Lübeck. Der Unternehmer, der für die FDP kandidiert, stänkert vor der Bürgerschaftswahl in Lübeck gegen SPD, Grüne, Linke und CDU.
Ein paar Monate war es vergleichsweise still um Winfried Stöcker geworden, den Lübecker Unternehmer, der unter anderem den Flughafen der Stadt betreibt und der als Gründer von Euroimmun zu einem der wichtigen Arbeitgeber der Region zählt. Anfang des Jahres wurde eine Weihnachtsansprache Stöckers bekannt, die er vor seinen Angestellten gehalten und im Internet veröffentlicht hatte.
Seine Ausführungen zur "Me too"-Bewegung, die Stöcker als "bloßes Gezeter" bezeichnete, vermutlich in die Welt gesetzt von denen, "die von der Natur optisch weniger vorteilhaft ausgestattet worden sind", lösten Demonstrationen gegen ihn aus, die Universität Lübeck ließ prüfen, ob ihm wegen seiner Äußerung der Titel des Honorarprofessors entzogen werden könnte – ohne Erfolg.
Euroimmun, das "beglückende Arbeiterparadies"
Kurz vor der Kommunalwahl in Schleswig-Holstein macht Stöcker nun erneut von sich reden: Er ließ einen zweiseitigen Brief als Postwurfsendung an alle Lübecker Haushalte verteilen, einen "Aufruf zur Lübecker Bürgerschaftswahl". In diesem stellt er fest, die Linken "könnten von mir eine Menge lernen". In seinem Unternehmen herrsche "das beglückende Arbeiter-Paradies, das in der DDR nur versprochen wurde". Jeder seiner Mitarbeiter fühle sich wegen der hervorragenden Bedingungen "wie ein Millionär" – und nirgendwo würden "Frauen respektvoller behandelt und weniger diskriminiert" als in seinen Firmen. "Sie fühlen sich nicht zurückgesetzt", konstatiert Stöcker, "wenn wir sie als Wissenschaftler oder Kollegen" ansprechen.
Nach einem Exkurs durch verschiedene weitere Themen, in denen CDU, SPD, Linke und Grüne "am laufenden Band die größten Dummheiten gemacht" hätten – gern, um die "unbegabte Kanzlerin" zu stützen –, kommt er zu seinem eigentlichen Thema: dem Ausbau des Lübecker Flughafens. Stöcker wirft Rot-Grün vor, die "unredlichsten Mittel" einzusetzen, um seinen Ruf zu schädigen und so den Ausbau des "Traditionsflughafens" verhindern zu wollen.
Stöcker kandidiert für FDP – doch auch die wird kritisiert
Eine direkte Wahlempfehlung abseits von "anständigen Leuten mit besseren Manieren" bleibt Stöcker, der in Lübecks Nachbargemeinde Groß Grönau für die FDP kandidiert, zwar schuldig. Im Rundumschlag gegen gendergerechte Sprache muss vielmehr sogar Stöckers eigene Partei einen verbalen Hieb einstecken: Sie gehöre zu denjenigen, die sich "in vorauseilendem Gehorsam" dieser Bewegung für "Idiotinnen und Idioten" anschließe, weil sie gewählt werden wolle – sonst sei die FDP "nicht so dumm".
Mehr Empfehlung darf man von dem Mann, der auf zwei eng bedruckten Seiten so ziemlich jedes Politikfeld und nahezu alle Parteien harsch kritisiert, wohl nicht erwarten.