Sylt. Sylt-Bewohner und Pendler versetzt das günstige Angebot in Sorge. Marschbahn soll durch zwei Maßnahmen entlastet werden.
Mehr als ein Drittel der Menschen in Deutschland will das geplante 9-Euro-Ticket einer Umfrage zufolge gar nicht nutzen.
Das ergab eine Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur zwischen dem 2. und 5. Mai unter mehr als 2000 Erwachsenen in Deutschland durchgeführt hat. Entsprechend äußerten sich 37 Prozent der Befragten.
Mit 9-Euro-Ticket nach Sylt: Bleibt der Ansturm aus?
Eine Mehrheit steht dem Ticket für 9 Euro im Monat dagegen positiv gegenüber: 33 Prozent gaben an, damit Bus oder Bahn fahren zu wollen, 22 Prozent wollen das nach eigener Aussage "wahrscheinlich". 80 Prozent der Befragten haben demnach bisher kein Ticket-Abo für den öffentlichen Nahverkehr.
Ab Juni soll für drei Monate bundesweit ein günstiges Ticket im Nah- und Regionalverkehr gelten, für 9 Euro pro Monat. Das Vorhaben ist Teil des Entlastungspakets der Koalition aus SPD, Grünen und FDP. Gleichzeitig soll das Schnupperangebot insbesondere Pendler auf den Geschmack bringen, das Auto dauerhaft stehen zu lassen.
9-Euro-Ticket: Nutzung richtet sich nach Alter
Ob das aufgeht, ist offen: Von denjenigen, die kein ÖPNV-Abo haben, wollen 43 Prozent das neue 9-Euro-Ticket nicht nutzen. Nur 28 Prozent möchten davon sicher Gebrauch machen, 22 Prozent wahrscheinlich. Die Bereitschaft, das Ticket zu nutzen, ist dabei auch eine Altersfrage: So gaben 48 Prozent der 18- bis 24-Jährigen an, das sicher zu wollen, 26 Prozent nannten es wahrscheinlich. Dagegen sind es in der Gruppe der Menschen ab 55 Jahren nur 26 und 18 Prozent.
Von denen, die das Ticket nicht nutzen möchten, nannte eine Mehrheit (51 Prozent) zur Begründung "Weil ich es nicht brauche".Gut jeder Dritte (34 Prozent) gab an, lieber andere Fortbewegungsmittel zu nutzen. Ein Viertel (26 Prozent) sagte, der zusätzliche Aufwand bei der Nutzung von Bus und Bahn sei zu groß. Dagegen gaben nur 9 Prozent an, das Ticket politisch für eine Fehlentscheidung zu halten. Nur einer kleinen Minderheit (3 Prozent) ist das Ticket mit 9 Euro immer noch zu teuer.
Forderung nach Erweiterung des ÖPNV
"Wir denken, dass es noch mehr braucht als ein 9-Euro-Ticket. Wichtig ist der Ausbau des ÖPNV insgesamt und seine solide Finanzierung", sagte Bastian Kettner, ÖPNV-Experte beim Verkehrsclub Deutschland. "Gerade im ländlichen Raum, wo das Angebot dünn ist, ist der Mehrwert des Tickets nicht sehr groß, auch wenn es günstig ist. Wir sagen, dass es in jedem Ort ab 200 Einwohnern mindestens stündlich ein Angebot mit öffentlichen Verkehrsmitteln geben muss."
51 Prozent der Befragten gaben allerdings an, mit dem Ticket vor allem touristische Ausflüge machen zu wollen. In manchen Regionalzügen könnte es in der Ferienzeit in diesem Sommer daher eng werden. Nach Einschätzung des Deutschen Tourismusverbands ist das Angebot besonders attraktiv für Tagestouristen und eine gute Möglichkeit, die eigene Umgebung mit Bus und Regionalbahn zu erkunden.
9-Euro-Ticket: Größtenteils private Zwecke
Mehr als zwei Drittel (68 Prozent) der Befragten wollen das Ticket dagegen für private Wege nutzen. Knapp ein Drittel (31 Prozent) hat vor, damit in erster Linie zur Arbeit zu fahren.
Der Bundesverband Schienennahverkehr sieht mit dem 9-Euro-Ticket einiges auf die Verkehrsverbünde zukommen: "Mehr als 50 Prozent der Befragten geben an, dass sie das 9-Euro-Ticket nutzen oder wahrscheinlich nutzen wollen - das wird ganz sicher zu einer Zunahme der Fahrgäste im ÖPNV und damit auch zu einer höheren Auslastung der Züge des SPNV führen", sagte Hauptgeschäftsführer Frank Zerban. "Offen ist dabei nur, an welchen Tagen und zu welchen Uhrzeiten."
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Notwendig seien Aktionspläne, um personelle Verstärkungen und zusätzliche Fahrzeugkapazitäten zu ermöglichen - mit Schwerpunkt auf Wochenenden und touristische Regionen.
9-Euro-Ticket nach Sylt: Aufrufe nach "Chaos-Tagen"
In den sozialen Medien hat das Thema längst Einzug gehalten: Als Reaktion auf die von Syltern und Pendlern geäußerten Bedenken kursieren seit ein paar Tagen sowohl auf Twitter wie auf Facebook Aufrufe nach "Chaos-Tagen" auf der Insel. Zahlreiche Memes und Videos greifen das Thema oftmals auf eine humoristische Art auf.
"Eat the rich" oder "2022 holen wir uns unsere Insel zurück" heißt es beispielsweise auf der Plattform Twitter. Auf Facebook haben darüber hinaus schon über tausend Nutzerinnen und Nutzer zu der Veranstaltung "Chaos Tage Sylt 2022" zugesagt.
9-Euro Ticket: So soll die Marschbahn entlastet werden
Um die Marschbahn zu entlasten, hat das Land Schleswig-Holstein die Beförderungskapazitäten auf der Strecke nach Sylt ausgeweitet: Wei ein Sprecher der DB Regio auf Anfrage mitteilt, wurde im Auftrag des Landes ein zusätzlicher 5-Wagen-Doppelstockzug organisiert, der an Stelle eines anderen Zuges eingesetzt werden kann. Dadurch würden die Waggons dieses ersetzten Zuges für die Verlängerung eines anderen Zuges zur Verfügung stehen. Der zusätzliche Doppelstockzug sei bereits seit Anfang April im Einsatz.
Ab dem 12.6. soll eine weitere Maßnahme greifen. Dann könne ein weiterer 6-Wagen-Zug auf 10 Wagen verlängert werden, so der Sprecher. Beides zusammen kostet rund 750.000 Euro und wird vom Land bezahlt. Zusätzliche Züge sind nach Aussage des Sprechers auf der bekanntlich dicht belegten Strecke nicht möglich – aber es gäbe dafür eh kein Material oder Personal.