Fehmarn. Die schönsten Urlaubsorte an Nord- und Ostsee, Teil 7. Auf diese Insel kommt man ohne Fähre und kann trotzdem dem Alltag entfliehen.

Allein schon der Moment, in dem auf einmal die Brücke auftaucht. Die Gedanken werden schlagartig ein paar Gramm leichter, die Gesichtszüge weicher, die Vorfreude erreicht ihren Höhepunkt. Gleich sind wir da!

Es kommt nicht oft vor, dass ein Ziel ein solches Entree besitzt, quasi ein Tor zu Urlaub und freier Zeit, zu Strand, Wasser, Sonne und Wind. Wer nach St. Peter-Ording oder Scharbeutz fährt, der merkt ja kaum, dass er angekommen ist. Das ist der große Vorteil von Inseln: Man ist mit einem Mal viel weiter weg von zu Hause – der Alltag ist ausgesperrt, man wird umarmt vom Wasser.

Fehmarn: Weit mehr als ein Ferienort

Dass man nicht erst auf eine Fähre steigen muss, um nach Fehmarn zu kommen, stört das Inselgefühl nicht im Geringsten. Außerdem ist die knapp ein Kilometer lange Fehmarnsundbrücke mit ihren zwei Stahlbögen, liebevoll Kleiderbügel genannt, nicht nur in emotionaler, sondern auch in baulicher Hinsicht ein schöner Anblick.

Wassersportler vor der Fehmarnsundbrücke
Wassersportler vor der Fehmarnsundbrücke © Thies Rätzke /Tourismus-Service Fehmarn

Noch nicht mal auf der Insel angekommen und schon mittendrin in der Liebeserklärung, das ist bei mir kein Wunder: Mein Vater ist auf Fehmarn geboren, meine Tante und mein Onkel leben hier, und meine geliebte Oma, die vor drei Jahren gestorben ist, liegt auf dem Neuen Friedhof in Burg begraben. Die Insel ist weit mehr für mich als ein Ferienort, und doch habe ich hier immer wieder wunderbare Urlaube verbracht.

Fehmarn ist so viel entspannter als Sylt

Fehmarn ist weniger überlaufen als Timmendorf, abwechslungsreicher als Travemünde, deutlich schneller zu erreichen als Usedom oder Rügen und so viel entspannter als Sylt. Außerdem scheint hier natürlich viel öfter die Sonne als überall anders. Und der Raps blüht ein bisschen gelber.

Was an Fehmarn so toll ist, ist die Vielfalt. Es gibt unterschiedlichste Küsten (insgesamt 78 Kilometer!), von den Dünenlandschaften im Westen bis zur Steilküste im Osten.

Und neben dem wunderbaren Südstrand gibt es viele unaufgeregte, zum Teil naturbelassene Strände wie in Westermarkelsdorf inmitten eines Naturschutzgebietes, in Flügge unterhalb des Wasservogelreservats Wallnau (auf dem Weg dazwischen steht der Gedenkstein für Jimi Hendrix, der auf Fehmarn sein letztes Konzert vor seinem Tod gegeben hat) oder an der Wulfener Steilküste, toll zum Spazierengehen. In Gold, am Grünen Brink oder der Orther Reede können sich Wassersportler wunderbar austoben – und ich kann stundenlang an Land sitzen und den Kitern zuschauen.

Der Glockenturm in Burg kann bestiegen werden

Die kleine Stadt Burg und ihre mit Geschäften gesäumte, kopfsteingepflasterte Breite Straße ist ein lebendiges Zentrum, kein Ferienort aus der Retorte. Hier wohnt gut die Hälfte der insgesamt rund 13.000 Fehmaraner, die anderen leben in den 42 Ortsteilen der Insel, deren Namen fast alle auf -dorf enden.

