Lübeck. Der Vorwurf einer Zuschauerin gegen CDU-Mann Daniel Günther sorgte für Empörung. Jetzt kommt raus: Die Frau ist SPD-Politikerin.
270.000 Zuschauer erlebten am Dienstagabend einen munteren Schlagabtausch zwischen Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Torsten Albig (SPD) und seinem Herausforderer Daniel Günther (CDU). Die Spitzenkandidaten stellten sich in Lübeck in der „Wahlarena Schleswig-Holstein“ des NDR den Fragen von 140 Bürgern, die direkt und unverblümt ihre Meinung zu Schul- oder Verkehrspolitik kundtaten. Wenig mit politischen Sachthemen hatte jedoch der Vorwurf der Zuschauerin Gabriele Schwohn zu tun, die sich gegen Ende der Sendung zu Wort meldete und eine Frage zum Wohnungsbau stellen wollte.
Noch bevor sie diese aussprach, griff sie CDU-Mann Daniel Günther scharf an: „Sie haben mich ja mal ,Ver.di-Schlampe‘ genannt im Landtag, das werde ich nicht vergessen.“ „Bei aller Liebe“, entgegnete Günther daraufhin verdutzt. „Doch, kann man nachlesen“, so die stellvertretende Landesbezirksvorsitzende beim ver.di Landesbezirk Nord. Günther: „Ich finde das ungeheuerlich, mir so etwas vorzuwerfen.“ Um den Disput beizulegen, versprach Moderator Andreas Cichowicz, man werde den Sachverhalt nach der Sendung noch einmal aufklären.
Vorwurf bleibt unbewiesen
Der NDR teilte inzwischen mit, man habe mit der Frau gesprochen. Demnach soll Günthers Aussage am Rande einer Sitzung gefallen sein. Belegen konnte Schwohn das jedoch offenbar nicht. „Der Begriff „Ver.di-Schlampe" ist nachweißlich nicht im Schleswig-Holsteinischen Landtag protokolliert worden, weder im Plenarprotokoll noch in einem Ausschussprotokoll“, sagte ein Sprecher des Landtags am Mittwoch. Auch der Geschäftsführer des Bildungsausschusses will sich partout nicht an entsprechende Äußerungen in der fraglichen Sitzung des Gremiums im September 2014 erinnern.
Zudem bleibt ein fader Beigeschmack, denn wie jetzt bekannt wurde, ist Gabriele Schwohn nicht nur bei der Gewerkschaft, sondern auch in der SPD Flensburg als Kreisvorstandsmitglied aktiv. In den sozialen Netzwerken, wo der Vorfall diskutiert wird, vermuten nun User, die SPD-Frau habe den Ministerpräsidenten womöglich unterstützen und den CDU-Herausforderer diskreditieren wollen – womöglich sogar im Auftrag. Bewiesen ist dieser Vorwurf jedoch ebenfalls nicht.
„Weder die SPD Schleswig-Holstein noch der SPD-Spitzenkandidat haben mit dem Vorgang etwas zu tun oder hatten Kenntnis davon“, versichert Landesgeschäftsführer Christian Kröning. Die Sozialdemokraten führten die Auseinandersetzung mit der Union in der Sache. „An derlei persönlichen Auseinandersetzungen beteiligen wir uns grundsätzlich nicht.“ Schwohn selbst war am Mittwoch für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.
CDU stellt Ultimatum für Entschuldigung
„Wir vermuten, dass Frau Schwohn ihren Genossen helfen wollte“, sagte FDP-Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki dem Abendblatt. „Das ändert nichts an der Tatsache, dass diese Behauptung in höchstem Maße ehrverletzend ist. Nun sollte Frau Schwohn beweisen, dass diese Aussage tatsächlich gefallen ist – wenn sie erklärt, ‚das können wir nachlesen‘, sollte dies kein Problem darstellen. Ansonsten fällt dieser Angriff auf die schleswig-holsteinische SPD zurück. Denn der Eindruck muss zwangsläufig entstehen, dass mit unlauteren Mitteln zulasten der Union in den Wahlkampf eingegriffen wird.“
CDU-Landesvize Tobias Koch forderte eine öffentliche Distanzierung von SPD-Landeschef Ralf Stegner und des Ministerpräsidenten noch im Laufe des Mittwochs. „Nach den Regularien hätte diese SPD-Funktionsträgerin gar nicht im Studio sein dürfen. Dies alleine ist ein grobes Foul der SPD. Es gab eine klare Absprache zwischen NDR, CDU und SPD“, kritisierte der CDU-Politiker. Die Partei und auch Günther behalten sich „zivil- und strafrechtliche Schritte gegen Frau Schwohn vor“. Auch von ihr werde eine Klarstellung und Entschuldigung erwartet.