Nordfriesland. Während der Covid-19-Pandemie zwingen drei Landkreise Ferienhausbesitzer zur Rückreise. Diese berichten von skurrilen Szenen.

Ausgerechnet an dem Wochenende, an dem über Ausgangssperren diskutiert wird und alle Deutschen daheim bleiben sollen, zwingen die Landkreise Nordfriesland, Ostholstein und Rendsburg-Eckernförde Hauseigentümer zu Reisen – und damit zu einem Verhalten, das eigentlich dringend vermieden werden soll. Und Hamburger Ferienhausbesitzer erleben skurille Szenen.

Nordfriesland etwa, wozu unter anderem Orte wie St. Peter-Ording und Husum gehören, hat in einer Allgemeinverfügung festgelegt, dass alle Besitzer von Ferienhäusern und Ferienwohnungen diese bis Sonntag geräumt haben müssen. Die Eigentümer sollen in ihre Erstwohnsitze in ihre Bundesländer zurückkehren. Betroffen sind von dieser Regelung auch Hamburger, die sich in der Region aufhalten. Sie hatten sich unter anderem auf eine Aussage von Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) verlassen, wonach es rechtlich keine Bedenken gebe, wenn Eigentümer ihre Ferienhäuser auf dem Festland nutzen.

Coronavirus: Nordfriesland zwingt Menschen zur Rückreise

Die drei Landkreise konterkarieren mit ihren Plänen jetzt die Ansage von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und allen Regierungschefs in Deutschland, die die Bürger gebeten hatten, am Wochenende dort zu bleiben, wo sie sind. Nur so könne eine bundesweite Ausgangssperre noch vermieden werden. Menschen sind dadurch in Coronazeiten im schlechtesten Fall sogar dazu gezwungen, Busse und Bahnen für die Rückreise zu nutzen – wenn die Betroffenen nämlich nicht mit dem Auto angereist sein sollten. Und auch dann sind Kontakte programmiert, etwa beim Tanken, Einkaufen oder bei Pannen.

Dabei hatte Daniel Günther (CDU) die Menschen in seinem Land in einer Video-Botschaft am Freitag noch eindringlich gebeten, ihre sozialen Kontakte auf ein absolutes Minimum zu reduzieren. Und auch für Ferienhausbesitzer hatte er eine klare Botschaft, die allerdings ganz anders klang als die der Landkreise: „Wenn Sie hier sind, halten Sie sich bitte genauso an die Regeln wie die Schleswig-Holsteiner.“

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Um die Verwirrung komplett zu machen, wurde am Freitag von der Landesregierung noch eine Pressemitteilung verschickt, in der es hieß, Günther würde alle Ferienhausbesitzer auffordern, das Land zu verlassen – tatsächlich hatte der Ministerpräsident das in seiner Video-Botschaft mit keinem Satz gesagt. Und tatsächlich ist auch keine entsprechende Allgemeinverfügung für ganz Schleswig-Holstein geplant.

Hamburger: "Wir sind sprachlos und entsetzt"

Die massive Abschottungspolitik des Landes gerade zu Hamburg sorgt jetzt verstärkt für Irritationen – und für skurrile Szenen. So berichtet ein Hamburger, der mit seiner Familie im Moment in seinem Haus in Eckernförde ist, dass ein Nachbar heute Morgen mit folgenden Worten auf ihn zugestürmt sei: „Ihr habt hier nichts zu suchen, haut ab.“

Dabei würde man seit zehn Jahren friedlich nebeneinander wohnen, die Hamburger Familie verbringe nahezu alle Ferien und Wochenenden an der Ostsee: „Wir sind sprachlos und entsetzt, zumal wir einfach nur das machen, was alle machen sollen: wir bleiben im Haus und gehen manchmal mit den Kindern in den Garten“, sagt der Familienvater. „Ich dachte, jetzt geht es um Solidarität. Aber vielleicht zeigt sich in Zeiten wie solchen erst, was die Schleswig-Holsteiner wirklich von Hamburgern halten, die hier ihre Ferienhäuser haben.“

In St. Peter-Ording halten sich offenbar kaum noch Menschen auf

Eine andere Hamburger Familie aus St. Peter-Ording berichtet, dass sie am Morgen die ausgedruckte Allgemeinverfügung des Landkreises Nordfriesland hinter der Scheibe ihres Autos gefunden habe: „Die muss irgendein Nachbar dahinter gesteckt haben ...“ Die Botschaft sei dieselbe wie in Eckernförde: Weg mit euch! Dabei sei in St. Peter-Ording kaum noch ein Mensch ...

Hinter der Strategie der Schleswig-Holsteiner, alle Menschen aus anderen Bundesländern wenn möglich aus dem Land zu kriegen, steht auch die Sorge, dass die vorhängenden Behandlungskapazitäten im Notfall nicht ausreichen könnten. Spätestens bei dieser Argumentation dürften Hamburger hellhörig werden: Denn in den Kliniken der Stadt werden bereits jetzt Corona-Patienten aus Schleswig-Holstein behandelt, das sei eine Selbstverständlichkeit und sei ein Gebot der Solidarität in diesen Zeiten, heißt es aus der Gesundheitsbehörde dazu.

Überhaupt kämen 30 Prozent aller Patienten in Hamburger Krankenhäusern aus Schleswig-Holstein. Und: Der erste Mann, der in Hamburg positiv auf Corona getestet wurde, lebt in Henstedt-Ulzburg ...

Coronavirus: So können Sie sich vor Ansteckung schützen

  • Niesen oder husten Sie am besten in ein Einwegtaschentuch, das Sie danach wegwerfen. Ist keins griffbereit, halten Sie die Armbeuge vor Mund und Nase. Danach: Hände waschen
  • Regelmäßig und gründlich die Hände mit Seife waschen
  • Das Gesicht nicht mit den Händen berühren, weil die Erreger des Coronavirus über die Schleimhäute von Mund, Nase oder Augen in den Körper eindringen und eine Infektion auslösen können
  • Ein bis zwei Meter Abstand zu Menschen halten, die Infektionssymptome zeigen
  • Schutzmasken und Desinfektionsmittel sind überflüssig – sie können sogar umgekehrt zu Nachlässigkeit in wichtigeren Bereichen führen