Flensburg. Landespolitik in Schleswig-Holstein ist empört. Wiedervereinigung auf Dänisch? Rechtspopulist Søren Espersen träumt von neuen Grenzen.

Der Vize-Chef der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei, Søren Espersen, hat mit umstrittenen Aussagen zur Grenzziehung für Empörung gesorgt. „Wenn die dänische Minderheit keine Hoffnungen auf eine Wiedervereinigung hegt, warum gibt es sie dann?“, fragte der Espersen, der auch Vorsitzender des auswärtigen Ausschusses im dänischen Parlament ist. Auch andere Minderheiten etwa in Schottland oder der Ukraine würden für ihre Sache kämpfen, sagte er. „Die Geschichte ist nicht statisch.“

Espersen hatte in einem Interview mit dem Sender dk4 die Minderheit in Deutschland aufgefordert, an der Grenzziehung von 1920 zu rütteln. „Wir hätten gerne ein Dänemark bis zur Eider. (...) Natürlich. Das muss auch die Idee der dänischen Minderheit sein, sonst verstehe ich gar nichts“, sagte Espersen in dem Gespräch mit Siegfried Matlok, Journalist der deutschsprachigen Minderheit in Dänemark. „Warum sollten wir das nicht wollen, das ist Hoffnung und Traum“, antwortete er auf dessen Frage nach territorialen Ansprüchen.

"Gefährliches Spiel mit dem jahrzehntelangen Grenzfrieden"

Die Forderung nach einem „Dänemark bis zur Eider“, die Schleswig-Holstein etwa in der Mitte teilt, will Espersen allerdings „mit einem Lächeln auf den Lippen“ gestellt haben, wie er nach der Ausstrahlung sagte. Es gehe ihm nicht darum, einen Krieg anzuzetteln. „Wir haben eine Grenzregion, die wunderbar funktioniert, und dafür werden wir in der ganzen Welt bewundert“, sagte er. Seine Dänische Volkspartei stellt die zweitstärkste Fraktion im Parlament in Kopenhagen und ist seit Jahren wichtiger Stützpartner der rechtsliberalen Minderheitsregierung. Der dänische Außenminister Anders Samuelsen erklärte dazu: „Wie bekannt, ist dies nicht die Politik Dänemarks oder der dänischen Regierung.“

Der politische Arm der dänischen Minderheit in Deutschland, der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), nannte die Idee einer Wiedervereinigung populistisch, unrealistisch und unzeitgemäß. Solch eine Forderung sei „ein gefährliches Spiel mit dem jahrzehntelangen Grenzfrieden, den wir nach Jahrhunderten deutsch-dänischer Konflikte gemeinsam erreicht haben“, teilte der SSW-Fraktionschef im Kieler Landtag, Lars Harms, mit. Dänemark hätte Schleswig nach dem Zweiten Weltkrieg „mit einem Fingerschnipsen“ haben können, hatte Espersen zuvor gesagt. Kopenhagen hätte das aber aus Angst vor einer großen deutschen Minderheit abgelehnt.

SSW-Fraktionschef Lars Harms reagiert pikiert

Der Äußerungen Espersens und die Reaktion darauf sorgte auch für Ärger in der Landespolitik. Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Hans-Jörn Arp, appellierte an die Partei der Minderheit: „Der SSW muss sich aufgrund seiner derzeitigen Regierungsbeteiligung in Schleswig-Holstein auch aufgrund seiner finanziellen Abhängigkeit vom dänischen Staatshaushalt klar und eindeutig (...) distanzieren.“ Ein Großteil des SSW-Budgets stamme aus Kopenhagen.

Harms reagierte pikiert: „Nach Logik der CDU muss die dänische Minderheit sich künftig stets öffentlich distanzieren, wenn in Dänemark ein Rechtspopulist den Mund aufgemacht, weil ja sonst die Zuschüsse aus Dänemark einen bitteren Beigeschmack bekämen“, teilte er mit. Dies zeige ein „krudes Minderheitenbild“ in der CDU.

Rasmus Andresen, stellvertretenden Fraktionschef der Grünen, rief die dänische Regierung dazu auf, sich von Espersens Äußerungen zu distanzieren. Der SPD-Abgeordnete Kai Dolgner scherzte: „ Warum so zaghaft? Ein anständiges Groß-Dänemark muss doch auch Holstein bis Altona umfassen.“