Kiel. Die Blohm+Voss-Mutter Lürssen verhandelt mit den Konkurrenten ThyssenKrupp Marine Systems und German Naval Yards.

Die drei deutschen Werften Lürssen, ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) und German Naval Yards führen Gespräche über die Zusammen­legung des Marineschiffbaus. Am Ende könnte ein neuer großer Werftenkonzern stehen. Mehrere mit der Sache vertraute Personen bestätigten einen entsprechenden Bericht des Norddeutschen Rundfunks. Die Bundesregierung unterstützt das Vorhaben.

Ein Sprecher des Bremer Unternehmens Lürssen teilte mit, das Unternehmen halte eine Konsolidierung der Systemhäuser im deutschen Marineschiffbau für sinnvoll und erforderlich, um dadurch nachhaltig die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Den Stand der Gespräche kommentierte er nicht. German Naval Yards aus Kiel wollte sich nicht äußern. Ein Sprecher von TKMS mit Sitz in Kiel sagte dem Abendblatt, man beteilige sich nicht an Spekulationen: „Aber wir haben immer gesagt, dass wir offen für eine Diskussion über Konsolidierungsszenarien in der Marineindustrie sind, sofern es wirtschaftlich vertretbar und politisch gewollt ist.“

Marineschiffbau: In Deutschland fehlt der Platzhirsch

Der deutsche Marineschiffbau ist stark fragmentiert. Deshalb gibt es seit Längerem Überlegungen, die Arbeit in einem neuen Unternehmen zu konzentrieren. Aus Sicht des Verbands für Schiffbau und Meerestechnik (VSM) ist eine Konsolidierung des Werftenstandorts in Deutschland der richtige Schritt. „In den meisten EU-Mitgliedsländern reden wir über einen Platzhirsch im Marineschiffbau. Das ist in Italien, in Frankreich, in Spanien, in Holland und Schweden der Fall. In Deutschland aber nicht“, sagt Reinhard Lüken, Hauptgeschäftsführer des Verbands, dem NDR.

Anstoß zur neuerlichen Diskussion über die Zukunft des Marineschiffbaus war der Streit über den Marineauftrag zum Bau des Mehrzweckkampfschiffs MKS 180 mit einem Volumen von 5,5 Milliarden Euro. Anfang des Jahres hatten sich das niederländische Unternehmen Damen Shipyards und die Hamburger Werft Blohm+Voss in einem Bieterverfahren gegen TKMS und German Naval Yards durchgesetzt und den Zuschlag für das bislang größte Rüstungsprojekt der Marine bekommen.

Politiker und Experten fragen sich seitdem, wie die Zukunft des deutschen Werftenstandorts aussehen soll. German Naval Yards hatte die Entscheidung gerügt. Zuletzt hatte das Unternehmen verkündet, den vollen Rechtsweg ausschöpfen zu wollen und notfalls beim Oberlandes­gericht in Düsseldorf gegen das Ausscheiden aus dem Vergabeverfahren Klage einzureichen. Damit würde sich der Bau der vier neuen Schiffe für die Deutsche Marine deutlich verzögern.

Was würde die Fusion für Blohm+Voss bedeuten?

Ein Zusammenschluss könnte die Konkurrenten zu Partnern machen und Streit um zukünftige Vergaben vermeiden. Seit Anfang des Jahres laufen die Gespräche zwischen den deutschen Werften. Die Bundesregierung fungiert dabei als Moderator, heißt es. Dabei gibt es noch viele Hürden. So ist offen, wo der neue Konzern beheimatet sein könnte.

Auch was ein solcher Zusammenschluss für Blohm+Voss bedeuten könnte, ist nicht klar. Hamburgs Traditionswerft ist ein bedeutender Standort im deutschen Marineschiffbau. „Ein Zusammenschluss kann sinnvoll sein, wenn damit eine Stärkung der Branche einhergeht und so die Schlüsseltechnologie in Deutschland gesichert wird, wie es sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt hat“, sagte der Vorsitzende der IG Metall Küste, Daniel Friedrich: „Die Konsolidierung darf aber nicht auf Kosten von Beschäftigten und Standorten gehen.

Bernd Buchholz (FDP), Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus von Schleswig-Holstein, befürwortet die Pläne der Werften im Norden, sich beim Marineschiffbau zusammen zu schließen.
Bernd Buchholz (FDP), Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus von Schleswig-Holstein, befürwortet die Pläne der Werften im Norden, sich beim Marineschiffbau zusammen zu schließen. © Gregor Fischer/dpa

Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) hat Überlegungen über eine Fusion deutscher Werften grundsätzlich befürwortet. „Denn gerade vor dem Hintergrund der europäischen, teilweise staatlichen Konkurrenz ist eine Konsolidierung der deutschen Marineindustrie der richtige Weg“, sagte Buchholz am Donnerstag. Wichtig sei dabei, dass die Standorte und die Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein erhalten blieben.