Sylt. H.B. Jensen ist eine Institution auf der Insel. Inhaber Oliver Boettiger spricht über Tradition, treue Mitarbeiter und Corona-Regeln.

Die Friedrichstraße ist die bekannteste Einkaufsmeile auf Sylt. Seit einer Woche gilt auch dort in den meisten Geschäften die 2G Regel. Nur noch Geimpfte und Genesene dürfen shoppen gehen.

Zur Premiere am vergangenen Sonnabend hat Oliver Boettiger persönlich am Haupteingang seines Modehauses H.B. Jensen gestanden und Impfnachweise sowie Ausweisdokumente kontrolliert. „Ich war angenehm überrascht, die meisten Kunden waren bereits vorbereitet und hatten ihre Dokumente gezückt“, sagt Boettiger, der jetzt zu Gast war im Sylt-Podcast des Hamburger Abendblattes.

H.B. Jensen auf Sylt: Oliver Boettiger als "Türsteher" zufrieden

Der Unternehmer ist mit seinem Einsatz als „Türsteher“ zufrieden. „Ich konnte 99 Prozent der Kunden einlassen, nur einer der nicht geimpft war, durfte leider nicht bei uns einkaufen. Sicherlich ist diese neue 2G-Regel eine zusätzliche Belastung für die Mitarbeiter, aber es gibt einem auch ein Stück weit Sicherheit und dürfte dafür sorgen, dass die Impfquote erhöht wird.“

In dem 3600 Quadratmeter großen Modehaus über vier Etagen und dem benachbarten Freizeithaus mit 2500 Quadratmetern Fläche stehen aber jetzt nicht immer Mitarbeiter an den Eingängen und kontrollieren. „Unser Landesvater hat uns aufgefordert, dass wir stichprobenartig kontrollieren sollen. So erreichen wir etwa 30 Prozent der Kunden“, sagt Boettiger.

Mehr Geschäfte dieser Größe gibt es auf Sylt nicht

Wer durch die Fußgängerzone bummelt, dem fällt die Glasfassade des Eckhauses an der Friedrichstraße 1 direkt ins Auge. 2013 wurde das Modehaus aufwendig umgebaut und erweitert – eine Millioneninvestition. Man könnte den 53-Jährigen als „Kaufhauskönig von Sylt“ bezeichnen. Denn Geschäfte dieser Größenordnung gibt es ansonsten auf der Insel nicht. Doch das Wort „Kaufhaus“ mag Boettiger nicht. „Wir sind ein Modehaus.“ Und eines mit Tradition. Das Unternehmen H.B. Jensen gibt es seit 166 Jahren. Als 2005 das 150. Jährige Jubiläum im Alten Kursaal gefeiert wurde, kam auch der damalige Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU).

In der sechsten Generation führt Boettiger jetzt das Unternehmen. Seit 26 Jahren ist er an Bord. Bereits seit 1984, als sein Vater in das Unternehmen einstieg, lebte Boettiger auf der Insel.

Sylt: Corona hat sich massiv auf Umsätze von H.B. Jensen ausgewirkt

Aufgewachsen ist er in Wiesbaden und „ich habe erstmal eine Ausbildung bei der Deutschen Bank gemacht und auch einige Jahre in Hamburg gearbeitet“, erzählt Boettiger im Sylt-Podcast. Doch schließlich folgte der Ruf zurück auf die Insel. Aber nicht sofort. Bevor Boettiger das Geschäft übernahm, hat er sich erst mal seine Sporen verdient und zwei Jahre in einem Porzellanfachgeschäft in Osnabrück gearbeitet. „Natürlich kommt mir die Banklehre als Unternehmer immer wieder zugute. Ich kenne mich mit Zahlen aus und das war auch wichtig, als ich wegen Corona bei der Bank einen Kredit über eine Million Euro beantragen musste.“

Die Pandemie hat sich massiv auf die Umsätze von H.B. Jensen ausgewirkt. Denn das Mode- und Freizeithaus lebt nicht von den Insulanern, sondern von den Touristen. Und die durften vom 2. November vergangenen Jahres bis zum 1. Mai auf Sylt nicht beherbergt werden. „Wir haben am 2. Mai wieder losgelegt und sind sehr zufrieden mit dem Verlauf der Saison. Die Kunden hatten Nachholbedarf, und für die Kinder wurde viel ausgegeben.“ Der Nachwuchs kann sich nicht nur im Modehaus einkleiden lassen, sondern sich nebenan im Freizeithaus gleich in der Spielwarenabteilung eindecken. Im Freizeithaus gibt es irgendwie alles. Teebecher, Pfannen, Besteck, Bügeleisen und Handtücher. Auch Rucksäcke, Kissen und Staubsauger sind hier zu finden.

Boettiger ist stolz auf eigene Sylt-Kollektion

Die Mode bei H.B. Jensen liege „im mittleren Preissegment. Luxus können die Kunden in Keitum oder Kampen kaufen“, sagt Boettiger. Stolz ist der Unternehmer auf die eigene Sylt-Kollektion. Bei der Herstellung von Produkten wie Hoodies, Basecaps oder Badeshorts setzt Boettiger auf Nachhaltigkeit.

Insgesamt hat das Unternehmen rund 60 Mitarbeiter. Einige sind seit Jahrzehnten mit H.B. Jensen verbunden. Eine Mitarbeiterin habe 53 Jahre hier gearbeitet, berichtet Boettiger im Sylt-Podcast stolz. Der Bänker liebt seine Geschäfte. Macht mehrmals täglich einen Rundgang und begrüßt morgens die Mitarbeiter persönlich. „Man steht jeden Tag vor neuen Herausforderungen und das macht mir Spaß.“ Er fühle sich auch der Familie und der Tradition verbunden.

Weihnachtsgeschäft startet erst am 27. Dezember

Apropos Familie. Gemeinsam mit seiner Frau Petra hat Boettiger zwei Söhne – 13 und 16 Jahre alt. Stehen die schon als siebte Generation in den Startlöchern? „Die Jungs sind noch mit ihrer Schulkarriere beschäftigt. Aber natürlich würde ich mich freuen, wenn sie das Geschäft später mal weiterführen. Zumindest in der Spielwarenabteilung kennen sie sich hervorragend aus“, sagt Boettiger lächelnd. Die Familie lebt in Westerland und Boettiger ist ein leidenschaftlicher Läufer. „Ich bin schon neun Mal Marathon gelaufen. Ich bin auch schon zweimal in New York mitgelaufen und in Hongkong. Am meisten beeindruckt hat mich der Marathon in Tokio.“ Zehn Mal hat Boettiger am Sylt-Lauf teilgenommen. „Die Strecke ist 33,3 Kilometer lang und führt von Hörnum nach List.“

Während in der Vorweihnachtszeit in den Städten der Einzelhandel boomt, geht es auf Sylt ruhig zu. Einige Mitarbeiter haben Urlaub, „wir haben Inventur gemacht und den Keller aufgeräumt.“ Boettiger lächelt. „Das Weihnachtsgeschäft fängt für uns am 27. Dezember an. Denn dann kommen wieder die Urlauber und die Insel ist voll.“ Und bei H.B. Jensen klingeln die Kassen.