Hannover . Auf den Urlaubsinseln in Nord- und Ostsee explodieren die Immobilienpreise. Insulaner finden keinen bezahlbaren Wohnraum mehr.

Massentourismus im Sommer, leere Geisterquartiere außerhalb der Ferienzeiten: Die eigentlich sehr unterschiedlichen Inseln an Nord- und Ostseeküste haben ein gemeinsames Merkmal - „tote Zonen“ oder „Rollo-Siedlungen“. Dort stehen die Wohnungen einen Großteil des Jahres leer, denn etliche Teilzeit-Insulaner kommen nur für wenige Wochen in ihre schicken Zweitwohnungen von Borkum bis Usedom. „Das wird zu einem Riesenproblem“, ärgert sich Borkums Bürgermeister Georg Lübben über den Trend in Richtung Ausverkauf der Inseln.

Wege aus diesem Dilemma wollen die Spitzen der Inselkommunen suchen, die sich am Mittwoch im niedersächsischen Landtag in Hannover treffen.

Explodierende Immobilienpreise sind ein Teil des Phänomens. Die als „Syltisierung“ bezeichnete Entwicklung zu astronomisch hohen Baulandpreisen greift um sich. „Beim Hauskauf geht es hoch bis hin zu 11 000 Euro pro Quadratmeter“, hat Lübben beobachtet. „Für eine 100 Quadratmeter große Wohnung werden schon mal 750 000 Euro verlangt.“

Niedrige Kreditzinsen bei hohem Preisniveau erleichtern zwar den Kauf und die Investition in „Betongold“. „Viele auswärtige Investoren erwerben Wohnraum als Kapitalanlage“, sagt Langeoogs Bürgermeister Uwe Garrels. Klar ist aber auch, dass sich das nur diejenigen leisten können, die das Geld übrig haben.

Fatale Folgen hat vor allem der Umbau von Dauerwohnungen zu Ferienwohnungen. Das funktioniert so: Investoren kaufen Häuser mit Dauerwohnungen, reißen sie ab und bauen sie zu Ferienwohnungen um. Nutzen bringen sie nur auf Teilzeit-Basis - und so stehen schicke Urlaubsdomizile viele Wochen des Jahres leer. Sie fehlen damit den Angestellten der Tourismus-Branche und den Insulanern selbst. So wird mal hier langwierig eine Wohnung für eine Kindergärtnerin gesucht, oder es gibt nicht genügend Zimmer, wenn ein Lehrer seine Familie vom Festland nachziehen lassen will. Bei Quadratmeterpreisen von bis zu 15 Euro, in Extremfällen sogar bis zu 30 Euro, sind auch die Kaltmieten auf den Inseln nicht gerade günstig.

Schon 2014 funkten die niedersächsischen Inseln SOS in Richtung Hannover: In einer Resolution forderten sie eine Änderung des Baugesetzes, um den Ausverkauf von Wohnraum zu stoppen. Die Kommunen könnten zwar die Schaffung von Wohnungseigentum unter Genehmigungsvorbehalt stellen, Käufer könnten dies jedoch durch ein Schlupfloch umgehen. Diese Gesetzeslücke soll nun geschlossen werden, so die Hoffnung der Bürgermeister und Verwaltungsspitzen der Inseln, die sich am Mittwoch zur zweiten Inselkonferenz in Hannover treffen.

Das Problem von Ferienwohnungen in allgemeinen Wohngebieten ist auch in anderen Bundesländern bekannt. Deshalb hofft Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) auf die Unterstützung von Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig Holstein, um Gesetzesänderungen mit einer Bundesratsinitiative voran zu treiben.

Eine schnelle Lösung zeichnet sich vorerst nicht ab, und so gibt es inzwischen noch ganz andere Teilzeit-Insulaner: Diejenigen, die dort arbeiten, aber dort nicht mehr wohnen können und zwischen Festland und Insel pendeln müssen, etwa nach Norderney. „Wir kriegen bald echte Probleme, die Leute unterzubringen“, fürchtet auch Borkums Bürgermeister Lübben.

(dpa)