die Entlastung der Bürger.

Günther und Heinold heben Klima-Projekte hervor

Günther und Heinold betonten, 110 Projekte angeschoben zu haben mit dem Ziel, die Klimaneutralität und Energieunabhängigkeit des Landes voranzubringen, das Tempo der Digitalisierung zu erhöhen und Fachkräfte für den Arbeitsmarkt zu gewinnen. Und so lobten beide denn auch die „ersten Eckpunkte zur Neuauflage“ eines Klimaschutzprogramms über 75 Millionen Euro.

Die Schleswig-Holsteiner könnten schon im Januar Anträge auf Zuschüsse beispielsweise zu Photovoltaikanlagen stellen. „Auch beim Thema Ausweitung der Windflächen, bei der Einrichtung des schwimmenden LNG-Terminals in Brunsbüttel oder beim Kompetenzzen­trum für klimaeffiziente Landwirtschaft wurden große Schritte gemacht“, hieß es.

Günther: Land kann Probleme nicht „weghexen“

Günther warnte die Bürger vor zu hohen Erwartungen an die Möglichkeiten eines Bundeslandes. „Wir können gestärkt aus der Krise hervorgehen. Aber wir können als Bundesland keine riesigen Entlastungspakete für die Bürgerinnen und Bürger schnüren.“ Hier sieht der Ministerpräsident den Bund in der Pflicht.

Und so hofft Günther, dass die Energiepreisbremse schon zum 1. Januar und nicht erst im Frühjahr greifen wird. „Ich hätte mir eine frühere Klarheit gewünscht“, sagte er.

Trotz beschränkter Möglichkeiten habe Schleswig-Holstein als erstes Bundesland überhaupt ein Entlastungsprogramm über 180 Millionen Euro aufgelegt. Damit werde unter anderem die Wirtschaft mit Darlehen unterstützt, die Kitabeiträge für einkommensschwache Familien würden gesenkt. Allerdings könne das Land die Probleme auch nicht „weghexen“, sagte Günther.

Zwei Leitgedanken für die 110 Projekte

Die grüne Finanzministerin Monika Heinold sprach von mehreren großen Herausforderungen, vor denen das Land stehe. Eine sei der Flüchtlingszustrom. Dass so viele Menschen wie noch nie kämen, stelle Kommunen und Land vor große Probleme bei der Unterbringung, Betreuung und Integration.

Dass vor dem Hintergrund des Krieges die Preise weiter stiegen und die Einnahmen des Landes kaum noch planbar seien, mache eine solide Finanzplanung schwierig, sagte Heinold. Sie sprach davon, dass die 110 angeschobenen Projekte der Landesregierung von zwei Leitgedanken geprägt seien: Vom Klimaschutz und vom sozialen Zusammenhalt. „Die Menschen brauchen Sicherheit und Orientierung“, sagte sie.

Heinold forderte von der Bundesregierung – also auch von ihren Grünen – stärkere Unterstützung. „Der Bund kostet uns viel Zeit und Kraft.“ Als Beispiel nannte Heinold die Verhandlungen über eine Fortsetzung des auslaufenden Gute-Kita-Gesetzes, über das der Bund die zuständigen Länder und Kommunen unterstützt hatte.

Kitas: Heinold räumt Priens Vorstoß ab

Misstöne und Verstimmungen in der jungen schwarz-grünen Landesregierung hatte es erst diese Woche gegeben, als Bildungsministerin Karin Prien (CDU) ein Kita-Pflichtjahr für Kinder mit Sprachdefiziten gefordert hatte. Nur: Das fällt nicht in Priens Zuständigkeit, sondern in die von Sozialministerin Aminata Touré. Und die ist von den Grünen.

„Wir müssen sicherstellen, das Kinder die Sprache erlernen“, räumte Heinold ein. Aber im Moment habe man genug damit zu tun, den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz überhaupt sicherzustellen und genügend Fachkräfte zu gewinnen und zu halten, räumte die Grüne Finanzministerin den Vorstoß der schwarzen Bildungsministerin ab.

„Trostlos“: Ex-Partner kritisiert Schwarz-Grün

„,Zu wenig, zu spät‘ könnte die Überschrift nach vier Monaten Schwarz-Grün sein.“ So kommentierte Oppositionsführer Thomas Losse-Müller das Regierungshandeln. Der SPD-Politiker sprach angesichts zahlreicher schwarz-grüner Projekte, die alt seien und einfach nur fortgeführt würden, von einer „Simulation von Tatkraft“. Und die bringe das Land nicht voran. Losse-Müller vermisst eine wirksame Entlastung der Bürger.

Als ein Beispiel schlägt die SPD vor, die Grundbetreuung in den Kitas beitragsfrei zu machen. „Außerdem wollen wir die 120 Millionen Euro aus dem Sondervermögen für Landesliegenschaften nutzen, um den Härtefallfonds des Landes aufzustocken.“ Für die FDP, bis Sommer noch Juniorpartner in der Jamaika-Koalition, kritisierte Fraktionschef Christopher Vogt die 100-Tage-Bilanz als „ziemlich trostlos“: „Schwarz-Grün hat einen Fehlstart hingelegt.“

Vogt nannte das 100-Tage-Programm ein „Sammelsurium aus Mini-Projekten, der Abarbeitung von Prüfaufträgen und der Erstellung von Eckpunktepapieren. Der Ministerpräsident ist mit seiner neuen Landesregierung erkennbar aus dem Tritt geraten und für uns derzeit politisch kaum wiederzuerkennen.“ Der FDP-Politiker sprach von schwarz-grüner Arbeitsverweigerung. Vogts Fazit: „Unser Bundesland hat Besseres verdient.“

CDU-Politiker lobt sein Schleswig-Holstein

CDU-Politiker Tobias Koch meldete sich aus Schweden zu Wort, wo er mit seiner Fraktion diese Woche Unternehmen besucht, die die Energiewende vorantreiben. Schleswig-Holstein sei das erste Bundesland mit einem ambitionierten Hilfspaket.

„Während die Menschen immer noch nicht wissen, wann und wie der Bund ihnen bei der Energiekrise helfen will, stellen wir kleinen und mittelständischen Unternehmen ein Darlehensprogramm über 200 Millionen Euro für die benötigte Liquidität zur Verfügung“, lobte der CDU-Fraktionschef seine Regierung.