Glinde. Nach der Familientragödie mit drei Toten in Glinde werten die Ermittler den Notruf der Mutter, die im Koma liegt, aus.

Was ist am zweiten Weihnachtstag in dem Mehrfamilienhaus in Glinde passiert, in dem zwei Kinder und ihr Vater starben und in dem die Mutter schwer verletzt wurde? Erste Antworten darauf gibt jetzt das Ergebnis der Obduktion und die Auswertung des Notrufs, den die Mutter abgesetzt hat.

Rechtmediziner sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die elf und 13 Jahre alten Kinder jeweils mit einem Schuss getötet wurden. "Es muss zudem davon ausgegangen werden, dass der 44 Jahre alte Mann sich seine tödliche Schussverletzung selbst beibrachte", so ein Polizeisprecher aus Lübeck.

Glinde: Notruf liefert kein Hinweis auf Motiv

Der Verdacht, dass der Vater die tödlichen Schüssen auf seine Söhne abgab und auch auf seine Ehefrau geschossen hatte, erhärtete sich für die Ermittler auch nach Auswertung des Notrufs. Diesen habe die schwer verletzte 38 Jahre alte Mutter gewählt.

„Auch die Auswertung des bei der Leitstelle eingegangenen Notrufes der verletzten Ehefrau des Mannes ergab, dass mutmaßlich davon ausgegangen werden muss, dass dieser für die Abgabe der Schüsse verantwortlich war“, schrieben die Staatsanwaltschaft und die Polizeidirektion Lübeck in einer gemeinsamen Mitteilung.

Hinweise auf ein Motiv hätten sich durch den Notruf nicht ergeben. Der Tatort sei für weitere Ermittlungen in dieser Sache von der Spurensicherung zunächst noch nicht freigegeben.

Familiendrama in Glinde: Mutter im Koma

Auf seine Frau zielte der Mann nicht nur einmal. Die 38-Jährige trug mehrere Schussverletzungen davon, wurde in einem Hamburger Krankenhaus notoperiert und ist noch nicht vernehmungsfähig, da sie sich im künstlichen Koma befindet. Es besteht keine Lebensgefahr mehr.

Weitere Hinweise zum Tatgeschehen an der Straße Kleiner Glinder Berg in Glinde (Kreis Stormarn) erhoffen sich die Ermittler auch durch die Auswertung der am Tatort gesicherten Spuren. Nach Angaben der Polizei dauerte die Spurensuche in dem Haus am Montag 15 Stunden.

Am Dienstag setzten die Techniker der Kriminalpolizei ihre Arbeit fort. Sie suchten nach weiteren Spuren und sichern sie. Dazu gehören beispielsweise die Projektile, Einschusslöcher und Blutspritzer.

Glinde: War aggressiver Vater zu streng mit seinen Söhnen?

Über das Motiv machte die Staatsanwaltschaft keine Angaben. Nach Informationen dieser Redaktion soll das strenge Regiment des Vaters den Kindern zu schaffen gemacht haben.

Eine Klassenkameradin des älteren Jungen, die anonym bleiben möchte, sagt: „Die Söhne hatten Angst, etwas falsch zu machen. Widerworte waren nicht erlaubt.“ Mitunter habe der Mann aggressiv geredet. Das Mädchen erzählt, sie sei öfters bei der Familie zu Besuch gewesen und habe Streitereien zwischen den Eheleuten mitbekommen.

Nach Aussagen von Nachbarn ist die Mutter sehr liebevoll mit ihren Kindern umgegangen. Die Jungen wurden als nett und höflich beschrieben.

Glinde: Menschen zünden Kerzen am Tatort an

Bereits am Montag und auch am Dienstag hatten mehrere Menschen Blumen, Kerzen und Briefe am Gartenzaun vor dem Wohnhaus der Familie abgestellt.

Dort saßen auch zwei weiße Kuscheltier-Bären mit Weihnachtsmann-Mützen. In einem Brief dazu hatte ein Kind „Wir werden euch vermissen! Ruhet in Frieden!“ geschrieben und einen Engel mit Flügeln und einem Heiligenschein gemalt.

Auf einem anderen Zettel stand „Ich werde Euch nie vergessen“. Auch die Weihnachtsbeleuchtung am Haus brannte wieder.

Der Tatort in Glinde: Menschen haben Ballons, Blumen und Kerzen vor das Haus gestellt.
Der Tatort in Glinde: Menschen haben Ballons, Blumen und Kerzen vor das Haus gestellt. © Marcus Brandt/dpa

Anmerkung der Redaktion: Aufgrund der hohen Nachahmerquote berichten wir in der Regel nicht über mögliche Suizide oder Suizidversuche, außer sie erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit. Wenn Sie selbst unter Stimmungsschwankungen, Depressionen oder Selbstmordgedanken leiden oder Sie jemanden kennen, der daran leidet, können Sie sich bei der Telefonseelsorge helfen lassen. Sie erreichen sie telefonisch unter 0800/111-0-111 und 0800/111-0-222 oder im Internet auf www.telefonseelsorge.de. Die Beratung ist anonym und kostenfrei, Anrufe werden nicht auf der Telefonrechnung vermerkt.