Nicht verzagen, selbst regelmäßige Fehmarn-Besucher bekommen die noch durcheinander. Damit man sich die vier Hauptkirchen merken kann, gibt es zumindest einen Spruch: „Die Burger Kirche ist die größte, die Petersdorfer ist die höchste, die Bannesdorfer ist die kleinste, die Landkirchener ist die feinste.“

Die Altstadt von Burg auf Fehmarn.
Die Altstadt von Burg auf Fehmarn. © Thies Rätzke /Tourismus-Service Fehmarn | Thies Rätzke /Tourismus-Service Fehmarn

Der Glockenturm in Burg kann im Sommer nach dem Sonntagsgottesdienst bestiegen werden. Einen Besuch wert sind auch Bojendorf bei Sonnenuntergang, das Fischerdorf Lemkenhafen mit der ältesten Windmühle Schleswig-Holsteins und der wunderbaren Aalkate, die kleine Hafensiedlung Orth und Albertsdorf, allein schon wegen der Kuchen im Hofcafé.

Die Insel müsste überlaufen sein, ist sie aber nicht

Auf Fehmarn gibt es 300 Kilometer Radwege, an der Küste teilweise auf der Deichkrone, sowie im Südosten zwischen Staberhuk und Katharinenhof. Hier sollte man unbedingt eine Pause auf den großen, schwenkbaren Holzliegen einlegen – der schönste Platz an der ganzen Ostsee.

Man könnte jetzt denken, die Insel – mit 185 Quadratkilometern übrigens die drittgrößte Deutschlands – müsste total überlaufen sein. Ist sie aber nicht. Okay, im Sommer kann es am Südstrand schon ein bisschen kuschelig werden, aber es hält sich immer noch in Grenzen.

Fehmarn ist noch etwas altbacken

Denn Fehmarn ist einerseits total angesagt, andererseits aber auch immer noch etwas altbacken. Hier fährt der Surfer­typ mit seinem Bus an dem 60er-Jahre-Dorfhaus mit Rüschengardinen und dem Schild „Ferienwohnung frei“ vorbei.

Es gibt noch kein Beachmotel und keine Bretterbude, kein Gosch und keinen Sansibar-Fanshop, die Zahl der Wellnesshotels lässt sich nicht nur an einer Hand, sondern an einem Finger abzählen. Gleichzeitig schweben bei Wind rund um die Insel die Kites, kommen alle Wassersportverrückten zum Surf- und Stand-up-Paddling-Festival, treffen sich in Burgtiefe die Beachvolleyballer.

Die größte Attraktion ist, im Strandkorb zu sitzen

Damit verprellt die Insel vermutlich einige, und so mancher Fehmaraner könnte wohl auch auf Bulli-Festival und Co. verzichten. Mir geht auf jeden Fall das Herz auf, wenn ich die Südstrandpromenade entlanglaufe und es dort immer noch so aussieht wie in meiner Kindheit, inklusive Meerwasserwellenbad, den drei 17 Stockwerke hohen Hoteltürmen und dem Haus des Gastes (auch wenn das leider immer mehr verfällt), alles entworfen von Arne Jacobsen.

Und ich mag es, dass die größte Attraktion immer noch die ist, im Strandkorb zu sitzen, die Füße im fast weißen Sand, und aufs Wasser zu gucken. Ich brauche keine schicken Hotels „mit besonderer Note“, wie sie auf der großen Wiese an der Promenade geplant sind, auf der ich mit meinem großen Bruder Fußball und (auf den angrenzenden Plätzen) mit meinem Vater Ringtennis gespielt habe.

Drei Tipps:

