Sierksdorf. Verhaltensberaterin Cordula Möller nimmt Mensch und Hund mit auf Sozialspaziergänge am Meer. Teilnehmer lernen die hündische Sprache.

Hunde, die – einmal von der Leine gelassen – hemmungs- und ohne Rücksicht auf andere Hunde über den Strand toben, sich gegenseitig oder aber die Enten in der Ostsee jagen? Das kommt vor, und es kommt bei anderen Strandbesuchern nicht gut an. Bei den sogenannten Social Walks in der Lübecker Bucht mit der Hundetrainerin und Verhaltensberaterin Cordula Möller dagegen geht es ruhig und gelassen über den Strand. Wenn sie sonntagmorgens mit Hunden und Menschen loswandert, ist das kein Tobetermin, sondern ein kontrollierter Spaziergang mit viel Hintergrund- und Fachwissen für die Hundebesitzer. Für mehr Rücksicht untereinander.

Völlig unspektakulär geht es für die sieben Hunde an diesem Sonntagmorgen um 9.30 Uhr über den leeren Hundestrand von Sierksdorf an der Ostsee. Alle Vierbeiner sind zunächst angeleint und hatten während einer kurzen Vorstellungsrunde ihrer Halter zuvor aus der Ferne bereits die Möglichkeit, sich kennenzulernen. Denn: „Auch an der Leine checken sich die Hunde schon gegen­seitig ab“, sagt Hundetrainerin Cordula Möller.

Ostsee: Gemeinsamer Hundespaziergang am Strand

Mit diesem Wissen voneinander geht es auf eine Tour am Strand und an der Steilküste entlang. Bei solch einem Sozialspaziergang steht eine harmonische soziale Interaktion zwischen den Hunden im Vordergrund. „Das ist eine Zeit, in der Menschen und Hunde das soziale Miteinander genießen und viel Kommunikation stattfindet. Es wird ein Raum geschaffen, in dem man Rücksicht nimmt. In dem Menschen lernen können, ihre Hunde zu lesen und das Verhalten besser zu verstehen.“

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Und dabei ist es egal, welche Rasse, welche Größe oder welchen Charakter die Hunde mitbringen. Als die Hunde wenig später von der Leine genommen werden, bleiben sie überwiegend ruhig. Und wer meint, andere jagen oder völlig aufdrehen zu müssen, so wie die Landseer-Hündin Raika, kommt wieder zurück an die Leine.

Verhaltensberaterin: Hunde sind unterschiedlich

Raikas Halterin erhält den Tipp, ihre Hündin beim Ableinen nicht sofort loszuschicken. Als Raika später wieder abgeleint wird, benimmt sie sich tadellos und bedrängt die anderen Hunde nicht. Und so sind da neben Raika die kleine Havaneser-Hündin Cara, die ehemalige osteuropäische Straßenhündin Cassy, Australian-Cattle-Dog-Rüde Jamie, Enna aus dem Tierschutz, Pudelmischling Tilda und die souveräne zehnjährige Australian-Shepherd-Hündin Blace. Alle sind anders, und doch gibt es keinen Stress untereinander.

Das funktioniert auch so gut, weil Hundetrainerin Cordula Möller alle stets im Blick hat. Sie erklärt die Körpersprache der Hunde, beantwortet Fragen zum Verhalten des eigenen Hundes in Sozialkontakten, sie übersetzt die hündischen Gespräche in Menschensprache. Die Teilnehmer lernen, ihren und die anderen Hunde besser zu verstehen.

„Die meiste Zeit haben Hunde einfach Kontakt"

Es darf bei dieser Tour auch gespielt werden. „Aber es ist ein großes Missverständnis, dass Kontakte unter Hunden immer zum Spiel führen“, sagt Cordula Möller. „Die meiste Zeit haben sie einfach Kontakt, sie verhandeln über Räume oder Ressourcen. Sie lernen, wie viel sie sich bewegen wollen, wie viel Distanz sie zueinander brauchen. Sie kommunizieren, aber das bedeutet nicht immer, dass sie spielen.“ Der Strand ist dabei nicht nur für Menschen, sondern auch für Hunde ein spezieller Ort.

