Kiel/Hannover. Nicht nur Hamburg, sondern der gesamte Norden könnte von einer erfolgreichen Olympia-Bewerbung der Hansestadt profitieren.

Wenn der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) am 21. März über die Kandidatur von Hamburg oder Berlin berät, werden auch die Menschen in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern gespannt auf die Entscheidung warten. Zwar hat Hamburg kompakte, überschaubare Sommerspiele mitten im Hafen versprochen, doch ohne das Umland wird die Hansestadt die Spiele nicht ausrichten können.

„Bei einer Sportgroßveranstaltung in dieser Dimension geht es nicht anders. als mit der gesamten Region zusammenzuarbeiten“, sagt der Geschäftsführer der Hamburger Sportbundes (HSB), Ralph Lehnert. Die Wettbewerbe entsprächen 44 Weltmeisterschaften innerhalb von drei Wochen. Lehnert: „Das passt nicht alles auf den Kleinen Grasbrook.“ Hamburg wolle keine Sportstätten bauen, die in unmittelbarer Umgebung schon existieren. Das würde dem Grundgedanken des Hamburger Konzepts widersprechen, kompakte, sinnvolle und damit finanzierbare Spiele zu organisieren.

Hamburgs Pläne für Olympia 2024

Schon vor Monaten haben sich zahlreiche Städte und Gemeinden in den norddeutschen Flächenländern mit ihren Spielstätten ins Gespräch gebracht. Die Handball-Hochburgen Kiel und Flensburg könnten den Olympia-Mannschaften außer modernen Hallen ein begeistertes Publikum bieten. Besonders groß ist die Konkurrenz bei der Austragung der Segelwettbewerbe, für die Hamburg kein geeignetes Revier bieten kann. Die Außenalster ist zu klein und wegen der Windverhältnisse ungeeignet, auf der Elbe stören die Berufsschifffahrt und die Tide.

Kiel hofft, nach 1936 und 1972 zum dritten Mal die Segler bei Olympischen Spielen begrüßen zu können. Mit der Weltelite haben die Kieler genügend Erfahrungen gesammelt; die Top-Segler sind in jedem Jahr auf der Kieler Woche zu Gast. Lübeck möchte mit Travemünde ins Rennen gehen. „Wer hat mehr zu bieten als wir?“, fragt Bürgermeister Bernd Saxe (SPD) selbstbewusst. Weiter östlich lauert ein dritter Bewerber: Rostock-Warnemünde rechnet sich Chancen aus, wenn Deutschland olympische Spiele austrägt. Ob die Olympiastadt dann Hamburg oder Berlin heißt, ist für die Rostocker zunächst zweitrangig. Außerdem hat Cuxhaven angekündigt, sich als Austragungsort für die Segelwettbewerbe in Stellung zu bringen.

Schleswig-Holsteins Regierungschef Torsten Albig warb bei einem Besuch der Abendblatt-Redaktion für die schleswig-holsteinische Ostseeküste. „Wir haben mit Kiel und Travemünde zwei herausragende Segelstandorte, die weltweit ihresgleichen suchen“, sagte der SPD-Politiker. „Olympische Spiele würden in unsere städtebaulichen Planungen integriert, so dass die Unterkünfte für Sportler und Funktionäre wunderbar passen. Wir können es einfach. Wir sind olympiareif.“ Allerdings würden am Ende die Olympioniken entscheiden, ob die Segelwettbewerbe vor Kiel oder vor Travemünde ausgetragen würden. „Sie werden klug danach gehen, welcher Ort wirklich am besten zu Hamburg passt. Entscheidend ist, das Segeln zu den Menschen zu bringen. Wenn man erlebt, wie Segeln durch moderne Technik erlebbar wird, dann ist das sehr beeindruckend. Das ist eine Qualität wie bei der Formel 1. Durch die moderne Technik kann man das Abenteuer Segeln hautnah miterleben. Sowohl Kiel als auch Travemünde zeigen jedes Jahr mit ihren Segelevents, dass sie das perfekt umsetzen können.“

Auch in Luhmühlen hofft man auf Olympische Veranstaltungen Foto: dpa
Auch in Luhmühlen hofft man auf Olympische Veranstaltungen Foto: dpa © Philipp Schulze

