Kiel. Am Donnerstag stellte Innenminister Hans- Joachim Grote in Kiel den aktuellen Verfassungsschutzbericht des Landes vor.

Der Ressortchef spricht Klartext: „Die Sicherheitslage auch in Schleswig-Holstein ist angespannt“, sagte Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) am Donnerstag in Kiel bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2017. „Sie ist geprägt vom islamistischen Terrorismus und von zunehmenden Radikalisierungstendenzen an den politischen Rändern der Gesellschaft.“ Hierzu gehören im rechten Spektrum auch „Reichsbürger“ und „Identitäre“.

Islamismus

Die Zahl der Islamisten im Land stieg im vergangenen Jahr laut Verfassungsschutz um ein Viertel auf 550. Es gebe weiter Hinweise darauf, dass ausländische islamistische Kämpfer die Flüchtlingsbewegung nutzen, um unerkannt nach Deutschland zu gelangen, sagte der Minister. Deshalb seien auch in Schleswig-Holstein strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet worden, konkret 14 Verfahren wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Infolge des Niedergangs der Terrororganisation Islamischer Staat sei verstärkt mit der Rückkehr ideologisierter Kämpfer und auch radikalisierter Kinder und Jugendlicher zu rechnen. Die abstrakte Gefahr eines Terroranschlags bleibe hoch.

Reichsbürger

Dieser Bewegung, deren Anhänger die Bundesrepublik nicht als Staat anerkennen, ordnet der Verfassungsschutz mittlerweile 230 Menschen eindeutig zu. 2016 waren es 54. Die Szene sei durch enge Zusammenarbeit zwischen Verfassungsschutz und Ordnungsbehörden jetzt deutlich aufgehellt, sagte Grote. Bisherige Verdachtsfälle seien nun eindeutig identifiziert. Mit zusätzlichem Druck seitens des Staates zum Beispiel beim Eintreiben säumiger Zahlungen und beim Entzug von Waffenscheinen wachse die Gefahr von Eskalationen zwischen „Reichsbürgern“ und Behördenmitarbeitern.

Rechtsextremismus

Hier sank das Potenzial laut Verfassungsschutz leicht auf 1300 Personen. Die NPD (120 Mitglieder) verliere ihren Charakter als Wahlpartei. Zur Landtagswahl trat der Landesverband gar nicht an. „Der parteigebundene Rechtsextremismus ist in Schleswig-Holstein weiter auf dem Rückzug“, sagte Grote. Konzerte mit rechtsextremistischen Liedern hatten teilweise mehr als 100 Besucher. Als Neonazis gelten 230 Schleswig-Holsteiner. Gewaltorientiert seien insgesamt 600 Rechtsextremisten im Land.

Identitäre

Diese Bewegung hat 2017 weiter Fuß gefasst. Der Verfassungsschutz sieht in ihr eine ernstzunehmende und wachsende Größe im Rechtsextremismus. Derzeit ordnet er den Identitären weniger als 50 Anhänger zu. „Die Gruppierung erreicht vor allem junge und häufig gut bis sehr gut ausgebildete Erwachsene, die sich von den herkömmlichen neonazistisch geprägten Strömungen nicht angesprochen fühlen“, analysierte Grote.

Linksextremismus

Ihm ordnet der Verfassungsschutz weiterhin 670 Menschen zu. Es gebe eine leichte Verschiebung vom dogmatischen zum autonomen Spektrum. An den G20-Protesten hätten sich relativ wenige Linksextreme aus dem Land beteiligt. Verfassungsschutzleiter Dieter Büddefeld sprach von einer unteren dreistelligen Zahl. Von 420 Festgenommenen seien 27 aus Schleswig-Holstein gewesen. Gewaltorientiert seien 325 Linke.

Wegen der Bedrohung durch Extremisten gibt es neue Stellen. In diesem Jahr erhöht sich die Zahl um acht auf 130 Mitarbeiter. In den nächsten beiden Jahren kommen zusammen noch einmal neun dazu. Es gebe keinen Anlass zur Entwarnung, sagte der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft im Beamtenbund, Torsten Gronau. Angesichts der möglichen Einreise islamistischer Kämpfer müsse möglichst früh differenziert werden zwischen Menschen mit rechtskräftigen Ausweispapieren und solchen, die ohne Papiere kommen. „Eine Verteilung von Personen ohne hinreichende Bleibeperspektive oder ohne gesicherte Identitätsfeststellung auf die Kommunen sollte nicht mehr erfolgen.“