„Auf die meisten Hunde übt der Strand einen besonderen Reiz aus, vor allem, wenn sie schon einmal da waren und immer sofort abgeleint werden und viel herumgeflitzt sind. Hunde, die gern baden gehen, kommen dann in eine Erregung. Deshalb ist der Strand ein Ort, an dem viele Hunde besonders aufgeregt sind, weil sie das wieder erleben wollen.“ Ihr Tipp: „In Ruhe losgehen, nicht gleich ableinen, sondern erst einmal gucken, wie die Hunde miteinander sind. Und einen Moment später die Leine abnehmen.“

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Ostsee: Auch Menschen sollen Touren entspannen

Auch die Menschen sollen sich bei einer solchen Tour am Meer entspannen und die Schönheit des Tages spüren. „Ist das nicht ein wunderschöner Morgen heute? Genießt einmal den Blick und die Ruhe“, sagt die Hundetrainerin, die auch als Coach für Menschen arbeitet.

Und sie hat recht: Der Blick von der Steilküste fällt über die Ostsee, über Wiesen mit Osterglocken. Einatmen, ausatmen, genießen. Die 39-Jährige bietet auf ihren Hund-Mensch-Touren zwischendurch Atemübungen an. „Häufig ist bei Hundemenschen der Fokus zu sehr auf ihr Tier gerichtet. Es geht aber auch darum, mal bei sich zu sein“, sagt sie.

Angebote für Hund-Halter-Teams

Diese Sozialspaziergänge in Kooperation mit der Tourismus Agentur Lübecker Bucht sind auch aus touristischer Sicht wichtig: „Seinen Hund besser zu verstehen und seine Kommunikationssignale lesen zu können ist wertvoll für das tägliche Miteinander des Hund-Mensch-Teams, und ebenso hilft es, Hundebegegnungen harmonisch zu gestalten. Je besser Hundehalter über die Regeln im Miteinander von Hunden Bescheid wissen, desto entspannter ist es für alle am Strand“, sagt Doris Wilmer-Huperz von der Tourismus Agentur Lübecker Bucht.

Bislang gab es immer zur Hunde-Strandzeit (Oktober bis Ende März/beziehungsweise Ende April) Angebote für Hund-Halter-Teams. „Die Nachfrage ist groß, und darum bieten wir erstmalig das ganze Jahr durch etwas an; und zwar nicht nur am Strand“, so Doris Wilmer-Huperz.

„Dieser Ostseespaziergang ist mal etwas anderes"

„Dabei bewegen wir uns mit der Hundetrainerin nah am gelebten Alltag der Hundebesitzer und Hundebesitzerinnen und den daraus resultierenden Bedürfnissen. Aktuell planen wir einen Spaziergang im Wald zur Brut- und Setzzeit, der zeigt, wie toll ein Spaziergang an der Leine sein kann – wieder mit Erklärungen zum Verhalten der Hunde oder aber auch ein Erlebnisspaziergang mit kleinen Überraschungen und geistiger Auslastung.“

„Dieser Ostseespaziergang ist mal etwas anderes als unsere übliche Runde zu Hause“, sagt Anke Anton aus Ahrensburg. Sie ist mit Sohn Lasse und Australian-Shepherd Blace gekommen. Beim Abschlussgetränk in der Strandperle ziehen alle Teilnehmer ein Fazit. „Das war so entspannt“, sagt Anke Anton. Und auch die Kleinste in der Runde, Cara, kam auf ihre Kosten: Sie wurde von den anderen großen Hunden nicht untergebuttert, und sie hat sich unbemerkt von Frauchen in etwas gewälzt, das sehr stinkt – aus Menschensicht jedenfalls. Für Cara war das bestimmt das Beste an dem Spaziergang.

Ostsee: Spaziergang an der Küste am 3. April

Die Tourismusagentur Lübecker Bucht bietet diesen Spaziergang wieder am Sonntag, 3. April, an. Los geht es um 9.30 Uhr an der Seebrücke in Pelzerhaken, Kosten: 20 Euro. Infos und Anmeldung unter www.luebecker-bucht-ostsee.de/veranstaltungskalender. In Scharbeutz, Haffkrug, Sierksdorf sind die Strände bis zum 31. März für Hunde geöffnet. In Neustadt in Holstein, Pelzerhaken und Rettin bis zum 30. April. Einen Überblick über die Hundestrände gibt es unter www.luebecker-bucht-ostsee.de/urlaub-mit-hund