Hoffnung auf Olympia machen sich auch die Mitarbeiter der Golf-Anlage von Gut Kaden in Alveslohe (Kreis Segeberg), die zwar seit Jahren kein internationales Turnier mehr organisiert haben, aber eine nahezu olympiareife Anlage vorzuweisen haben. „Letztendlich ist das Thema Parkplätze die größte Herausforderung“, sagt Wolfgang Mych von der Gut Kaden Golf und Land Club GmbH. „Dies wird aber dann in einem größeren Kontext mit allen Behörden für alle Sportstätten geregelt.“

Aussichtsreicher Kandidat für das Vielseitigkeitsspringen wäre Luhmühlen im Landkreis Harburg. Die Turniergesellschaft, die jedes Jahr zu einem internationalen Wettbewerb einlädt, sammelt auf einem Kunststoffpferd mit Feuer-und-Flamme-Symbol Unterschriften für Olympia und hofft auf die Unterstützung durch Prominente. Garlstorf im Landkreis Harburg freut sich auf Schießwettbewerbe.

Weitere Hoffnungen auf ein olympisches Sommermärchen machen sich Bremen, Hannover, Wolfsburg, Rostock und Braunschweig, die ihre Stadien für das olympische Fußballturnier bereitstellen wollen. Ob Berlin oder Hamburg die olympischen Spiele bekommt, ist den Hannoveranern und Wolfsburgern fast egal. Sie werden als Spielstätten bei beiden Bewerbungen genannt. Außerdem bringen sich Hannover und Bremen als Standorte für Basketball und Volleyball ins Gespräch.

Die Landesregierungen in Kiel und Hannover haben sich eindeutig für die Olympischen und Paraolympischen Spiele positioniert. „Von Hamburgs Bewerbung kann auch Niedersachsen stark profitieren“, schrieb Landtagspräsident Bernd Busemann (CDU).

Weitere Unterstützung kommt von der Metropolregion Hamburg, zu der sich 1000 Städte und Gemeinden aus dem Hamburger Umland zusammengeschlossen haben. Der Regionsrat hat sich als oberstes Gremium der Metropolregion einstimmig für die Unterstützung der geplanten Hamburger Bewerbung ausgesprochen. „Paralympische und Olympische Spiele werden Hamburg und die Region international noch bekannter machen und die Entwicklung als moderne Metropolregion mit hoher Lebensqualität unterstützen“, heißt es in dem Beschluss. Und weiter: „Sie sind für uns alle eine Riesenchance: Sie bringen Rückenwind für den Sport, ein Investitionsprogramm für unsere Infrastruktur und stärken unsere regionale Wirtschaft.“

HSB-Geschäftsführer Ralph Lehnert geht davon aus, dass die Orte in der Region Freunde und Familien der Sportler sowie die Journalisten unterbringen werden. „Auch hier wird die Metropolregion aufgrund der guten Verkehrsanbindung profitieren“, sagt Lehnert, der sich zu regelmäßigen Gesprächen mit den Sportorganisationen im ganzen Norden trifft und dabei auch klärt, welche Trainingsstätten außerhalb Hamburgs in Frage kommen. „Wir sprechen in den kommenden Wochen mit den Experten in den einzelnen Sportarten und -disziplinen, was sportfachlich Sinn macht“, sagt Lehnert. „Über Workshops zur Bürgerbeteiligung zu diesem Thema werden wir sicher weitere Ideen hören, auf die wir noch nicht selber gekommen sind.“ Darüber hinaus führe der HSB Gespräche mit den Athleten über ihre Wünsche für die Sportstätten.

Bei der Einbindung des Umlands geht Lehnert von positiven Effekten aus, die sich nicht in Steinen oder Zahlen messen lassen. „Der Olympische Geist, den die Spiele in die Metropolregion tragen würden, würde die Aufmerksamkeit für den Sport – gerade auch für den Amateursport – nachhaltig erhöhen“, sagt er.

Und noch eine Trendsportart, die bislang nicht um Zusammenhang mit Olympischen Spielen erwähnt wird, könnte profitieren. Er könne sich olympische Wettbewerbe beim Kitesurfen vorstellen, sagte der Kieler Regierungschef Torsten Albig beim Redaktionsbesuch. „Das würde viele junge Menschen anziehen. Die Wettbewerbe ähneln inzwischen – was die Publikumsbegeisterung angeht – Formel-1-Veranstaltungen.“