Nordstrand . Der Klimawandel kommt auch nach Schleswig-Holstein: Viele Bauern werden das dritte Jahr in Folge keine gute Ernte einfahren.

Der Dürresommer 2018 hat den Bauern im Norden extreme Verluste beschert. „Es ist die schlechteste Ernte in Schleswig-Holstein seit 1976“, sagte Landwirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch auf Nordstrand: „Es erscheint mir richtig, den nationalen Notstand auszurufen.“ Zumal auch die Ernteergebnisse von diesem Jahr nicht mit jenen von vor 42 Jahren eins zu eins verglichen werden könnten. Schließlich seien in dieser Zeit die Produktivität, das Saatgut und die technische Entwicklung der Maschinen fortgeschritten. Die Landwirtschaft habe sich in den vergangenen Jahren ebenso verändert wie Autos oder Telefone, „so dass der Verlust - relativ gesehen - viel höher bewertet werden muss“.

Habeck nannte es richtig, dass der Staat den betroffenen Betrieben in der Not hilft. „Wir alle sind Profiteure davon, dass die Landwirte uns so günstige Lebensmittel zur Verfügung stellen“, sagte er. „Wir alle profitieren von dem System. Insofern ist es nur fair, dass dann auch die Gesellschaft den Betrieben, die in diesen engen Margen arbeitet, versucht zu helfen.“

Bund gibt bis zu 170 Millionen Euro

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) hatte am Mittwoch angekündigt, dass der Bund angesichts von Ernteschäden „nationalen Ausmaßes“ 150 bis 170 Millionen Euro geben werde. Insgesamt sollen Landwirte mit starken Einbußen staatliche Nothilfen von bis zu 340 Millionen Euro bekommen, wobei die Länder die Hälfte des Gesamtbetrags tragen sollen. Insgesamt sind nach Länderangaben bundesweit rund 10.000 Betriebe so betroffen, dass sie in ihrer Existenz bedroht sind.

Die Landwirte (l-r) Steffen Haak und Harder Ratjen stehen auf einem Feld mit vertrocknetem Winterroggen
Die Landwirte (l-r) Steffen Haak und Harder Ratjen stehen auf einem Feld mit vertrocknetem Winterroggen © dpa | Carsten Rehder

Nach Angaben der Landwirtschaftskammer liegt der durchschnittliche Ertragsverlust in Schleswig-Holstein bei Winterweizen bei rund 18 Prozent, bei den anderen Wintergetreidearten bei 25 bis 40 Prozent. Insgesamt wird in diesem Jahr eine Getreidemenge von 1,7 Millionen Tonnen Getreide erwartet. Das sind 31 Prozent weniger als im Vorjahr, wie Kammerpräsident Claus Heller sagte. Fast alle Betriebe seien von Ertragsausfällen betroffen, hieß es.

Beim Raps liegen die Erträge vieler Betriebe bereits im dritten Jahr in Folge unter dem Durchschnitt. Die Erntemenge werde vom Statistikamt Nord mit 221.000 Tonnen auf 36 Prozent unter dem Vorjahresniveaus prognostiziert, sagte Heller. Beim Mais sei regional unterschiedlich von Ertragsverlusten von bis zu 50 Prozent auszugehen. Bei Kartoffeln werden Ertragsverluste von 30 bis 40 Prozent erwartet. Dabei werden die zum Teil Knollen kleiner und mehliger sein.

Erst permanent Regen, dann totale Dürre und Hitze

Grund für die katastrophale Ernte waren die extremen Witterungsbedingungen. „Von September 2017 bis kurz vor Ostern hatten wir permanent Regen, die Böden waren so nass, dass man im Grunde nicht auf die Felder konnte, um die Saaten auszubringen“, sagte Habeck. Nach dem Regen kam eine kurze Zeit sogenannter Kahl-Fröste, die auch auf die Saat und die entstehenden Pflanzen einwirkte. „Dann begann schon die große Trockenheit mit anfangs der Hälfte der normalen Niederschläge im Mai und Juni, danach die totale Dürre und Hitze ab Juli.“

„Die zehn heißesten Jahre seit Beginn der Wettermessung waren in den letzten 20 Jahren“, mahnte Habeck. Das seien keine Einzelereignisse: „Man muss mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass sich etwas ändert, dass der Klimawandel ankommt (...) auch in Schleswig-Holstein.“