Westerland . Im Fernsehen sieht man das fertigte Produkt. Reporterin Simone Steinhardt durfte am Set einen Blick hinter die TV-Kulissen werfen.

Hotelgast zu sein, ist etwas Wunderbares. Unzählige Male war ich schon Gast, beruflich, privat. Heute soll ich den Hotelgast nur spielen. Als Komparsin für die romantische Komödie „Wind aus West mit starken Böen“. Die Geschichte: Nach über 20 Jahren trifft Katharina (Ann-Kathrin Kramer) auf Sylt ihre Jugendliebe Hannes (Hannes Jaenicke) wieder, der sie damals wegen einer anderen sitzen ließ. Auch mit ihrer chaotischen Schwester Inken (Rhea Harder) muss sich Katharina jetzt auseinandersetzen.

Autorin Dora Heldt erfand die Geschichte in der Sauna

Bestseller-Autorin Dora Heldt - eigentlich heißt sie Bärbel Schmidt - erzählt, dass ihr Buch „Wind aus West mit starken Böen“ das Resultat eines Strandsauna-Besuchs ist. „Ich saß mit einer Freundin in der Sauna und da erzählte sie mir von ihrer Kollegin. Die hat nach 25 Jahren ihre Jugendliebe wiedergetroffen. Wir haben lange darüber gesprochen. Zufällig hatte ich kurz danach zwei weitere Gespräche über das Thema“, erzählt die gebürtige Sylterin. Sie selbst könne sich nicht vorstellen, sich noch einmal in ihre Jugendliebe zu verlieben. „Vermutlich will man damit das Gefühl wiederbeleben, das man seinerzeit erlebt hat. Das ist so wie am Hafen in List oder am Strand: Dort werde ich immer 17 sein“, sagt die Buchautorin lachend. Die Besetzung des Films gefällt ihr. „Ich mag vor allem Rhea Harder als 'Inken'. Das ist meine Lieblingsfigur.“

Am Set duzt man sich

Am Sonnabend vor Drehbeginn klingelt das Telefon. Kostümassistentin Kati ist dran. Am Set duzt man sich. „Hallo, Du bist am Montag als Hotelgast gebucht. Gut betucht solltest Du aussehen. Was hast Du denn so im Schrank?“ Ich gehe in Gedanken meinen Kleiderschrank durch und mache Vorschläge. Ob ich nicht auch eine Barbourjacke hätte, will Kati wissen. Nein. Ich bin nicht der Babourjacken-Typ. „Bring‘ eine Auswahl mit, das kriegen wir schon hin“, verspricht sie.

Am Drehtag tauchen eine vollgepackte Reisetasche und ich pünktlich um 12.30 Uhr am Set auf. „Toll, da hast Du ja doch einiges gefunden“, freut sich Kati und wirft einen prüfenden Blick auf mein Outfit: graues, extravagant geschnittenes Kleid, schwarze, flache Stiefeletten. Die halten ihrem kritischen Blick nicht stand. „Du bekommst was mit Absatz.“

Die meisten Komparsen sind fast schon Profis

Außerdem drückt sie mir eine fliederfarbene Jacke in die Hand. Es wird viel Wert auf die Details gelegt. Auch wenn wir am Ende nur wenige Sekunden im Bild sein werden. Aus drei prall gefüllten Kleidersäcken und diversen Taschen kramt Kati für jeden das Richtige heraus: für die Pagen, die Servicekraft, die Rezeptionisten.

Die obligatorische Wartezeit nutze ich für einen Schnack mit den anderen. Die meisten Komparsen sind fast schon Profis. So wie Bettina Andresen, die extra aus Flensburg angereist ist, schon für den Tatort gedreht hat und die denkwürdigen Worte „Huhu!“ sagen durfte. Seit sie 2001 das erste Mal gedreht hat, hat es sie gepackt. Seitdem ist sie für Dreharbeiten regelmäßig in ganz Schleswig-Holstein, auch mal in Hamburg oder Dänemark, unterwegs. Bettina Andresen ist Lehrerin. Ihr Komparsen-Leben findet in den Ferien statt.

Die Hauptdarsteller springen gleich aus dem Auto

Auch Anika Lamade kommt aus Flensburg. Die 22-jährige hat schon mehrere kleinere Rollen gespielt. Einen Traum hat die gelernte Restaurant-Fachfrau auch: „Ich möchte Schauspielerin werden.“ Um diesem Traum näher zu kommen, will sie im kommenden Jahr sogar die Schauspielschule besuchen.

Mittlerweile sind alle eingekleidet. Kostümbildnerin Gurli Thermann wirft abschließend einen Blick auf uns. „Ich verschaffe mir noch mal einen Überblick, weil ich das gesamte Kostümbild im Auge habe“, erklärt die zierliche, blonde Frau lächelnd.

Währenddessen bereitet die Filmcrew alles für die Außenaufnahme vor. Die beiden Hauptdarstellerinnen sollen gleich aus einem Auto springen und ins Hotel laufen. Danach kommen auch Hannes Jaenicke und wir „Hotelgäste“ zum Einsatz. Nicht bei allen Komparsen-Szenen sind auch die Schauspieler involviert.

Um 17.15 Uhr ist Drehschluss

Nach mehr als dreieinhalb Stunden sind wir dran. Regieassistent René Bosman erklärt die Szene. „Ihr holt eure Rechnung an der Rezeption ab. Dann kommen Ann-Kathrin und Rhea, drängeln sich an euch vorbei. Ann-Kathrin bekommt einen Brief, fängt an zu lesen. Ab dem Moment bewegt ihr nur noch die Lippen. Ok?“ Plötzlich ruft Regisseur Dirk Regel: „Sabine, nein, wie heißt Du noch? Simone, gehst Du bitte einen Schritt zurück?“ Natürlich. „Achtung, wir drehen, bitte Ruhe! Ton ab! Läuft! Und Bitte!“ Murmelnd nehmen wir unsere Rechnungen entgegen, gehen nach draußen. „Aus!“, ruft jemand. Wir waren zu laut beim Rausgehen. Außerdem klapperten meine Absätze. Ein Crewmitglied klebt Filzplättchen drauf. Fünfmal wird die Szene gedreht – nicht ohne den „Siiiimoneeeee“-Ruf. Einige können sich ein Grinsen nicht verkneifen. Ich gehe brav den geforderten „Schritt zurück“.

Die Füße tun weh. Der Kopf ist leer

Nach einer weiteren Einstellung, die ebenfalls fünf Mal gedreht wird, verkündet ein Crewmitglied gegen 17.15 Uhr den Drehschluss. Es ist Rhea Harders letzter Drehtag. Unter Applaus und mit einem kleinen Präsent wird sie verabschiedet. „Danke, es hat Spaß gemacht“, sagt sie sichtlich gerührt in Richtung ihrer Kollegen. „Danke, das war’s für euch. Beim nächsten Film gerne wieder!“, entlässt René uns in den Feierabend. Meine Füße tun weh, der Kopf ist leer und voll zugleich, dabei hatte ich nicht mal einen Dialog. Eine professionelle Komparsin wird aus mir wohl nicht werden. Meine Reisetasche und ich verlassen den Drehort, bereichert um viele neue Eindrücke.

Ein Sendetermin für den Film steht noch nicht fest. Die Dreharbeiten dauern noch bis zum 13. November. d