  • Es ist nur eine Bude vor dem Supermarkt an der Südstrand­promenade, doch sie ist eine Institution: In der Quarkeria gibt es die leckersten Quarkspeisen mit Obst. Unbedingt die Stempelkarte mitnehmen und den 13. Quark kostenlos bekommen, die gehört in jedes gut sortierte Portemonnaie. Öffnungszeiten: täglich von April bis Ende Oktober und von Anfang Juli bis Ende August auch vor dem Strandhotel Bene.
  • Kletterwände gibt es viele, Silo Climbing gibt es nur in Burgstaaken. An drei Getreidesilos geht es bis zu 40 Meter hoch, doch auch schon Kinder ab vier bis fünf Jahren können sich hier austoben. Adresse und Öffnungszeiten: Burgstaaken 50, Tel. 04371 / 503102, ab April täglich von 9.30 bis 14.30 Uhr, vom 20.6. bis 31.8. bis 18 Uhr. Eine Stunde 7 Euro (plus Kletterausrüstung 7 bzw. Sicherungsausrüstung 4 Euro).
  • Nicht nur, wenn es regnet: Ein Besuch im Film-Theater in Burg, dem „Kuschelkino“ mit 70er-Jahre-Plüsch und Platz mit eigenen Tischen, lohnt sich immer (Breite Straße 13a, Ticket ab 8,50, Kinder ab 7,50 Euro). Genauso wie im Meereszentrum mit Haien und tropischen Fischen (Gertruden­thaler Straße 12, täglich geöffnet, Ticket 11, Kinder 7 Euro).

Familieninsel mit vielen Campingplätzen

Fehmarn war und ist eine Familieninsel. Es gibt tolle Reiter- und Ferienbauernhöfe wie den Reiterhof Witt in Wulfen, der sich zum kleinen Feriendorf gemausert hat.

Und Campingplätze! 35 Prozent der Übernachtungen – im Jahr sind es insgesamt 2,5 Millionen bei rund 400.000 Gästen – machen laut Tourismusdirektor Oliver Behncke Campingbesucher aus, insgesamt gibt es 16 Plätze mit 6600 Stellplätzen. Mehrfach ausgezeichnet ist zum Beispiel das Insel-Camp in Meeschendorf mit Saunalandschaft und Sanitärhäusern mit Fußbodenheizung.

Campen statt Kampen, so sieht es hier eben aus. Gefällt auch nicht jedem, muss es aber auch nicht. „Wir werden kein Schickimickistandort werden“, sagt Tourismusdirektor Oliver Behncke. „Das ist auch gar nicht gewollt.“

Allerdings: Das Campen soll schon ein bisschen schicker werden, Stichwort Glamping, der jahrelang vernachlässigte Yachthafen in Burgtiefe wird aufgehübscht, eine auffällige Seebrücke ist geplant. Aber es muss eben nicht immer gleich alles durchgestylt sein.

In zweieinhalb Stunden von Hamburg nach Fehmarn

Manchmal ist weniger mehr – gerne auch beim Autoverkehr. Bei so vielen Campern, Kitern und Reisenden, die die Insel nur als Zufahrt zur Fähre nach Skandinavien nutzen, bleibt der natürlich nicht aus. Das kann schon mal nerven. Wenn der geplante Fehmarnbelttunnel nach Dänemark wirklich kommt, wird das natürlich nicht besser.

Darum jetzt schon ein heißer Tipp: Man kann Fehmarn wunderbar von Hamburg aus in zweieinhalb Stunden per Bahn erreichen, eine Haltestelle liegt direkt in Burg. Zum Glück bleibt wenigstens die Fehmarnsundbrücke erhalten, für Autos und Züge gibt es auch hier einen neuen Tunnel.

Die Brücke gehört dann den Radfahrern und Fußgängern – schöner geht’s kaum.

Anreise und Infos:

  • Mit der Bahn ist man ganz entspannt in zweieinhalb Stunden auf der Insel, dazwischen liegt nur ein kurzer Umstieg in Lübeck. Vom Hauptbahnhof fahren die Züge alle zwei Stunden, aussteigen kann man direkt in Burg. Mit dem Schleswig-Holstein-Ticket fährt eine Familie schon für 33 Euro.
  • Mit dem Auto fährt man über die A 1 im besten Fall eine Stunde und 40 Minuten. Über die Fehmarnsundbrücke geht es direkt auf die Insel, Entfernung: rund 150 Kilometer.
  • Auf fehmarn.de gibt es zahlreiche Infos zur Insel, über Veranstal­tungen, Ausflüge und zu Unterkünften.
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