Kiel. Ungeimpfte können bald wieder ins Restaurant oder Museum. Günther spricht von “Wendepunkt“ – und macht eine klare Ansage.

Schleswig-Holstein steigt aus dem strengen Pandemiemanagement aus – und kündigt „weitgehende Schritte zurück in die Normalität an“. Das sagte Ministerpräsident Daniel Günther gestern nach einer Sitzung des Jamaika-Kabinetts von CDU, Grünen und FDP. Günther kündigte drei konkrete Schritte an. Der letzte Stichtag im Stufenplan ist der 20. März. Dann sollen – bis auf die Maskenpflicht – alle coronabedingten Einschränkungen gefallen sein.

Günther stellte klar, dass Schleswig-Holstein auf jeden Fall die Lockerungen vollziehen werde – egal was die Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch beschließen wird. „Wir gehen nicht hinter die heute vereinbarte Linie zurück“, sagte der CDU-Politiker.

Corona: Schleswig-Holstein hält an Lockerungen fest

Günther sprach von einem „Wendepunkt“, den das Land im Norden erreicht habe. Er begründete die Lockerungen mit der hohen Impfquote: Fast 80 Prozent der Schleswig-Holsteiner sind vollständig geimpft, mehr als 64 Prozent auch schon geboostert. Das ist ein Spitzenwert im Bundesländervergleich. Bei den über 60-Jährigen sind 92,6 Prozent doppelt geimpft und 86,2 dreifach.

„Unsere Anstrengungen zahlen sich aus“, so Günther, der in Zusammenhang mit den Lockerungen von einem Weg hin zu mehr Selbstverantwortung sprach. Laut Günther und seiner Stellvertreterin, Monika Heinold von den Grünen, sind die Lockerungen zwingend. „Das ist auch die Auffassung unserer Rechtsexperten“, so Heinold. Die Auffassung der Juristen fasst sie so zusammen: „Wir müssen nicht überlegen, wie wir lockern, sondern wir müssen stattdessen darlegen, was an Einschränkungen bei den Freiheitsrechten überhaupt noch vertretbar ist“ angesichts der Lagen in den Kliniken.

Erste Stufe der Corona-Lockerungen greift Sonnabend

In den Kliniken des Landes werden aktuell 344 Menschen mit Corona behandelt, 48 von ihnen sind so schwer erkrankt, dass sie intensivmedizinisch betreut werden müssen. Damit ist die Situation in den Kliniken gut beherrschbar und stellt die Häuser vor keine herausragenden Anforderungen.

Die Inzidenz lag zuletzt in Schleswig-Holstein bei 755 – auch das ist bundesweit Spitze. „Das liegt an der großen Disziplin der Menschen bei uns im Land“, sagt Günther. Er kündigte an, an den Schritten zurück zur Normalität festzuhalten, „auch wenn das bedeuten kann, dass die Inzidenz dann wieder steigt.“

Die erste Stufe der Lockerungen greift zu diesem Sonnabend. Dann fallen die Kontaktbeschränkungen für Geimpfte und Genesene – auch bei Treffen in Lokalen und Restaurants. Für private Treffen heißt es dann: Sind ungeimpfte Personen dabei, gilt eine Obergrenze von 25 Personen.

2G in Schleswig-Holstein fällt Anfang März

Die zweite Stufe der Lockerungen beginnt am 3. März. Dann fallen 2G- und 2G-Plus-Regelungen größtenteils weg. An ihre Stelle tritt die 3G-Regelung. Das gilt laut Landesregierung für Übernachtungen in Hotels, für Gastronomie, Sport, Freizeit, Kultur und sogenannte körpernahe Dienstleistungen. Diskotheken dürfen dann auch wieder öffnen – unter 2G plus-Bedingungen. Dabei erhalten nur Menschen Zutritt, die geimpft oder oder von einer Covid-19-Erkrankung genesen sind und daneben einen aktuellen negativen Test vorlegen oder eine Booster-Impfung haben

Die letzten Einschränkungen (bis auf die Maskenpflicht) fallen dann zum 20. März – also auch die 3G-Regelungen sind dann Geschichte. Das ist die dritte Stufe der Lockerungen und der „Weg in die gewohnte Freiheit“, so Günther. Mit diesem Tag fällt in den Schulen auch die Pflicht, sich regelmäßig testen zu lassen. „Und spätestens mit Beginn der Osterferien wird die Maskenpflicht in der Schule aufgehoben“, so Günther.

Der CDU-Politiker bedankte sich ausdrücklich bei seinen Landsleuten: „Es hat sich gelohnt, dass Sie diesen strengen Weg mitgegangenen sind.“ Das sei auch das Signal, das von Schleswig-Holstein in Richtung der Ministerpräsidentenkonferenz ausgehe.

"Wir können nicht jeden Menschen schützen"

Finanzministerin Monika Heinold sprach von großen Schritten in Richtung Normalität, die man gehe, ohne dabei „leichtsinnig“ zu werden. Sie begründete die Lockerungen mit der großen psychischen Belastung, der Kinder und Jugendliche aktuell noch ausgesetzt sind. Zur Not könne auch wieder nachgeschärft werden. „Wir sind darauf vorbereitet, sagte Heinold und plädierte erneut für einen Beschluss des Bundestages zu einer Allgemeinen Impfpflicht. „Wir müssen vorbereitet sein, falls im Herbst eine neue Welle kommt.“

Laut Gesundheitsminister Heiner Garg ist es jetzt nötig, „mit dem Virus leben zu lernen wie mit anderen Erregern auch. Und das wird dank Eigenverantwortung und Verantwortung füreinander auch gelingen“, sagte der FDP-Politiker. „Wir können nicht jeden Menschen schützen, so Garg. „Unser Ziel muss sein, dass das Gesundheitssystem funktioniert. Garg glaubt, dass die Menschen erst wieder lernen müssen, mit der wiedergewonnenen Freiheit umzugehen. „Wir gehen in einen Frühling und in einen Sommer, die wir uns seit zwei Jahren gewünscht haben“, sagte der FDP-Politiker in der kurzfristig anberaumten Pressekonferenz.

SPD-Fraktionschefin Serpil Midyatli kritisiert den Lockerungskurs der Landesregierung und mahnt Vorsicht an. „Daniel Günther hat in der Vergangenheit häufig zu früh Lockerungen eingeläutet, um sie dann doch wieder zurücknehmen zu müssen“, sagte Midyatli, die einen Zusammenhang zwischen Lockerungen und beginnendem Landtagswahlkampf sieht. Günther sollte sich lieber damit beschäftigen, die „Unionsländerfürsten“ und die Bundestagsfraktion wieder einzufangen, sagte Midyatli, die schleswig-holsteinische „Extratouren“ ablehnt.