Kiel. Am Montag stellte das Land Schleswig-Holstein den ersten Schuldenreport vor. Viele Betroffene haben unter 900 Euro zur Verfügung.

Alleinerziehende Frauen und alleinlebende Männer in Schleswig-Holstein sind überproportional von Überschuldung betroffen. Dies geht aus dem ersten Schuldenreport für das Land hervor, der am Montag in Kiel vorgestellt worden ist.

Mehr als jeder Vierte, der 2014 in einer der 35 Beratungsstellen Rat suchte, ist demnach ein Single-Mann. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung des Landes liegt bei rund 18 Prozent. Gut 14 Prozent der Ratsuchenden sind alleinerziehende Mütter - ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung beträgt 5,7 Prozent. Der Report zeige, dass sich viele Menschen trotz geringer Arbeitslosigkeit in einer prekären finanziellen Situation befinden, sagte die Leiterin der Koordinierungsstelle, Alis Rohlf.

Rund 26 800 Menschen haben 2014 in Schleswig-Holsten wegen ihrer finanziellen Schieflage Hilfe in einer Schuldnerberatungsstelle gesucht. Dies sei aber nur ein kleiner Teil derjenigen, die Hilfe wegen ihrer Schulden bräuchten, sagte die Leiterin Alis Rohlf. „Wir gehen davon aus, dass nur zehn bis 15 Prozent der Betroffenen eine Schuldnerberatungsstelle aufsuchen.“ Die Dunkelziffer liege im sechsstelligen Bereich.

Überschuldung ist auch eine psychische Belastung

In die Überschuldung rutschten die meisten Ratsuchenden etwa wegen Arbeitslosigkeit, unwirtschaftlicher Haushaltsführung, Krankheit oder einer Scheidung, sagte Martin Buhmann-Küllig von der Koordinierungsstelle. Auffällig ist dem Report zufolge, dass viele Ratsuchenden nur ein sehr niedriges Nettoeinkommen haben: 46 Prozent hatten 2014 weniger als 900 Euro zur Verfügung. „Das liegt weit unter der Armutsgrenze und zeigt, dass Verschuldung ein soziales Problem ist“, sagte Rohlf. Die Betroffenen manövrierten sich in der Regel nicht durch übermäßigen Konsum in ihre Lage.

„Überschuldung ist mehr als nur ein materielles Problem“, sagte Rohlf. Oft litten die Betroffenen und ihre Familien unter physischen und psychischen Folgen der Überschuldung sowie gerieten in die soziale Isolation. Schuldnerberatung sei daher viel mehr als reine Schuldenregulierung. Die Mitarbeiter unterstützten die Menschen, ihre Lebensverhältnisse zu stabilisieren. Hinzu kommt die präventive Arbeit der Beratungsstellen etwa in Schulen. Die eingesetzten Mittel - etwa die 4,3 Millionen Euro Landesförderung - sind nach Ansicht von Rohlf gut investiertes Geld. Die Arbeit der Beratungsstellen habe letztlich auch einen ökonomischen Nutzen: „Sie hilft, Transferleistungen zu vermeiden und Kaufkraft zurückzugewinnen“, sagte Rohlf.

Das Diakonische Werk teilte mit Blick auf das niedrige Nettoeinkommen mit, trotz Mindestlohn müsse eine gesellschaftliche Debatte über angemessene Löhne geführt werden. Der erschreckend hohe Anteil von alleinerziehenden Frauen zeige, dass zu wenig für diese Gruppe getan werde.