Kiel. Die Albig-Regierung will mit dem Planungsrecht den Ausbau der Windkraft so steuern, dass kein Wildwuchs entsteht. Hintergrund sind Gerichtsurteile.

Mit Änderungen im Planungsrecht will die Landesregierung im Windland Schleswig-Holstein einen geregelten Ausbau der Windenergie vorantreiben - ohne Wildwuchs. Ein solches Steuerungsinstrument wäre bundesweit ein Novum. Einen entsprechenden Vorschlag kündigte Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) am Donnerstag an. Das Konzept sieht nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur vor, den Bau weiterer Anlagen vorübergehend - für zwei Jahre - für unzulässig zu erklären und zugleich Ausnahmen zuzulassen.

Damit könnten zahlreiche auf den Weg gebrachte Anträge zügig Ausnahmegenehmigungen bekommen. Die Regierung reagiert auf Urteile, mit denen das Oberverwaltungsgericht Schleswig im Januar Regionalpläne gekippt hatte. Das OVG rügte unter anderem, dass von der Ausweisung von Windeignungsflächen vornherein jene Gemeinden ausgeschlossen wurden, die sich gegen die Windkraftnutzung auf ihrem Gebiet entschieden hatten. Damit wurde ein Wildwuchs neuer Anlagen befürchtet.

Das Land legte Beschwerde ein, um eine Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht zu erreichen. Damit sind die OVG-Urteile noch nicht rechtskräftig, so dass die Pläne vorerst weiter gelten. Das Land gewann damit vor allem Zeit.

Ein Windenergie-Gipfel soll Konsens schaffen

Über ihren Vorschlag will die Regierung am Montag auf einem „Windenergie-Gipfel“ mit Landtagsfraktionen sowie Spitzenvertretern von Kommunen, Wirtschaft und Naturschutz Konsens erzielen. Er sei zuversichtlich, sagte Albig. Es gebe im Land breite Übereinstimmung: „Wir wollen mehr Windenergie nutzen, aber gleichzeitig Wildwuchs verhindern.“ Der mit externen Beratern entwickelte Vorschlag schaffe die Möglichkeit, diese Ziele rechtssicher zu verwirklichen.

„Ein solches gesetzliches Steuerungsinstrument für den Ausbau der Windenergie wäre bundesweit ein Novum“, sagte der Regierungschef. „Wir sind sicher, dass es verfassungsrechtlich zulässig ist. Ordnungspolitisch geboten ist es auf jeden Fall.“

Von kommunaler Seite bekam Albig Zustimmung. Es sei gut, dass die Regierung das Heft des Handelns in die Hand nehme, sagte der Geschäftsführer des Landkreistages, Jan-Christian Erps. Das OVG habe Land und Kommunen vor erhebliche Schwierigkeiten gestellt, den Windkraft-Ausbau umweltverträglich und bürgernah zu planen. Der Weg über das Planungsrecht sei richtig und komme zur richtigen Zeit. Mit den geplanten Ausnahmeregelungen könne die Regierung situationsgerecht reagieren.

Vorsichter Zuspruch kommt von den Christdemokraten

Vorsichtigen Zuspruch erntete die Regierung auch von der oppositionellen CDU. „Wenn dieser Vorschlag tatsächlich rechtlich tragfähig ist, dann könnte dadurch mit einem vertretbaren Aufwand für die Kommunen der befürchtete Wildwuchs von Windkraftanlagen vorübergehend verhindert werden“, sagte die kommunalpolitische CDU-Sprecherin im Landtag, Petra Nicolaisen. Der Ansatz erscheine brauchbar. Albig müsse angesichts des engen Zeitplans und der Tragweite der Regelung unverzüglich in eine enge Abstimmung mit den Kommunen gehen.

Der FDP-Energiepolitiker Oliver Kumbartzky sieht noch viele Fragen offen. Die Erklärung einer zweijährigen Unzulässigkeit beim Ausbau der Windenergie wäre ein einmaliger Akt, der bundesweit Beachtung finden würde. „Die juristischen und ökonomischen Folgen der Verhinderungsplanung sind daher genauestens zu beleuchten und abzuwägen“, sagte Kumbartzky.