Kiel. Wird Schleswig-Holstein zur Sackgasse für Transit-Flüchtlinge? Diese Sorge basiert auf den angekündigten Grenzkontrollen in Schweden.

Schleswig-Holstein nimmt seit Donnerstag keine aus Bayern überstellten Flüchtlinge mehr auf. Angesichts der geänderten Grenzkontrollen in Schweden sei dies eine Vorsichtsmaßnahme, um nicht zu viele Flüchtlinge in Schleswig-Holstein zu haben, sagte Innenminister Stefan Studt (SPD) am Donnerstag in Kiel. Der vorübergehende Aufnahmestopp von Flüchtlingen, die aus Bayern in andere Bundesländer gebracht werden, sei mit der zuständigen Bund-Länder-Koordinierungsstelle abgesprochen, sagte Studt.

Schleswig-Holstein hat bislang deutlich mehr Flüchtlinge aufgenommen als es nach dem Königsteiner Schlüssel müsste. Dieser regelt anteilig die Verteilung der Flüchtlinge auf alle Bundesländer. Schleswig-Holstein sei im Plus und könne daher vorübergehend mit der Aufnahme aus Bayern aussetzen, sagte Studt.

Bis Donnerstagnachmittag gab es nach seinen Angaben noch keine zugespitzte Situation mit Transit-Flüchtlingen in der Grenzstadt Flensburg oder den Fährhäfen Kiel und Lübeck. In Flensburg und in Lübeck könnten kurzfristig jeweils 3000 Menschen und in Kiel 1000 Menschen in Notunterkünften untergebracht werden.

Schweden will im Süden Kontrollen einführen

Eine genaue Einschätzung, was Schweden tatsächlich plane, sei zur Stunde nicht möglich, sagte Studt. Er verwies auf eine Kabinettssitzung in Stockholm noch am Donnerstag, deren Ergebnisse noch nicht bekannt seien. Die einfachste Variante wäre, das Schweden alle Flüchtlinge an der Grenze registriere. Die schärfste Option könnten Grenzkontrollen bis hin zur Grenzschließung sein. „Egal welches Szenario kommt, wir sind vorbereitet“, sagte Studt.

Schleswig-Holstein stehe mit den Bundesbehörden, aber auch mit den skandinavischen Polizeibehörden in engem Kontakt. Von der dänischen Polizei gebe es bisher keine Signale, von ihrer bisherigen Praxis mit Stichproben-Kontrollen abzuweichen. Insofern sei eher mit Problemen an der dänisch-schwedischen Grenze zu rechnen. Studt betonte, dass Schweden nach den bisherigen Informationen lediglich in Südschweden Kontrollen einführen wolle, nicht aber in Ostschweden. Es bleibe abzuwarten, ob sich die Flüchtlingsströme möglicherweise dorthin verlagerten.

Täglich 1000 Transit-Flüchtlinge in Schleswig-Holstein

Der mit der Flüchtlingsunterbringung befasste stellvertretende Landespolizeidirektor Joachim Gutt versicherte, Schleswig-Holstein werde - so schrecklich sich das anhöre, denn es handle sich ja um Menschen - nicht überlaufen.

In Schleswig-Holstein kommen zurzeit etwa täglich 1000 Transit-Flüchtlinge an. Allein im Oktober waren es 27.000. Die meisten wollen mit Zügen und Bussen über Flensburg oder Fähren von Kiel und Lübeck in Richtung Schweden weiterreisen. Wie viele der Transit-Flüchtlinge geltende Papiere haben, konnte Studt nicht sagen. „Das wissen wir einfach nicht.“

Kommunen müssen Flüchtlinge integrieren

Schleswig-Holstein will seine Kapazitäten an Erstaufnahmeplätzen von zurzeit rund 13.250 Plätzen bis zum Jahresende auf 25.000 Plätze ausbauen. Auf dem Husumer Messegelände (Kreis Nordfriesland) soll eine Unterkunft mit rund 500 Wohncontainern für bis zu 1500 Flüchtlinge entstehen. Die Inbetriebnahme ist im Dezember geplant mit zunächst 1000 Plätzen. Im Gewerbegebiet Elmenhorst-Lanken (Kreis Herzogtum Lauenburg) soll eine Erstaufnahme mit 450 Containern für bis zu 1800 Flüchtlingen entstehen. Ebenfalls im Dezember soll in Lütjenburg (Kreis Plön) in der ehemaligen Schill-Kaserne auch eine Erstaufnahme den Betrieb aufnehmen, zunächst mit 400 bis 600 Flüchtlingen, später dann 1000.

Die eigentliche Integration der Menschen bleibe Aufgabe der Kommunen. Um den Bau von kommunalen Unterkünften zu forcieren, hat das auch für Baufragen zuständige Innenministerium Gebäudekonzepte ins Internet gestellt. Solche Bauten seien in sechs bis zwölf Monaten umsetzbar, sagte Studt. Der Minister hält 5000 Neubauwohnungen nicht nur für machbar, sondern auch förderbar. Es gehe darum, günstigen Wohnraum allen, die darauf angewiesen seien, anbieten zu können - nicht nur Flüchtlingen, betonte der Minister.