Hamburg. Nach Medieninformationen lagert die Post im Norden Briefsendungen auch in Zelten. Zudem seien extra Hallen angemietet worden.
Der seit mehreren Wochen andauernde Streik bei der Deutschen Post sorgt offenbar für Platzmangel. So sind auf dem Gelände des Frachtzentrums Börnicke Berlin-Nord Zelte zu sehen. In Kiel, Lübeck und Elmshorn, so schreibt es die Sylter Rundschau, sind solche Zelte ebenfalls aufgestellt und extra Hallen angemietet worden, um Briefsendungen zwischenzulagern.
Die Post wollte sich auf Anfrage zunächst nicht zu den Zelten äußern. Es hieß lediglich, die „Deutsche Post DHL Group besitzt mehr als 3500 Immobilien in ganz Deutschland. Sollten es die betrieblichen Anforderungen der einzelnen Unternehmensbereiche nötig machen, so gehört zum normalen Geschäftsablauf, dass Immobilien neu angemietet oder Mietverhältnisse beendet werden.“ Dabei gelten, laut Post, bei allen Immobilien die Konzernstandards, darunter die „Sicherheitsvorschriften des Datenschutzes und des Briefgeheimnisses.“
Angesprochen auf die Zelte hieß es dann aber doch, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass es sich "dabei um temporäre Unterbringungsmöglichkeiten auf unserem Betriebsgelände handelt, in denen wir Sendungen zwischensortieren."
Auch in Hamburg sollen nach Verdi-Informationen die liegengebliebenen Pakete in nicht mehr genutzten Hallen, etwa am Standort in der Kaltenkirchener Straße in Altona sowie in einer ehemaligen Zustellbasis in Norderstedt, zwischengelagert werden. Zu regionalen Daten wollte sich die Deutsche Post am Freitag nicht äußern.
Demonstration in Hamburg
Nach Schätzungen der Gewerkschaft Ver.di sind seit Streikbeginn am 8. Juni allein in Hamburg mehrere Millionen Briefe und mehrere Hunderttausend Pakete liegengeblieben. „Möglicherweise liegt die Zahl der nicht zugestellten Pakete ebenfalls bereits im siebenstelligen Bereich“, sagte Gewerkschaftssekretär Thomas Ebeling dem Abendblatt bereits am Mittwoch.
Unterdessen haben auch am Freitag mehr als 2000 Postbeschäftigte zu einer Demonstration in der Hamburger Innenstadt versammelt. Sie wollen damit die Position der Gewerkschaft Ver.di in der siebten Runde der Tarifverhandlungen stützen, die zur gleichen Zeit in Bad Neuenahr fortgesetzt werden. Bei der Abschlusskundgebung wollte DGB-Chef Reiner Hoffmann sprechen.
Rückhalt in der Bevölkerung
Der Streik der Postbeschäftigten findet einer Umfrage zufolge noch großen Rückhalt in der Bevölkerung. Wie das Meinungsforschungsinstitut YouGov in einer am Freitag veröffentlichten Befragung ermittelte, haben 63 Prozent der Bundesbürger Verständnis für den Arbeitskampf. Nur 29 Prozent lehnen ihn kategorisch ab.
Dabei hat fast die Hälfte der Bundesbürger inzwischen die Auswirkungen des Streiks persönlich zu spüren bekommen. Insgesamt 42 Prozent der 1370 Befragten gaben an, durch den Streik bereits wichtige Post zu spät bekommen zu haben. Der Anteil derjenigen, die bislang nach eigenen Angaben schadlos durch den Arbeitskampf kamen, war mit 45 Prozent aber noch etwas größer.
Insgesamt stieß der Streik in Westdeutschland auf mehr Verständnis als im Osten. Stadtbewohner klagten häufiger über verspätete Post, als Postkunden auf dem Lande.
Worum geht es im Poststreik?
Seit rund vier Wochen läuft der bundesweite unbefristete Streik bei der Post. Im Mittelpunkt stehen dabei nicht nur Forderungen der Arbeitnehmer nach mehr Geld, sondern ein Grundsatzstreit: Die Post hat zu Jahresbeginn 49 neue Regionalgesellschaften im Paketgeschäft gegründet, deren heute rund 6500 Mitarbeiter nach einem anderen Tarif und damit schlechter bezahlt werden als die Kollegen im Post-Haustarif. Das lehnt die Gewerkschaft Verdi vehement ab.
Die neuen Gesellschaften verstoßen aus Sicht von Verdi gegen einen Vertrag, in dem sich die Post verpflichtet hatte, sogenannte Fremdvergaben streng zu beschränken. Die Post sagt, in den Gesellschaften entstünden neue Arbeitsplätze, die bisherigen Postler würden nicht schlechter gestellt. Daher greife diese Festlegung nicht.
Verdi hat als Reaktion die bisherige Arbeitszeitregelung (38,5 Stunden) und die Entgelt-Vereinbarungen mit der Post gekündigt. Zum Ausgleich für die Ausgliederung fordert sie für die Post-Beschäftigten 5,5 Prozent mehr Geld und eine Arbeitszeitverkürzung auf 36 Stunden mit Lohnausgleich.
Die Post hat bisher keinen konkreten Entgeltvorschlag vorgelegt. Sie hatte zu Beginn der Tarifrunde ein Modell zur Flexibilisierung der Arbeitszeit zwischen 41 und 34 Wochenstunden präsentiert und Bereitschaft gezeigt, über eine Verlängerung des Kündigungsschutzes zu verhandeln. Dieser läuft Ende 2015 aus. (lem/dpa)