Lübeck. Eine junge Frau wird in einem Hinterhalt erschossen. Erster Prozess gegen Ex-Freund platzt. Auch der zweite läuft holprig an.

Der zweite Tag im Prozess um die tödlichen Schüsse von Bargteheide hat mit einer Überraschung begonnen. Er wolle nun doch nicht aussagen, heißt es in einem Brief des Angeklagten, den der Richter am Dienstag vor dem Lübecker Landgericht verlas. Noch beim Prozessauftakt hatte der Verteidiger des Angeklagten angekündigt, sein Mandant werde sich an einem der nächsten Verhandlungstage zu den Vorwürfen gegen ihn äußern. Die lauten auf Mord.

Vor gut einem Jahr, am 12. August 2016, soll der heute 36 Jahre alte Mann seine Ex-Freundin unter einem Vorwand in seine Wohnung gelockt und mit drei Schüssen getötet haben. Er muss sich seit Anfang August erneut vor dem Lübecker Landgericht verantworten, nachdem ein erster Prozess im Mai wegen einer Erkrankung seines Verteidigers geplatzt war.

Hilfsbereitschaft wurde dem Opfer zum Verhängnis

Das 28 Jahre alte Opfer hatte sich einige Monate vor der Tat nach einer rund vier Jahre dauernden Beziehung von dem Angeklagten getrennt. Das habe er offenbar nicht akzeptieren wollen und deshalb die Frau getötet, heißt es in der Anklage. Der Gerüstbauer und Bodybuilder war schon früher durch häusliche Gewalt aufgefallen, wie eine Polizistin am ersten Prozesstag gesagt hatte.

„Die Beziehung zwischen den beiden war problematisch, er war besitzergreifend und aggressiv“, erklärte ein Bekannter der 28-Jährigen am Dienstag. „Alle ihre Freunde haben ihr geraten, die Finger von diesem Mann zu lassen, aber sie wollte davon nichts wissen“, sagte der 29-Jährige.

Angeklagter schrieb, er leide unter der Tat

Eine weitere Zeugin, eine 22 Jahre alte Studentin und Reiterfreundin des Opfers, sagte, die 28-Jährige habe nach der Trennung nicht mehr in ihrer Wohnung, sondern bei ihren Eltern geschlafen. „Sie hatte Angst vor ihrem Ex-Freund. Er drohte, sich etwas anzutun, wenn sie nicht zu ihm zurückkehrt.“ Die Zeugin beschrieb das Opfer als fröhlich, kontaktfreudig und hilfsbereit.

Diese Hilfsbereitschaft wurde der 28-Jährigen möglicherweise zum Verhängnis. Um sie in seine Wohnung zu locken, hatte der Angeklagte seine Ex-Freundin laut Staatsanwaltschaft gebeten, ihm ein paar Lebensmittel in die Wohnung zu bringen, da er im Urlaub sei. Obwohl sie sich nach Zeugenaussagen vor dem Mann fürchtete und ein Kontaktverbot gegen ihn erwirkt hatte, kam sie seiner Bitte nach.

In dem am Dienstag verlesenen Brief schrieb der Angeklagte, er leide sehr unter dem, was er getan habe. Der Mordvorwurf treffe jedoch nicht zu. „Ich habe mit meinem Anwalt besprochen, dass wir uns bis November die Beweisaufnahme anhören und abwarten, ob die Staatsanwaltschaft bei ihrem Mordvorwurf bleibt“, heißt es in dem Schreiben.