Kiel. Der Abstimmung ging eine kontroverse Debatte voraus. Die Koalition lobt ihre Investitionen, die Opposition vermisst Mut und Ideen.

Der erste Jamaika-Haushalt in Schleswig-Holstein ist unter Dach und Fach. Für den Gesamtetat stimmte am Mittwoch im Landtag außer den Koalitionsfraktionen CDU, Grüne und FDP auch der oppositionelle SSW - aus Verantwortung für das Land, wie Fraktionschef Lars Harms sagte. SPD und AfD votierten dagegen. Zuvor gab es eine kontroverse Debatte - mit versöhnlichen Signalen des Regierungschefs. Die Oppositionsfraktionen scheiterten mit zahlreichen Änderungsanträgen an der Jamaika-Mehrheit.

Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) lobte nicht nur das Wirken der Vorgängerkoalition für das Land, sondern ausdrücklich auch den Oppositionsführer. „Wir stellen uns damit der Verantwortung für das Land, so wie sich die Vorgängerkoalition dieser Verantwortung gestellt hat“, sagte Günther. „Unser erster „echter“ Jamaika-Heushalt ist ein stimmiger Dreiklang aus Schuldentilgung, Sanierung der Infrastruktur und Investitionen in Bildung und Zukunft.“ Der Haushalt beinhalte mehr als eine Milliarde Euro für Investitionen - Rekord.

Daniel Günther lobt Ralf Stegner

Ungewöhnlich positiv wandte sich Günther an SPD-Fraktionschef Ralf Stegner: Der Oppositionsführer habe mit ihm bei den Berliner Koalitionsverhandlungen vertrauensvoll im Interesse des Landes zusammengearbeitet. Dafür sei er ihm zutiefst dankbar. „Das war wichtig für unser Land, dass wir das gemeinsam gemacht haben.“

Stegner kommentierte das wohlwollend und legte dann mit harscher Kritik los. Die Koalition setze Projekte der Vorgängerregierung fort, nachdem sie in der vorigen Wahlperiode die Politik der damaligen Koalition aus SPD, Grünen und SSW massiv kritisiert habe. „Dieser Salto mortale ist politisch wirklich eindrucksvoll.“ Der jetzigen Koalition mangle es an Ideen, Konzepten und Mut.

890 Lehrerstellen mehr als geplant

Die größten qualitativen Verbesserungen schaffe der Haushalt bei Bildung und Sicherheit, sagte Günther. So gebe es 890 Lehrerstellen mehr als ursprünglich geplant. Mit zwei Milliarden Euro für soziale Sicherung, Familie und Jugend sowie Arbeitsmarktpolitik stärke die Koalition auch den Zusammenhalt im Land. „Schleswig-Holstein kann mit großer Zuversicht in die Zukunft schauen.“

Die Koalition nutze die gute Finanzlage optimal, sagte Günther. Der Entscheidungsspielraum habe auch etwas mit der Haushaltsführung der Vorgängerregierung zu tun, räumte der CDU-Politiker ein. Das zielte auf Finanzministerin Monika Heinold (Grüne), die den Posten auch in der alten Regierung innehatte.

Ausgaben von fast zwölf Milliarden Euro

Der Haushalt sieht Ausgaben von fast zwölf Milliarden Euro vor. Über so viel Geld verfügte das Land noch nie. Die Ausgaben steigen um 5,3 Prozent, die Einnahmen um 6,4 Prozent. Neue Schulden werden nicht gemacht; das Land tilgt vielmehr 160 Millionen Euro. Die Investitionsquote steigt auf 9,8 Prozent. Die Landesregierung hatte über die sogenannte Nachschiebeliste noch einmal Mehrausgaben in Höhe von 122 Millionen Euro beschlossen. Fast 71 Millionen Euro entfallen auf ein Entlastungspaket für die Kommunen.

Der CDU-Finanzpolitiker Ole Plambeck nannte den Haushalt zukunftsweisend und generationengerecht. Die SPD forderte mit Anträgen vergeblich kostenlose Krippenplätze für Kinder unter drei Jahren, eine Rückkehr zum Weihnachtsgeld für Beamte und eine höhere Besoldung der Grundschullehrer. Die Koalition vermisst hier eine solide Gegenfinanzierung. Mit ihrer Argumentation hätte die SPD schon den vergangenen Jahren das Weihnachtsgeld wieder zahlen können, sagte CDU-Fraktionschef Tobias Koch.

SPD spricht von "politischem Armutszeugnis"

Diese Koalition gebe Geld erst aus, wenn es da ist, entgegnete Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben Stegners harscher Kritik. Sie warf der SPD eine rückwärtsgewandte Politik vor. Jamaika setze die richtigen Schwerpunkte und stelle mit seinen Investitionen die richtigen Weichen, sagte FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Die SPD-Opposition sei unfassbar schwach.

Die SPD-Finanzpolitikerin Beate Raudies sagte, angesichts sprudelnder Steuereinnahmen sei der Haushalt ein politisches Armutszeugnis. Die Koalition gebe viel Geld falsch aus. Jamaika mache das Land ökologischer, weltoffener und gerechter, sagte der Grünen-Finanzpolitiker Rasmus Andresen. AfD-Fraktionschef Jörg Nobis forderte, mehr Schulden zu tilgen. Das Land hinterlasse den Folgegenerationen riesige Verbindlichkeiten. Die AfD verlangte massive Kürzungen der Mittel für Migranten und deren Integration. Dagegen sollen Ausgaben für die Rückführung abgelehnter Asylbewerber steigen.

Der Jamaika-Haushalt unterscheide sich nicht sehr von denen der Vorgängerkoalition, sagte SSW-Fraktionschef Harms. Der SSW schlug zusätzliche Ausgaben etwa für Grundschullehrer, Ganztagsschulen, kostenlose Büchereien, Frauenberatung und Aids-Hilfe vor. Harms begrüßte, dass Justiz und Polizei mehr Stellen bekommen.