Schleswig . Die Staatsanwaltschaft wirft zwölf Männern vor, mehrere Überfälle begangen zu haben, darunter auf ein Pfandhaus in Kiel.
Vor Beginn eines Prozesses gegen zwölf mutmaßliche Juwelenräuber in Schleswig drängen sich auf dem Parkplatz des Gerichts Kamerawagen und Polizeibusse. Polizisten, zum Teil mit Hunden, laufen auf und ab. Journalisten und Zuschauer warten auf Einlass. Erst als Richter, Anwälte, Dolmetscher, Angeklagte im Gerichtssaal sind, dürfen die Medienvertreter und Zuschauer einzeln ins Gebäude. Vor dem Betreten des Saals werden sie abgetastet. Mobiltelefone, Laptops und Taschen müssen abgeben werden - zur Sicherheit.
Denn einige der Männer aus Litauen, die im vergangenen Jahr bundesweit Überfälle auf Juweliere und Pfandleihen geplant und verübt haben sollen, gelten als gefährlich. Einer von ihnen soll auch an der gescheiterten Geiselnahme im Lübecker Gefängnis Weihnachten 2014 beteiligt gewesen sein. Der Prozess gegen die damals Beteiligten beginnt an diesem Mittwoch.
Hinter den Angeklagten stehen zu Beginn der Verhandlung maskierte und bewaffnete Polizisten, die aber später den Raum verlassen müssen. Zurück bleiben mehr als zwei Dutzend Justiz- und Polizeibeamte, die für Sicherheit sorgen sollen, mehr als 20 Anwälte, Staatsanwälte, Richter, Nebenklagevertreter, Gutachter und Dolmetscherinnen und einige Medienvertreter. Wegen der großen Zahl der Beteiligten wird in Schleswig verhandelt, auch wenn die siebte große Strafkammer des Landgerichts Kiel zuständig ist: Im Kieler Gericht gab es keine angemessenen Räumlichkeiten.
Formfehler bei Schöffen-Besetzung
Mit rund 45 Minuten Verspätung eröffnet der Vorsitzende Richter Carsten Tepp die Neuauflage des Prozesses. Vor einem Monat scheiterte der erste Anlauf, da einer Besetzungsrüge gegen das Gericht stattgegeben wurde. Bei der Besetzung der Schöffen war ein Formfehler unterlaufen.
Doch jetzt kann es losgehen; Staatsanwalt Christopher Sievers und sein Kollege verlesen die Anklagen. Etwa zwei Stunden brauchen sie dafür, auch weil sie wegen der notwendigen Simultanübersetzung ins Litauische sehr langsam reden müssen. Die Ankläger werfen den Männern im Alter von 22 bis 40 Jahren vor, in wechselnder Zusammensetzung und Verantwortung mehrere Überfälle begangen zu haben, darunter auf Pfandhäuser und Juweliere in Düsseldorf und Kiel. Sie erbeuteten Schmuck, Uhren und Bargeld im Wert von gut einer halben Million Euro. Auch in München wollten sie angeblich zuschlagen, sie wurden jedoch kurz vorher festgenommen. Koordiniert und geplant wurden die Taten laut Anklage von Berlin aus.
Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft suchte die Bande kleine, schwer einsehbare Geschäfte mit hochwertiger Ware als Ziele aus, in denen nur wenige Mitarbeiter beschäftigt waren. Die Angeklagten sollen dabei in verschiedenen Gruppierungen die Orte ausgekundschaftet und Fluchtfahrzeuge organisiert, Schmiere gestanden und die Überfälle selbst begangen haben. Dabei sollen sie äußerst brutal vorgegangen sein, ihre Opfer getreten, geschlagen und gefesselt haben. Der Düsseldorfer Juwelier etwa, der im August 2014 überfallen worden war, habe Blutungen im Gehirn erlitten und noch Monate später mit Spätfolgen zu kämpfen gehabt, sagt Sievers.
Angeklagt sind die zwölf wegen bandenmäßigen schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung sowie der Beihilfe dazu. Am Dienstag hüllen sich alle Angeklagten in Schweigen. Dafür reden ihre Anwälte umso mehr: Sie stellen diverse Anträge, deren Übersetzung die Dolmetscherinnen teilweise an ihre Grenzen bringt. Unter anderem kritisieren mehrere Verteidiger, dass einer der Angeklagten - der bei dem Überfall in Düsseldorf einer der Haupttäter gewesen sein soll - ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen wurde. Die Gründe dafür seien nicht nachvollziehbar, heißt es. Der Prozess soll am Freitag fortgesetzt werden.