Hooge . Meeresspiegel steigt. Damit die Halligen nicht im Meer versinken, müssen die Warften verstärkt werden. Es wird viel Sand benötigt.

"Das Wattenmeer wird ertrinken". Dieses düstere Szenario zeichnete Robert Habeck vor genau vier Jahren. Unmittelbar davor hatte der damalige Umweltminister mit dem Landeskabinett eine Strategie Wattenmeer 2100 beschlossen - um dem Meeresspiegel-Anstieg entgegenzuwirken. Sandaufspülungen und Verstärkungen von Warften sollen dazu beitragen, Inseln und Halligen als Lebensraum für Menschen im Wattenmeer zu bewahren. Eins von vier Pilotprojekten ist auf Hallig Hooge in vollem Gange. So soll die Hanswarft für die nächsten Jahrzehnte widerstandsfähiger gegen den "Blanken Hans" gemacht werden, die gefährlichen Sturmfluten.

Über den Stand will sich am Freitag Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) informieren. Orkantief "Xaver" habe Ende 2013 deutlich gemacht, dass es düster aussehe für die Warften, sagt Projektleiterin Annemarie Lübcke. Wasserstände auf den Halligen von bis zu 4,5 Metern über Normalnull hatten den Handlungsbedarf drastisch verdeutlicht. Auf einigen Warften, wie die künstlich aufgeschütteten Erdhügel seit langem heißen, schwappte das Wasser an die Haustüren.

Bis zu sechs Mal im Jahr ist auf Hooge Landunter

Mit einem Programm "Hallig 2050" steuern Land und Gemeinden dagegen. Die Hanswarft zu schützen, ist eine Herausforderung. "Sie ist die am dichtesten besiedelte Warft und mit vielen Auffahrten versehen", schildert Lübcke. 30 Häuser von 23 Eigentümern stehen hier, rund 500 Touristen kommen Tag für Tag. Experten hatten erhebliche Sicherheitsdefizite ausgemacht: Der Befestigungsring um die Warft ist schlicht zu niedrig.

Weil die Halligen so flach sind, werden sie regelmäßig überflutet - dann ist das berühmte "Landunter". Auf Hooge ist das in der Regel fünf- bis sechsmal im Jahr der Fall, auf Langeneß auch 20 Mal. Die bewohnten Warften waren bis 2007 schon mit Gesamtkosten in Höhe von 18 Millionen Euro verstärkt worden, aber das reichte halt nicht.

Große Sandberge liegen an der Hanswarft auf Hooge. "Das ist unsere Großbaustelle", sagt Bürgermeisterin Katja Just. Erst wird Erde abgetragen, dann kommt Sand rauf und darauf wieder die Erde. Es entsteht auf der Westseite ein 5,80 Meter hoher "Anbau" mit Platz für zwei neue Häuser auf Gemeindegrund. Sie könnten Warftbewohnern ein vorübergehendes Domizil bieten, die ihre Häuser Landunter-sicherer machen wollen. "Unser Wohnjoker", sagt Just.

100 Menschen leben auf Hooge

Auf der Warft wurde auch ein Markttreff mit Lebensmittelladen, einem künftig an die Telemedizin angekoppelten Krankenpflegeraum und einem Schutzraum für Katastrophenfälle gebaut. Die Eröffnung am Freitag kommt mit einjähriger Verspätung. Noch nicht fertig sind die dringend benötigten drei Wohnungen im ersten Geschoss. "Wir haben ein Estrichproblem", sagt die Bürgermeisterin. Insgesamt leben rund 100 Menschen auf Hooge.

Mitte September soll die im April gestartete Verstärkung der Hanswarft fertig sein. Zehn bis 15 Menschen arbeiten daran. 3,6 Millionen Euro kostet die Maßnahme laut Lübcke. 95 Prozent bringe das Land auf, den Rest die Gemeinde. Fast eine Million Euro für den Sand kommen dazu. "Für den erwarteten Anstieg des Meeresspiegels reicht die alte Warfthöhe von 4,80 bis 5,00 Metern nicht aus", erläutert Vize-Bürgemermeister Michael Klisch. Er freut sich über den Hooge-fremden aus der Nordsee aufgespülten feinen Sand auf der Hallig: "Da können wir auch einmal das Gefühl von Amrum und Sylt haben."

22 000 Kubikmeter Sand werden für die Hanswarft gebraucht, aufgespült aus der Nordsee vor Sylt. Sogar 73.000 Kubikmeter sind erforderlich für die Treuberg-Warft auf der nördlich gelegenen Hallig Langeneß. Die Warft ist derzeit unbewohnt und aus Expertensicht viel zu flach. Die Gemeinde hat die Warft gekauft. Wohnungen, Arbeitsräume und eine Krankenpflegestation mit Vorrichtungen für Telemedizin wird es dort künftig geben. Erster Spatenstich war am 20. Juni.

Halligen schützen Küste vor Sturmfluten

Weitere Pilotprojekte betreffen die Halligen Nordstrandischmoor und Gröde. Rund 280 Menschen leben auf den Halligen im Wattenmeer, davon 34 Mitarbeiter des Landesbetriebs für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz. 1824 wurden einmal 937 Bewohner gezählt.

2016 hatte die Landesregierung ein Millionenprogramm zur Verstärkung der Warften beschlossen, von denen gut 30 bewohnt sind. Die Arbeiten auf den Halligen dienen nicht nur dem Schutz der dort Lebenden. "Schließlich wird im Wattenmeer mit seinen Inseln und Halligen die Energie der Sturmfluten so gebrochen, dass die Menschen an der Küste besser geschützt sind", so Habecks Beschreibung von 2015. Es müsse in die Natur eingegriffen werden, um sie zu schützen.