Flensburg. Landgericht Flensburg sprach die Frau schuldig, ihren Mann erstochen zu haben, als er schlief. Sie muss für acht Jahre ins Gefängnis.
Während ihres „letzten Worts“ vor dem Urteil fängt die Angeklagte laut an zu schluchzen. „Es tut mir so leid“, sagt die 50-Jährige am Donnerstag vor dem Landgericht Flensburg an ihren Stiefsohn gewandt. „Das war nicht mit Absicht.“ Wenige später verkündet die Schwurgerichtskammer ihr Urteil: Acht Jahre Haft wegen heimtückischen Mordes. Die Kammer sah es als erwiesen an, dass die 50-Jährige in der Nacht zum 7. Mai 2017 ihren 51 Jahre alten Ehemann im gemeinsam bewohnten Haus in Wyk auf Föhr mit zwei Messerstichen in die Brust getötet hat. Die Kammer sieht das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt, geht jedoch von einer verminderten Steuerungsfähigkeit aus. Dadurch verschiebt sich der Strafrahmen auf drei bis 15 Jahre.
Die Angeklagte, die direkt nach der Tat den Notarzt verständigt und die Messerstiche gegenüber Polizei und Rettungskräften gestanden hatte, konnte sich in der Hauptverhandlung an nichts mehr erinnern. Sie stritt die Tat aber nicht ab. Sie hatte zur Tatzeit einen Blutalkoholwert von knapp drei Promille. Auslöser für den tödlichen Ausbruch soll ein Puzzle gewesen sein, dass ihr Ehemann zerstört hat. Auch daran konnte sie sich nicht mehr erinnern.
Gericht geht von "Mord aus Heimtücke" aus
Strittig war bis zuletzt die Frage, ob die Frau ihren Mann von hinten in die Brust gestochen hat. Die Kammer sah dies unter anderem durch die Aussagen einer Gerichtsmedizinerin bestätigt. „Wir gehen von einem Mord aus Heimtücke aus“, sagte der Vorsitzende Richter. Letztlich sei es aber für die rechtliche Einordnung irrelevant, ob tatsächlich von hinten zugestochen worden sei oder der Getötete bereits geschlafen habe. Es komme vielmehr darauf an, ob das Opfer arglos gewesen sei. Und es habe in seinem Schutzraum, seinem Schlafzimmer nicht mit einem Angriff rechnen müssen. Auch nicht nach einem Streit.
Die Kammer hat es sich nicht leicht gemacht in dieser Hauptverhandlung. Eigentlich sollte schon am 5. Dezember Schluss sein, doch nach dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft beantragte die Verteidigung den Wiedereintritt in die Beweisaufnahme. Sie sah Hinweise auf sexuelle Demütigungen und Schläge in der Ehe nicht ausreichend gewürdigt. Daraufhin wurden weitere Zeugen gehört, ein ehemaliger Vermieter des Paares beispielsweise. Die Tochter der Angeklagten wurde extra für den Verhandlungstag aus Südafrika eingeflogen. Auch Computer und Handys wurden auf verdächtige Dateien untersucht.
Paar war seit 2012 verheiratet
Die weiße Südafrikanerin und der Krabbenfischer von Föhr haben 2012 geheiratet. Zum ersten Mal getroffen hatten sie sich wenige Jahre zuvor, als die Frau einen Bekannten, den sie in Südafrika kennengelernt hatte, auf der Nordsee-Insel besuchte. Schwierig war die Beziehung von Anfang an. Schon vor der Ehe hat es Gewalt in der Beziehung gegeben. Streit. Beide tranken zuviel. Dies ließ die Angeklagte zu Beginn des Prozesses über eine Gutachterin mitteilen. Zeugen bestätigten dies.
Die Kammer zeigte sich überzeugt, dass es durchaus zu erniedrigenden Handlungen des Mannes an seiner Frau gekommen ist - sei es verbal, sexuell oder durch körperliche Gewalt. Es habe aber auch gute Zeiten in der Ehe gegeben und der später Getötete sei nicht per se ein schlechter Mensch gewesen, sagte der Kammervorsitzende.
Gericht folgt Antrag der Staatsanwaltschaft
Das Gericht folgte der Einschätzung einer Gutachterin, dass die Angeklagte in der Ehe infolge der wechselnden guten und schlechten Phasen eine posttraumatische Belastungsstörung, ein sogenanntes Battered Woman Syndrom entwickelt hat.
Das Gericht folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hat sechs Jahre wegen Totschlags gefordert. Die Nebenklage, die einen Sohn des Getöteten vertritt, hat auf eine lebenslange Haftstrafe wegen Mordes plädiert. Gegen das Urteil kann Revision eingelegt werden.